Corona-Expertenrat fordert einheitliche Regeln
Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung fordert eine umfassende Vorbereitung von Bund und Ländern auf eine mögliche neue Pandemie-Welle im Herbst und Winter. Der Greifswalder Bioinformatiker Prof. Lars Kaderali ist Mitglied des Gremiums. Wichtig sei ein Strategiewechsel weg von der Eindämmung hin zur Vermeidung schwerer Verläufe.
Was erwartet die Menschen mit Blick auf die Entwicklung der Coronavirus-Pandemie im Sommer, Herbst und Winter? "Die große Schwierigkeit ist, dass das nicht so richtig klar ist", räumte Expertenrats-Mitglied Kaderali bei NDR MV Live ein. Deshalb hat das seit Dezember 2021 bestehende Gremium drei Szenarien für die zweite Jahreshälfte entworfen. Denn nötig sei eine "solide rechtliche Grundlage für Infektionsschutzmaßnahmen, um schnell auf das Infektionsgeschehen reagieren zu können", wie es in einer am Mittwoch veröffentlichten Empfehlung des Gremiums heißt.
Drei Szenarien für die Zukunft
Die Experten haben drei Szenarien entworfen. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass heute noch nicht absehbar sei, "wie das Virus weiter mutiert". Dabei gehe es nicht nur um die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5. "Es ist ein Szenario vorstellbar, in dem zum Beispiel eine Rekombination aus Omikron und Delta auftritt, also ein Virus, das so infektiös ist wie die Omikron-Variante, aber wo die Krankheitsverläufe auch wieder schwerer sind, wie das bei Delta der Fall war", so Kaderali. Im günstigsten Szenario trete eine Variante auf, die "nicht schlimmer ist als Omikron". Im ungünstigsten Szenario taucht eine ansteckendere Variante auf, die zu schwereren Verläufen führt. "Der Expertenrat hat für jedes dieser Szenarien entsprechende Maßnahmen empfohlen", so der Bioinformatiker.
Schwere Krankheitsverläufe vermeiden
Die wesentliche Empfehlung ist ein Strategiewechsel: "Weg vom Containment, also weg davon zu versuchen, das Virus aufzuhalten, hin dazu, die schweren Krankheitsverläufe zu vermeiden." Das habe Konsequenzen für die Teststrategie. Es sollte nicht mehr so breitflächig getestet werden, sondern die Inzidenzen sollten vielmehr in kleinerem Rahmen erhoben werden. "Das hat Konsequenzen dann auch für Maßnahmen, die man trifft." Es gehe vorrangig um den Schutz von Risikogruppen. Die Impfungen bleiben "ein ganz wichtiger Faktor für Risikogruppen", um im Winter keine schweren Verläufe zu bekommen.
Flächendeckende Lockdowns nur bei Überlastung des Gesundheitssystems
Flächendeckende Lockdowns sieht die Empfehlung der Experten nicht vor, wie Kaderali ergänzt. "Da gibt es nur eine kleine Klammer: Wenn es wieder zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommen wird, dann wird man eben auch schnell wieder reagieren können müssen." Deshalb ist es aus Sicht des Wissenschaftlers wichtig, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um das Infektionsschutzgesetz zu überarbeiten und so auf den Winter vorbereitet zu sein.
Kein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen mehr
Eine weitere Empfehlung des Expertenrates nimmt die Abstimmung zwischen Bund und Ländern in den Blick. "Wir haben in der Vergangenheit oft gesehen, dass auf der Ministerpräsidentenkonferenz Sachen abgesprochen wurden und anschließend hat doch wieder jeder das gemacht, was er wollte. Das ist in einem föderalen System nun mal so", so Kaderali. Aus Sicht des Expertenrates wäre es sinnvoll, eine zentrale Koordinierungsstelle einzurichten, die für das gesamte Bundesgebiet Maßnahmen und Kriterien erarbeitet. So könne es gelingen von diese "Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen" wegzukommen, "wo dann am Schluss keiner mehr durchblickt."
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