Hunde stehen in ihrem Gruppengehege in einem Tierheim. © picture alliance Foto: Marcus Brandt

Tierschutzbund schlägt Alarm - "Tierheime am Limit"

Stand: 04.10.2022 11:50 Uhr

Die Situation in den 21 Tierheimen und Katzen-Auffangstationen, die hierzulande unter dem Dach des Deutschen Tierschutzbundes agieren, ist dramatisch. Sie schlagen am Welttierschutztag Alarm. Das Motto lautet "Tierheime am Limit".

von Franziska Drewes

Die Tierschutzeinrichtungen blicken mit Sorge in die Zukunft. Futter ist schon jetzt vielfach teurer geworden. Auch für tierärztliche Behandlungen muss künftig mehr gezahlt werden. Ab November greift eine neue Gebührenordnung. Der Bundesrat hatte im Juli über die neue Fassung abgestimmt. Hinzu kommen die stark steigenden Energiekosten, von denen auch die Tierheime betroffen sein werden, weiß Kerstin Lenz. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Tierschutzverein Demmin und ist zudem ehrenamtliche Landesvorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes. Lenz fürchtet, dass die Situation in den Heimen vor allem jetzt und im Winter dramatisch werden könnte. "Wir haben Tiere, die es warm haben müssen, weil sie zum Beispiel krank sind. Wir haben auch kurzhaarige Hunde oder Kitten. Sie alle brauchen beheizte Räume. Sie mit Wärmflaschen zu behandeln, funktioniert nicht. Auch unsere Mitarbeiter können nicht den ganzen Tag bei zehn Grad arbeiten". Kerstin Lenz fühlt sich erdrückt von dieser Sorge, bald Tierheime möglicherweise nicht mehr beheizen zu können, weil das Geld ausgeht.

Auf Spenden angewiesen

Jährlich fallen für die 21 Einrichtungen im Land Kosten von 1,5 Millionen Euro an. Die große Herausforderung dabei ist, dass Tierheime sich vor allem über Spenden finanzieren. Die Kommunen geben Geld, auch die Veterinärämter, aber das Land fördert nur bauliche Investitionen an Tierheimen. In diesem Jahr stehen dafür insgesamt 300.000 Euro zur Verfügung. Damit die Tierheime überhaupt aufrechterhalten werden können, müssen jährlich etwa eine Millionen Euro an Spenden eingeworben werden. "Niemand weiß momentan, was auf einem selbst zukommt, und da sitzt das Geld gar nicht mehr locker." Kerstin Lenz fordert, wie auch der Dachverband, viel mehr staatliche Unterstützung, auch vom Bund, und das generell, nicht nur für Baumaßnahmen. "Denn die Neubauten müssen auch bewirtschaftet werden. Deutschland hat im Moment Geld zur Verfügung gestellt für die Tierheime, die ukrainische Tiere aufgenommen haben. Aber die Tierheime, die sich um deutsche Tiere kümmern, wo es ja auch riesige Probleme gibt, die haben da gar keine Möglichkeit, etwas zu beantragen." Und das geht so nicht, sagen der Deutsche Tierschutzbund und Kerstin Lenz.

Kapazitätsgrenze erreicht

Kerstin Lenz schildert, dass das Telefon in sämtlichen Tierheimen des Landes nicht mehr stillsteht. Mittlerweile rufen viele Menschen an, die für ihre Tiere finanziell nicht mehr sorgen können beziehungsweise nicht mehr wollen. Allerdings sind in den Einrichtungen alle Plätze belegt. Momentan leben rund 800 Hunde und etwa 2500 Katzen, neben Meerschweinchen, Kaninchen, Vögeln oder auch Ratten in den Einrichtungen des Landesverbandes des Deutschen Tierschutzbundes. Vor allem rufen Menschen an, die sich während des Corona-Lockdowns einen Hund gekauft haben und diesen nun wieder abgeben möchten. „Das Problem dabei ist, es sind fast nur schwierige Tiere, die zuhause Ärger machen, gebissen haben, die die Wohnung zerlegen. Und die Tiere sollen nun vermehrt in die Heime. Und niemand fragt nach solchen Tieren nach“. Sie zu vermitteln, ist also kaum möglich. Und das ist ein nächstes großes Problem, denn erst wenn ein Platz frei wird, kann ein nächstes Tier aufgenommen werden. Auch für die vielen, meist ehrenamtlichen Mitarbeiter im Tierheim ist das eine sehr emotionale Situation, weiß Kerstin Lenz. Mit Blick auf die stark steigenden Preise hofft sie auf eine politische Lösung. „Wir haben alle große Angst vor der Zukunft“. Die Tierschützerin mag nicht daran denken, was schlimmstenfalls passieren kann. Wenn den Tierheimen in Mecklenburg-Vorpommern das Geld ausgeht, bleibt nur noch der Weg, Einrichtungen schließen zu müssen.

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Zwei Hunde sind in einem Zwinger eines Tierheims. © picture alliance/dpa/Markus Scholz Foto: Markus Scholz

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 04.10.2022 | 12:00 Uhr

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