Antisemitismus-Streit auf documenta erreicht Niedersachsen
Die Antisemitismus-Debatte rund um die Kunstausstellung documenta in Kassel schlägt auch in Niedersachsen Wellen. Professor Ulrich Haltern ist aus der Jury des Niedersächsischen Staatspreises ausgetreten.

Der in Hannover lebende Jura-Professor verlässt aus Protest gegen die documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann die Jury des Staatspreises. Zuvor hatte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die von Haltern geforderte Abberufung Schormanns, die ebenfalls in der Jury sitzt, abgelehnt. Die Jury werde ohnehin bald neu zusammengestellt, sei das Argument Weils gewesen. "So war es nun an mir, mit meinem Rücktritt ein Zeichen zu setzen: Es kann nicht sein, dass es immer nur jüdische Verbände sind, die daran erinnern, was Antisemitismus ist und wie man damit umgehen oder nicht umgehen kann", sagte Haltern dem Evangelischen Pressedienst. Ulrich Haltern ist seit 2019 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Rechtsphilosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Haltern ist mit Stefanie Killinger verheiratet, die seit 2021 Richterin am Niedersächsischen Staatsgerichtshof mit Sitz in Bückeburg ist.
Kanzler Scholz hat Besuch der documenta abgesagt
Hintergrund der Debatte ist das Bild "People's Justice" der indonesischen Künstlergruppe "Taring Padi" mit klar antisemitischen Motiven. Nach Protesten war es zunächst mit Tüchern verhängt, auf Beschluss des documenta-Aufsichtsrates schließlich ganz aus der Kunstschau entfernt worden. Der Vorfall löste massive Kritik an der Generaldirektorin aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte seinen Besuch bei der documenta ab. Haltern sagte nun: "Das Lavieren von Frau Dr. Schormann hat gezeigt, dass sie entweder die Dimension der Ereignisse nicht verstanden hat oder sich der persönlichen Verantwortung hierfür entziehen will." Beides sei ebenso wenig akzeptabel wie ihre "relativierenden Verweise auf künstlerische Freiheit und postkoloniale Problemlagen". Unter anderem der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen forderte den Rücktritt Schormanns. Das Bild sei so "eklatant antisemitisch", das hätte man eigentlich vorher schon erkennen müssen, sagte Michael Fürst dem NDR.
