Das Deutsch-Polnische Gymnasium in Löcknitz © Tilo Wallrodt Foto: Tilo Wallrodt

Grenzen: Wie Corona die Menschen in der Pomerania-Region trennt

Stand: 26.11.2020 15:00 Uhr

Eigentlich ist sie nur eine Linie auf dem Papier. Die Menschen zwischen Greifswald und Stettin passieren teilweise mehrfach täglich die Grenze. Wie sieht Ihr Leben mit den Corona-bedingten Reiseeinschränkungen aus?

Löcknitz ist ein lebendiger Ort, hier ist das Leben nicht deutsch oder polnisch, es ist beides. Es gibt ein deutsch-polnisches Gymnasium, eine zweisprachige Kita, polnische Nummernschilder und Radiosender. Auf der Straße hört man beide Sprachen.

Leben jetzt eingeschränkt

Die deutsch-polnische Grenze täglich zu passieren gehört für die Menschen in Löcknitz zum täglichen Leben dazu. Aber Polen ist seit Ende Oktober Risikogebiet, das heißt, einfach so einkaufen oder zum Zahnarzt gehen ist unter Umständen nicht ohne Weiteres möglich. Denn für ausländische Risikogebiete gilt eine zweiwöchige Quarantäne-Pflicht. Ausnahmen gelten jedoch beispielsweise für Pendler: Sie müssen jedoch einmal in der Woche einen negativen Corona-Test vorweisen.

Große finanzielle Belastung für Unternehmer

So auch der Unternehmer Mariusz Starościk und seine Mitarbeiter. Er hat in der vergangenen Woche 3.000 Euro für die Corona-Tests seiner Angestellten ausgegeben. Er selbst lebt in Mecklenburg-Vorpommern und hat zwei Firmen in Polen, unter anderem ein Transportunternehmen mit knapp 70 Mitarbeitern. Er und seine Angestellten passieren mehrfach täglich die Grenze. Wie lange er die finanzielle Belastung der Tests noch tragen kann, weiß er nicht. Denn die Kosten für die Corona-Tests, pro Mitarbeiter und Test 150 Euro, trägt der Arbeitgeber.

Widerspruch beim Verwaltungsgericht Greifswald abgelehnt

Beim Verwaltungsgericht Greifswald hatte Starościk Widerspruch eingelegt, um eine Sondergenehmigung zu erwirken. Dieser wurde abgelehnt, mit dem Hinweis, die Möglichkeit die Grenze ohne anschließende Quarantäne zu passieren, sei bereits eine Ausnahme. Jetzt überlegt er, ob er in Revision geht. Eine mögliche Entscheidung des Gerichts zu seinen Gunsten würde allerdings nur für ihn als Unternehmer gelten. Seiner Ansicht nach kämpft Starościk dennoch stellvertretend für die Menschen in der Region.

Emotionale Belastung

Viele seiner Mitarbeiter leben derzeit nicht in ihrem Zuhause in Deutschland, sondern sind übergangsweise zu ihrer Familie auf polnischer Seite gezogen, um damit die Kosten für den Test zu sparen. Die Situation ist für die Menschen in der Region eine hohe Belastung. Sie müssen auf Vieles verzichten. Vor allem auf viele ihrer sozialen Kontakte, die auf der anderen Seite der Grenze liegen.

Region seit Jahrzehnten zusammengewachsen

Schon seit den 1970er-Jahren pflegen Mecklenburg-Vorpommern und Polen gute wirtschaftliche Kontakte. Eine Grenze, die jederzeit ohne Einschränkungen passierbar ist, sei für die Wirtschaft unseres Landes immens wichtig, so Hauptgeschäftsführer der IHK Neubrandenburg Torsten Haasch. Die beiden Länder arbeiten im Wirtschaftskreis Metropolregion Stettin eng zusammen.

NDR Podcast Dorf-Stadt-Kreis zum Thema

In der neuen Folge des wöchentlichen NDR 1 Radio MV Podcasts Dorf-Stadt-Kreis lassen Thomas Naedler und Annette Ewen Menschen aus der Pomerania-Region zu Wort kommen, die von den Reiseregeln in Corona-Zeiten betroffen sind. Die ganze Folge hören Sie in der neuen Folge des Dorf-Stadt-Kreis-Podcasts.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 26.11.2020 | 15:00 Uhr

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