Stand: 02.07.2014 16:55 Uhr

Falscher Arzt muss knapp drei Jahre in Haft

Zwei Männer sitzen auf der Anklagebank in einem Gerichtssaal des Landgerichts Hannover. © NDR
Der 31-Jährige aus Sachsen-Anhalt (links) gab sich als Arzt aus und betrog so mehrere Menschen.

Monatelang hatte er sich zu Unrecht als Arzt ausgegeben und Patienten behandelt. Vor dem Landgericht Hannover hat der 31-Jährige unter anderem zugegeben, einem schwerkranken Jungen ein Notfallmedikament gespritzt zu haben. Dabei hatte er keine medizinische Ausbildung und die Realschule bereits nach der neunten Klasse ohne Abschluss verlassen. Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann aus Halberstadt (Sachsen-Anhalt) zudem vor, gesunde Menschen als Versuchskaninchen missbraucht und beispielsweise seiner Mitbewohnerin eine Magensonde gelegt zu haben. Heute hat ihn das Landgericht Hannover zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt - wegen Körperverletzung, Titelmissbrauchs, Verstößen gegen das Heilpraktikergesetz, Betrugs, Urkundenfälschung und Fahrens ohne Führerschein.

31-Jähriger nimmt Urteil ruhig entgegen

Der 31-Jährige war äußerlich ganz ruhig, als das Urteil gesprochen wurde. Nur einmal schüttelte er heftig den Kopf, als die Vorsitzende Richterin Renata Bürgel sagte, er habe nicht nur helfen, sondern sich profilieren wollen. Der Mann hatte in Hannover einen Kinderhospizverein namens "Schatzinsel" gegründet und monatelang Familien mit schwerkranken Kindern betreut. Er hatte behauptet, Juniorprofessor zu sein und sich mit den Titeln "Dr. med. univ. Mag. Psych." geschmückt. "In grenzenloser Selbstüberschätzung hat er das Leben von kranken Kindern gefährdet", sagte Staatsanwältin Marina Richter am Dienstag in ihrem Plädoyer. Die Anklage hatte mehr als drei Jahre Haft gefordert. Da der 31-Jährige vor Gericht einen Teil seiner Taten gestand, fiel das Urteil etwas milder aus.

Verurteilter war in Wunschwelt geflüchtet

Die Gründe für das Verhalten des Mannes sahen die Vorsitzende Richterin und ein psychiatrischer Gutachter in dessen Kindheit begründet. Der 31-Jährige stamme aus zerrütteten Familienverhältnissen und habe sich aufgrund fehlender Zuwendung seiner Eltern in eine idealisierte Wunschwelt geflüchtet, sagte Bürgel. "Er ist durch diese Flucht zu einem Hochstapler geworden." Der Gutachter hatte dem Mann eine Persönlichkeitsstörung attestiert, ihn aber als voll schuldfähig eingestuft. Richterin Bürgel legte dem Verurteilten nahe, eine Therapie zu beginnen.

Persönlichkeitsgestört, aber voll schuldfähig

Als Nebenklägerinnen traten Zwillingsschwestern im Prozess auf. Sie hatten gemeinsam mit dem falschen Arzt den Kinderhospizverein gegründet und ihn in ihre Wohnung aufgenommen. Hier kam es mehrfach zu gewalttätigen Übergriffen. Während der Verteidiger, Matthias Steppuhn, das Urteil begrüßte, war David Pröbsting, der Anwalt der Nebenklägerinnen, nicht zufrieden mit dem Strafrahmen. So habe der 31-Jährige seine Taten erst spät gestanden - und dann auch nur lückenhaft. "Mit den Opfern kann man so nicht umgehen", sagte Pröbsting. Beide Seiten wollen dennoch auf eine Berufung verzichten. Richterin Bürgel gab dem 31-Jährigen zum Abschluss mit auf den Weg: "Sie können Menschen offenbar schnell für sich gewinnen. Nutzen sie das künftig im positiven Sinne."

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | 02.07.2014 | 12:00 Uhr

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