Corona-Lockdown: Weil erwartet bis Ende März schwierige Lage
Der Lockdown wird bis zum 31. Januar verlängert - und besonders die Kontaktbeschränkungen verschärft. Private Treffen sind nur noch mit einer Person aus einem anderen Haushalt möglich.
"Wir wissen, dass das eine arge Einschränkung ist - insbesondere für Kinder", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nach den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie am Dienstagabend. Allerdings entstehe der Löwenanteil der Infektionen im privaten Bereich. Weil appellierte deshalb erneut an die Bürgerinnen und Bürger, von denen der eigentliche Erfolg abhänge. "Wir brauchen noch viel Geduld, Umsicht und Rücksichtnahme", sagte er. Deutschland sei weiter meilenweit vom Klassenziel entfernt - auch Niedersachsen. Aus derzeitiger Sicht rechnet der Ministerpräsident bis Ende März mit einer insgesamt schwierigen Situation, wie er am Mittwoch im Interview mit NDR 1 Niedersachsen sagte. "Danach wird es hoffentlich besser."
Distanzlernen und Wechselunterricht an Schulen
An weiterführenden Schulen gibt es ab Montag außer für Abschlussklassen keinen Präsenzunterricht, sondern Homeschooling, erklärte Weil am Dienstag. Die Grundschulen starten mit einer Woche Distanzunterricht mit Aufgaben für zu Hause, danach soll der Unterricht im Wechselmodell mit geteilten Klassen stattfinden. Der Betrieb in den Kindertagesstätten wird auf eine Notbetreuung umgestellt, bei der 50 Prozent der Kinder betreut werden können.
Weil sieht Regelung zu 15-Kilometer-Radius skeptisch
In Landkreisen mit Inzidenzen vor mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner sollen die Länder prüfen, ob ein eingeschränkter Bewegungsradius sinnvoll ist. Dieser würde 15 Kilometer rund um den Wohnort gelten - ab der Orts- beziehungsweise Stadtgrenze. In Niedersachsen ist dies zurzeit kein Thema, weil keine Kommune eine so hohe Inzidenz hat. Außerdem zeigte sich Ministerpräsident Weil skeptisch, was eine solche Einschränkung angeht.
"Gerichte fragen nach der Verhältnismäßigkeit"
Der SPD-Politiker verwies darauf, dass so drastische Einschränkungen stets präzise begründet werden müssen. "Unsere Gerichte fragen schon nach der Verhältnismäßigkeit", sagte er mit Blick auf pauschale Regelungen, die das Verwaltungsgericht in der Vergangenheit gekippt hatte. Die Neuregelung für Hotspots sei "Teil des Prüfprogramms, ob und wann die Regelung zur Anwendung kommt". "Am liebsten gar nicht", so Weil. Auch der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund zeigte sich wenig überzeugt. Die Regel sei kaum kontrollierbar, so ein Sprecher.
Neue Regeln ab 11. Januar - eventuell schon früher
Gelten sollen die neuen Regeln deutschlandweit voraussichtlich ab 11. Januar. In Niedersachsen, so deutete Weil an, könnten sie eventuell schon am Wochenende in Kraft treten. Er beschrieb die Stimmung bei der Telefonkonferenz der Länderchefs mit der Kanzlerin als "ausgesprochen besorgt" - auch wegen der Meldungen über Mutationen des Coronavirus, etwa aus Großbritannien. Weil wies zudem darauf hin, dass die aktuellen Infektionszahlen noch keinen realistischen Stand abbilden, da viele Hausarztpraxen über die Festtage geschlossen waren.
Grüne und FDP wollen Strategie bis Ende des Winters
Die Opposition im Landtag begrüßt die Verlängerung des Lockdowns grundsätzlich. Die Grünen-Fraktionschefin Julia Hamburg und FDP-Fraktionsführer Stefan Birkner fordern Ministerpräsident Weil aber auch auf, sich gegenüber dem Parlament zu erklären und eine Strategie zu entwickeln, wie man bis zum Winterende mit der Pandemie umgeht. In einer Sondersitzung solle zudem über die Virusmutation und den schleppenden Start der Impfkampagne debattiert werden.
Dehoga fordert einen Stufenplan zu Öffnungen
Verständnis und der Ruf nach einer Perspektive für die Zeit nach dem 31. Januar kommen auch von Wirtschaftsvertretern im Land. Den Einzelhandel, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Kulturbetriebe für drei weitere Wochen zu schließen, sei alternativlos, sagte eine Sprecherin der Industrie- und Handelskammer Stade zu NDR 1 Niedersachsen. Viele Unternehmer fürchteten dadurch aber noch mehr um ihre Existenz. Das bestätigt auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Er fordert von der Politik einen Stufenplan, nachdem die Betriebe Schritt für Schritt ab Anfang Februar wieder geöffnet werden können - ähnlich wie im vergangenen Frühjahr.
