VW-Betriebsrat fordert Ende der Spekulationen über Jobabbau
Auf einer Versammlung im VW-Stammwerk Wolfsburg hat Betriebsratschefin Cavallo deutlich gemacht, dass der Umbau zur Elektromobilität nur gemeinsam stattfinden könne.
Dafür bekam Daniela Cavallo minutenlange Standing Ovations. "Hier ist nicht ein Mensch zu viel an Bord", sagte sie nach Angaben eines Betriebsratssprechers am Donnerstag vor den Beschäftigten. Nicht eine Stelle sei zusätzlich verhandelbar. Konzernvorstand Herbert Diess solle seine Spekulationen über einen Stellenabbau beenden, diese seien "inhaltlicher Unfug" und verunsicherten die Belegschaft nur. Vielmehr solle er gemeinsam mit dem Betriebsrat nach Lösungen für die Zukunft suchen. "Den Wandel gibt es nur mit VW-Kultur", stellte die Gesamt- und Konzernbetriebsratschefin dabei vor Tausenden Mitarbeitenden klar. Die Belegschaftsvertretung sei ein unverzichtbarer Teil für die Zukunftsfähigkeit des gesamten Unternehmens. Zudem machte Cavallo Diess sowohl für die schwache Auslastung des Werkes in Wolfsburg als auch den Mangel an Halbleitern verantwortlich. Bislang gebe es vonseiten des Vorstands keine konkreten Lösungsvorschläge, so die Betriebsrätin.
Cavallos Ziel: Stammwerk soll Motor des Konzerns bleiben
Mit Blick auf die Zukunft des Standorts Wolfsburg setzte Cavallo eine klare Zielmarke: "Mein Anspruch ist, dass unser Stammwerk auch in Zukunft der Motor für den Konzern ist." Dafür sei es entscheidend, die modernste Produktion, das beste Personal und den größten Pioniergeist zu bündeln. "In der Fertigung müssten Effizienz und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen, an deren Ende die größten Stückzahlen des Konzerns stehen", so Cavallo weiter. Sie bekräftigte in dem Zusammenhang die Bedeutung eines weiteren Elektro-Modells - vor dem "Trinity" ab 2026.
Auch Diess sieht Chancen für VW-Zentrale als Aushängeschild
Konzernchef Diess wiederum verwies in seiner Rede darauf, dass VW besser als andere Unternehmen durch die Corona-Krise gekommen sei. Er räumte nach Informationen von NDR Niedersachsen aber ein, dass Volkswagen bei der Versorgung mit Halbleitern nur im Mittelfeld liege. Aus seiner Sicht habe die VW-Zentrale gute Chancen, "wieder zum Aushängeschild für Autoproduktion" zu werden. Doch dazu müsse das Projekt "Trinity" unbedingt ein Erfolg werden. Volkswagen müsse seine Konkurrenz genau im Blick behalten. Der US-Autobauer Tesla steht kurz vor dem Start seiner neuen "Gigafactory" für Elektroautos bei Berlin. "Der nächste 'Golf' darf kein Tesla sein. Der nächste 'Golf' darf nicht aus China kommen", sagte Diess.
Manager meidet in puncto Stellenabbau konkrete Zahlen
Auch auf die Ängste vor einem weiteren Arbeitsplatzabbau ging Diess ein - ohne dabei die zuletzt ins Spiel gebrachte Zahl von 30.000 Stellen aufzugreifen. "Ich möchte, dass Ihre Kinder und Enkelkinder auch nach 2030 noch einen sicheren Job hier bei uns in Wolfsburg haben können", sagte er. Allerdings würden die heute bestehenden Jobs innerhalb der kommenden zehn bis 15 Jahre sicher weniger - "vor allem in der Verwaltung auf Konzernebene, aber auch in der Produktion und in der Entwicklung". Gleichzeitig komme aber neue und andere Arbeit hinzu, so Diess laut seinem Redetext.
Weil fordert Vorstand und Betriebsrat zu Zusammenarbeit auf

Für das Aufsichtsratspräsidium wandte sich Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) an die Belegschaft. Wolfsburg sei das Herz der niedersächsischen Industrie und solle es bleiben. Dafür seien Zukunftsprodukte nötig, die auch gekauft werden. Allerdings werde der "Trinity" allein die Auslastung dieses riesigen Standorts nicht gewährleisten können. "Deswegen mache ich keinen Hehl daraus, dass ich sehr gut nachvollziehen kann, wenn der Betriebsrat ein weiteres Zukunftsprojekt für Wolfsburg fordert", sagte Weil laut Redetranskript der Staatskanzlei. Mit Blick auf den Vorstand betonte der Sozialdemokrat, dass es in diesen Zeiten die Aufgabe des Unternehmens sei, Perspektiven zu geben - nicht Sorgen zu schüren.
Kritik am Führungsstil von Diess
Im Vorfeld der Versammlung hatte Betriebsratschefin Cavallo Diess heftig kritisiert, weil dieser zunächst die Einladung wegen Terminen mit Investoren in den USA ausgeschlagen hatte. Daraufhin kündigte er aber sein Erscheinen an. Bereits seit Längerem brodelt es intern: Diess steht seit Wochen unter anderem wegen seines Kommunikationsstils in der Kritik. Kern des Streits ist das von Diess geforderte Tempo beim Umbau des Volkswagen-Konzerns hin zur Elektromobilität.
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