Schweres Gerät ist auf der Baustelle des LNG-Terminal im Industriehafen Lubmin "Deutsche Ostsee" im Einsatz. © dpa Foto: Stefan Sauer

LNG-Terminal vor Lubmin: Hält das Land Kritiker kurz?

Stand: 08.11.2022 12:05 Uhr

Der Starttermin für das LNG-Terminal in Lubmin könnte wegen Fehlern im Genehmigungsverfahren scheitern. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hingewiesen. Sie fordert die Behörden auf, die Öffentlichkeit besser einzubinden.

In gut drei Wochen - Anfang Dezember - soll das erste private Flüssiggas-Terminal Deutschlands in Lubmin ans Netz gehen. Das Vorhaben wird als wichtiger Beitrag für eine sichere Gasversorgung gesehen. Wegen des Standorts am Greifswalder Bodden zwischen Rügen und Usedom gilt es als umweltrechtlich sensibel. Für das Groß-Projekt der Deutschen ReGas AG beginnt an diesem Dienstag die Beteiligung der Öffentlichkeit. Die Antragsunterlagen des Investors liegen bis nächsten Montag - also an fünf Arbeitstagen - im Staatlichen Umweltamt in Stralsund und im Amt Lubmin öffentlich aus. Einsicht ist nur nach vorheriger Terminabsprache während der normalen Bürozeiten möglich. Die Unterlagen liegen in Papierform in mehreren Aktenordnern vor.

Umwelthilfe: Unterlagen müssen digital einsehbar sein

Die Deutsche Umwelthilfe findet diese Art und Weise unangemessen. Die Unterlagen müssten auch in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Nur das erlaube einen umfassenden und schnellen Blick in das Mega-Projekt und sichere eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit. Vorbild müssten die Nachbar-Bundesländer sein: Bei den geplanten LNG-Terminals in Niedersachsen und Schleswig-Holstein seien die Unterlagen auch digital einsehbar gewesen, erklärte der DUH-Klimaschutzexperte Constantin Zerger.

Kritik: Beteiligung der Zivilgesellschaft wird erschwert

Bei der DUH entsteht der Eindruck, dass Mecklenburg-Vorpommern auf der Bremse steht. Die rein analoge Auslegung erschwere die Beteiligung der Zivilgesellschaft oder mache sie sogar "gänzlich unmöglich", heißt es in einem Schreiben an das Staatliche Umweltamt in Stralsund. Zerger meinte auf NDR Anfrage, "offensichtlich soll hier eine Beteiligung der Öffentlichkeit sabotiert werden". Ein solch schwerer Verfahrensfehler könnte das gesamte Vorhaben gefährden.

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Ein LNG-Schiff liegt an einem LNG-Terminal. © picture alliance/ANP | Sem van der Wal Foto: Sem van der Wal

Genehmigungsverfahren für privates LNG-Terminal vor Lubmin läuft an

Der Betreiber des in der Ostsee vor Lubmin geplanten LNG-Terminals, die Deutsche ReGas, arbeitet weiter auf einen Start am 1. Dezember hin. mehr

"Wir werden sorgfältig alle rechtlichen Optionen prüfen, die wir haben", kündigte Zerger an. Die Genehmigung von Projekten durch öffentliche Behörden sei "schließlich kein Staatsgeheimnis". Zerger sieht auch Ministerpräsidentin Manuala Schwesig (SPD) in der Pflicht. Sie hatte sich mehrfach für das Projekt stark gemacht. Schwesig müsse dafür sorgen, dass die Antragsunterlagen auch elektronisch einsehbar sind.

Behörde verweist auf LNG-Beschleunigungsgesetz

Die Behörde beruft sich dagegen auf neue Gesetze, die den Ausbau von LNG-Terminals beschleunigen sollen. Aus dem Schriftverkehr mit der DUH ergibt sich, dass das Amt die Entscheidung der ReGas mitträgt, auf eine elektronische Veröffentlichung der Unterlagen zu verzichten. Auffällig ist, dass das Umweltamt und auch das Ministerium offenbar keinen großen Wert darauf legen, auf die Beteiligung der Öffentlichkeit hinzuweisen.

ReGas hat Sicherheitsbedenken

Auf Anfrage teilte die ReGas mit, man erfülle "vollumfänglich die vom Gesetzgeber für das Genehmigungsverfahren festgelegten Anforderungen". Das Unternehmen habe sich bewusst gegen die elektronische Veröffentlichung der Unterlagen im Internet entschieden. Hintergrund sei vor allem die seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines und die Deutsche Bahn komplett neue Sicherheitslage. Ein ReGas-Sprecher erklärte außerdem, das LNG-Terminal sei "Bestandteil der systemrelevanten sensiblen Infrastruktur und ist von daher höchst schützenswert". Das Unternehmen leitet daraus einen besonderen Geheimhaltungsbedarf ab. Denn eine Veröffentlichung im Internet würde auch Personen oder Organisationen mit krimineller Energie und Intention den ungehinderten Zugang zu diesen Informationen ermöglichen. Die ReGas sagt auch, es wäre zudem nicht nachprüfbar, wer genau Einsicht in die Unterlagen nehmen würde.

BUND fordert transparentes Verfahren

Für den BUND und die Umwelthilfe sind das vorgeschobene Argumente. Entweder die Unterlagen seien geheim, meint die Umwelthilfe, dann dürften sie auch nicht vor Ort ausgelegt werden. Oder es gebe eine Pflicht zur Veröffentlichung, dann müsse das auch digital erfolgen. Der BUND meint, das Land verstoße mit dem Verfahren gegen geltendes Umweltrecht. Die Frage, ob das Projekt der Umwelt schade, bleibe undurchsichtig. Außerdem habe Naturschutz nichts nicht mit Sicherheitsbedenken zu tun. Die Landesregierung müsse zügig für ein transparentes Verfahren sorgen.

Zwei-Wochen-Frist für Bedenken

Kritiker haben von Dienstag an knapp zwei Wochen Zeit, ihre Bedenken einzureichen. Am 1. Dezember will die Deutsche ReGas ans Netz gehen. Umweltminister Till Backhaus (SPD) hatte dem Investor ein zügiges Genehmigungsverfahren zugesichert, das allerdings auch vor Gericht Bestand haben müsse.

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 08.11.2022 | 19:30 Uhr

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