Ein Mann greift nach einer Zapfpistole an einer Tankstelle. © picture alliance/dpa/Frank May Foto: Frank May

Übergewinnsteuer: Niedersachsens Landesregierung uneins

Stand: 10.06.2022 18:25 Uhr

Niedersachsens Wirtschafts- und Finanzminister, Althusmann und Hilbers (beide CDU), kritisieren die Idee einer Übergewinnsteuer. Offener dafür zeigt sich Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Er sei "grundsätzlich aufgeschlossen" gegenüber der Idee, dass Unternehmen, die besonders von den Folgen des Krieges profitieren, finanziell stärker beteiligt werden an den Kosten, die auf den Staat zukommen. Das sagte eine Sprecherin der Staatskanzlei. Weil sehe aber auch rechtliche Herausforderungen. "Die sind nicht unerheblich. Die Tücke steckt da im Detail", sagte Weils Sprecherin am Freitag.

Althusmann hält Übergewinnsteuer für nicht pragmatisch

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hält eine Übergewinnsteuer ebenfalls für "rechtlich höchst fragwürdig", wie er dem NDR sagte. Darüber hinaus kritisiert er diese auch inhaltlich: Eine Übergewinnsteuer sei nicht pragmatisch, so Althusmann. Sein Kabinettskollege aus dem Finanzressort wurde noch deutlicher. Eine Übergewinnsteuer könne dem Industriestandort Deutschland Schaden zufügen, sagte Reinhold Hilbers, denn sie versehe "jede zukünftige Investition mit dem Risiko eines unternehmerischen 'Übererfolgs'".

Hilbers sieht Übergewinnsteuer als verfassungswidrig

Unternehmer müssten damit rechnen, dass erfolgreiche Investitionen zunichtegemacht werden, so Hilbers. "Wir sind aber auf Unternehmer angewiesen, die mit der Aussicht auf Gewinn investieren und auf diese Weise Innovation und Wachstum fördern." Zudem sei eine Überwälzung der Steuern auf die Endverbraucher möglich, sodass die Energiekosten weiter steigen würden. Er sehe auch verfassungsrechtliche Hürden, weil die Definition eines "übermäßigen Gewinns" zu einer verfassungsrechtlichen Ungleichbehandlung führen würde, so Hilbers laut Mitteilung.

Sonderabgabe soll Mineralölkonzerne treffen

Am Freitag hat sich der Bundesrat auf Initiative des Bremer Senats mit der Übergewinnsteuer beschäftigt und das Thema in die Fachausschüsse überwiesen. Die Länder Bremen, Berlin und Thüringen wollen erreichen, dass der Bundesrat die Bundesregierung bittet, einen Vorschlag für die befristete Erhebung einer solchen Steuer für das Jahr 2022 vorzulegen. Befürworter wollen mit der Steuer erreichen, dass Mineralölkonzerne nicht von den hohen Spritpreisen profitieren. Stattdessen sollen die Unternehmen mit dieser Sonderabgabe zusätzliche Gewinne abführen, die sie durch die aktuelle Krise erzielen - Gewinne, die sie möglicherweise auch erzielen, weil sie den sogenannten Tankrabatt bei der Steuer nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben.

Althusmann für Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer

Wirtschaftsminister Althusmann bezeichnete den Tankrabatt an sich als "schlichtweg Murks". Der Rabatt an den Kraftstoffsäulen hätte bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen müssen, was die Bundesregierung aber nicht habe rechtlich sicherstellen können. Der CDU-Politiker forderte andere Möglichkeiten, um die Bürger und Bürgerinnen zu entlasten: "Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer und sicherlich auch die kalte Progression. Und es geht nur über die Einkommens- und die Lohnsteuer, das kommt schnell beim Bürger an."

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Ein Mann greift nach einer Zapfpistole an einer Tankstelle. © picture alliance/dpa/Frank May Foto: Frank May

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DGB: Kriegsgewinne "moralisch verwerflich"

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hingegen hatte Niedersachsen aufgefordert, einer Sondersteuer auf Kriegsgewinne zuzustimmen. Die Menschen litten unter immensen Preissteigerungen, während vor allem die Ölkonzerne satte Extra-Profite einführen, sagte Bezirkschef Mehrdad Payandeh am Donnerstag in Hannover. Die zusätzlichen Profite seien "weder das Resultat unternehmerischer Leistung noch vorausschauender Investitionen", sondern ergäben sich allein aus der marktbeherrschenden Position der Konzerne. Er nannte dies "moralisch verwerflich".

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Eine Tankstelle bei Hannover. © dpa-Bildfunk Foto: Moritz Frankenberg

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 10.06.2022 | 11:00 Uhr

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