Naturschützer in MV warnen: Wassermangel bedroht Meerforellen

Stand: 19.01.2023 04:55 Uhr

Naturschützer in Mecklenburg-Vorpommern fürchten um die Population der Meerforelle. Weniger als die Hälfte der Fische konnte sich wegen Wassermangels in den Flüssen des Landes fortpflanzen.

von Franz Fanter

Jedes Jahr im Herbst machen sich paarungsbereite Meerforellen auf den Weg in ihre Laichgebiete - die Oberläufe der Flüsse Mecklenburg-Vorpommerns. So auch in den Wallensteingraben zwischen dem Schweriner See und der Ostsee. Hier ist Holger Jonas auf der Suche nach den Nestern der Fische, den sogenannten Laichbetten. Jonas ist der Vorsitzende des Salmoniden- und Gewässerschutzvereins in Mecklenburg-Vorpommern. Die Ehrenamtlichen zählen jedes Jahr die Laichbetten, in die die lachsartigen Fische Eier gelegt haben.

Regen im Herbst - der Startschuss für die Laichwanderung

Grafik: Wanderstrecke der Meerforelle im Wallensteingraben. © NDR
Wie im Wallensteingraben ziehen die Meerforellen erst in ihre Laichgebiete, wenn durch den Regen im Herbst vermehrt Süßwasser in die Ostsee strömt.

Zuletzt konnte Jonas noch Erfolg melden: 2021 wurden im Wallensteingraben 39 Laichbetten gezählt - ein Jahr später schon 178. Nun der Dämpfer: "Die Trockenheit der letzten Jahre hat einfach zur Folge, dass auch die Fische immer später in ihre Laichgebiete ziehen. Ganz speziell in diesem Jahr schätzen wir, dass es im Wallensteingraben fast 40 Prozent weniger Laichbetten gibt." Landesweit sei die Ausfallqoute sogar noch höher.

Nur bei ausreichend Niederschlag im Herbst gelangt über die Flüsse genügend Süßwasser in die Ostsee. Das schmecken die Meerforellen - der Startschuss für ihre Wanderung. Doch der fiel 2022 später, bilanziert NDR Wetterexperte Stefan Kreibohm: "Der Herbst 2022 begann noch mit viel Niederschlag, der September war recht regenreich, aber im Oktober und November fiel deutlich weniger im Vergleich zum langjährigen Mittel. Erst im Laufe des Dezembers begann dann die Regenzeit und dann hat es ausgiebig geregnet."

Ein Meerforellen-Männchen macht kurze Ruhepause beim  Aufstieg. Deutlich zu erkennen der "Laichhaken" am Unterkiefer, typisch für Milchner. © © NDR/Heinz Galling, honorarfrei
AUDIO: Meerforellen-Monitoring: Fische von Wassermangel bedroht (2 Min)

Dämpfer nach jahrelangen Anstrengungen

Für einige der Tiere kam der Niederschlag gerade noch rechtzeitig. Sollte die Trockenheit in den nächsten Jahren noch länger anhalten, könnte es bei den Tieren vermehrt zum sogenannten Notlaichen kommen. "Sie werden sich dann irgendwo einen Platz suchen - der muss überhaupt nicht ihrem Laichhabitat entsprechen, also dem normalen Grund, sondern dann wird einfach der Laich abgelegt. Die Saison wäre dann im Prinzip ein totaler Ausfall." Besonders schmerzhaft, denn Land, Landesanglerverband und Vereine engagieren sich seit über 26 Jahren für die selten gewordene Fischart - betreiben Nachzucht, Besatz und bauen Fischtreppen.

Grundwasserspiegel muss wieder steigen

Holger Jonas wünscht sich, dass über das gesamte Jahr Wasser in der Fläche zurückgehalten und weniger entwässert wird. "Damit das dann zu entsprechenden Zeiten der Mangellage wieder abgegeben wird." Dazu muss der Grundwasserspiegel wieder steigen. Schon laufende Renaturierungsprojekte des Landes - wie das Wiedervernässen von Feuchtgebieten - sollen dazu beitragen. Diese können aber erst auf lange Sicht helfen. Niederschläge aufzufangen, anstatt Grund und Oberflächenwasser für die Bewässerung von Gärten und Feldern zu nutzen, könne wiederum auch kurzfristig die Ressource Wasser schonen, so die Naturschützer.

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 18.01.2023 | 19:30 Uhr

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