Pistorius: Polizisten-Ohrfeige ist keine Bagatelle
Nach dem mutmaßlichen Fall von Polizei-Gewalt in Göttingen hat sich der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) dazu geäußert. Die Ohrfeige dürfe nicht bagatellisiert werden, so Pistorius. Jeder Polizist sei so gut ausgebildet und geübt darin, in Konfliktsituationen die Nerven zu behalten, dass sich der Beamte niemals so hätte provozieren lassen dürfen. Es sei richtig, dass der Fall nun intern wie strafrechtlich aufgearbeitet werde. In dem Video ist zu sehen, wie ein Polizist einem jungen Mann ins Gesicht schlägt. Der Clip wurde live ins Internet übertragen und sorgte bei Youtube- und Twitter-Nutzern für Empörung.
Verdacht auf Körperverletzung im Amt
Der Polizist arbeitet bei der Polizeiinspektion Göttingen. Gegen ihn wird nun wegen Verdachts auf Körperverletzung im Amt ermittelt. Anschließend werde die Staatsanwaltschaft das Verhalten strafrechtlich bewerten und ihn gegebenenfalls anklagen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Ermittelt wird demnach auch gegen den 19-Jährigen wegen Beleidigung und Ruhestörung. Die Beamten mussten demnach viermal ausrücken, weil dieser extrem laut Musik gehört und gegen Türen und Wände geschlagen haben soll.
Geschehen wurde live ins Internet übertragen
Inspektionsleiter Thomas Rath zufolge wurde die Polizei am Donnerstag wegen einer Ruhestörung in den Göttinger Stadtteil Holtensen gerufen. Vier Polizisten seien eingetroffen und in die Wohnung eines 19-Jährigen eingelassen worden. Was sie nicht wussten: Der junge Mann war gerade live bei einer Video-Plattform im Internet unterwegs. Alles wurde also gefilmt und live ins Netz übertragen. So sahen die Chat-Teilnehmer auch den Schlag, der den 19-Jährigen ins Gesicht traf.
"Menschlich erklärbar, aber nicht hinnehmbar"
Was das Video nicht wiedergebe, ist laut Inspektionsleiter Rath das hoch aggressive Auftreten des 19-Jährigen. Zudem habe er die Polizisten aufs Übelste beleidigt. Einem Kollegen sei dann die Hand ausgerutscht. "Das ist menschlich erklärbar, aber natürlich für uns nicht hinzunehmen, und auch nicht angemessen", sagte Rath. Je nachdem, ob es zu einer Anklage beziehungsweise zu einer Verurteilung kommt, kann das auch dienstrechtliche Folgen haben. Aus Gründen der Neutralität untersuche die Polizei Hildesheim den Fall.
Umgang mit Stress ist Teil der Ausbildung
Auf den Umgang mit Stresssituationen werden angehende Polizisten während der Ausbildung an der Polizeiakademie Niedersachsen vorbereitet. Damit werde im ersten Studienjahr begonnen, sagte Professor Jan Lorenz am Montag im Gespräch mit NDR 1 Niedersachsen. Später werde unter anderem auch der Umgang mit psychisch auffälligen Personen trainiert, das sei dann "deutlich realistischer" als zu Beginn der Ausbildung. Bei Vorfällen wie dem in Göttingen gibt es Lorenz zufolge die Möglichkeit, das Geschehene intern aufzuarbeiten. Das Team könne dann gemeinsam klären, was im Einsatz gut und was nicht gut gelaufen sei und wie man künftig besser sein könne.
