Eine FFP2-Maske in der Hand einer Person. © picture alliance/dpa Foto: picture alliance/dpa | Marijan Murat

(113) Coronavirus-Update: So long

Stand: 29.03.2022 17:00 Uhr

In der letzten regulären Folge des NDR Info Podcasts Coronavirus-Update empfehlen die Virologen Christian Drosten und Sandra Ciesek künftig "asiatische Höflichkeit" beim Masketragen. Im Podcast wird es im April mit Sonderfolgen weitergehen.

Dass der Podcast in seiner gewohnten Form nun seinem Ende entgegengeht, heißt natürlich nicht, dass auch die Pandemie jetzt vorbei ist. Wir wissen natürlich, dass die Infektionszahlen weiterhin sehr hoch sind, dass nach wie vor viele Menschen so schwer an Covid erkranken, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen und dass auch weiterhin Menschen an Covid-19 sterben. Es gibt noch viel zu klären und auch weiterhin Handlungsbedarf. Aber den Handlungsbedarf gibt es vor allem von politischer Seite, denn wissenschaftlich gesehen, gibt es zwar auch immer wieder Gesprächsbedarf, aber es ist sehr kleinteilig geworden in den letzten Monaten. Das heißt - was die großen Linien angeht - gibt es momentan eigentlich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, die die Grundlagen der Pandemiesteuerung verändern würden. Deswegen sprechen die Wissenschaftsredakteurinnen Beke Schulmann und Korinna Henning in Folge 113 des NDR Info Podcasts Coronavirus-Update vorerst ein letztes Mal mit den Virologen Sandra Ciesek und Christian Drosten.

Die zentralen Themen der Folge im Überblick - per Klick direkt zur Textstelle springen

Die aktuelle Lage: BA.2 und hohe Infektionszahlen

Weniger Maßnahmen: Verliert das Virus den Schrecken?

Einen individuellen Weg finden

Ausblick auf den Herbst

Studien selbstständig lesen

Aktuelle Corona-Forschung von Sandra Ciesek und Christian Drosten

Welche Daten und Antworten fehlen?

Forschungsschwerpunkt auch in Zukunft auf SARS-CoV-2?

Therapie für Risikogruppen

Überraschende Entwicklungen in der Pandemie

Veränderungen für die Virolog*innen in der Pandemie

Veränderungen in der Wissenschaftskommunikation

Herausforderungen im Podcast

Danke!

Die aktuelle Lage: BA.2 und hohe Infektionszahlen

Korinna Hennig: Wir wollen also heute eine kleine Bilanz ziehen und auch noch mal einen Blick darauf werfen, wo wir stehen und was das für die nächsten Monate bedeutet. Dazu gehört aber natürlich auch, wie gewohnt kurz mal auf die aktuelle Lage zu blicken. Wir haben mit Ihnen beiden in den vergangenen Wochen drüber gesprochen, was für Auswirkungen es haben kann, wenn sich der Omikron-Subtyp BA.2 durchsetzt, der ja ganz offenbar ansteckender ist. Sie haben beide Befürchtungen geäußert, dass die Zahlen dadurch noch mal hochgehen. Das ist jetzt passiert. Zumindest ist das ein Teil der Erklärung, oder Herr Drosten?

Christian Drosten: Ja, sicher. Die Zahlen werden auch sicherlich zumindest mal bis zu den Osterferien oder ein, zwei Wochen danach relativ hoch bleiben. Und dann werden wahrscheinlich die Schulferien einen Riegel vorschieben und dann wird es deutlich wärmer sein. Aber bis dahin haben wir dieses hohe Niveau und es ist ja, glaube ich, einfach wichtig, sich klarzumachen, da ist einmal die Abmilderung der Krankheitsschwere durch Omikron, das ist also eine Abmilderung nicht mal auf zehn Prozent. Also das ist jetzt nicht eine Zehntelung, sondern weniger Abmilderung alleine durch das Virus. Das sieht man, wenn man beispielsweise nach Hongkong schaut, wo es ein riesengroßes Problem gibt mit Omikron in der dort nicht gut geimpften alten Bevölkerung. Und dann eben der Zusatzeffekt oder der eigentliche Haupteffekt durch die Impfung. Und das lässt uns eben profitieren. Ich glaube, wir können jetzt schon sagen, die Situation ist dadurch deutlich besser geworden, sie ist aber nicht komplett aufgelöst.

Das Coronavirus © CDC on Unsplash Foto: CDC on Unsplash

(113) So Long

Sendung: Das Coronavirus-Update von NDR Info | 29.03.2022 | 16:39 Uhr | von Korinna Hennig/Beke Schulmann
64 Min

Die Virologen verabschieden sich als regelmäßige Gesprächspartner. Im Podcast wird es aber mit Sonderfolgen weitergehen.

00:02:40 Die aktuelle Lage: BA.2 und hohe Infektionszahlen
00:05:41 Weniger Maßnahmen: Verliert das Virus den Schrecken?
00:09:37 Einen individuellen Weg finden
00:13:21 Ausblick auf den Herbst
00:21:03 Studien selbstständig lesen
00:33:01 Aktuelle Corona-Forschung von Sandra Ciesek und Christian Drosten
00:36:05 Welche Daten und Antworten fehlen?
00:39:40 Forschungsschwerpunkt auch in Zukunft auf SARS-CoV2?
00:40:44 Therapie für Risikogruppen
00:45:12 Überraschende Entwicklungen in der Pandemie
00:47:34 Veränderungen für die Virolog*innen in der Pandemie
00:49:55 Veränderungen in der Wissenschaftskommunikation
00:54:55 Herausforderungen im Podcast
00:57:38 Danke!

https://www.ndr.de/coronaupdate

Kein Tag vergeht ohne neue Nachrichten zum Coronavirus Sars-CoV-2. Längst haben wir uns an Maßnahmen wie Mundschutz, Abstand und Hygieneregeln gewöhnt. Und noch immer ist kein Ende der Pandemie in Sicht. In unserem Podcast wollen wir verlässlich über neue Erkenntnisse der Forschung informieren. Wie steht es um einen Impfstoff? Wie entwickelt sich die Test-Strategie? Besteht Hoffnung auf ein Medikament? Die NDR Wissenschaftsredakteurin Korinna Hennig und Beke Schulmann aus der Wissenschaftsredaktion sprachen dazu im Wechsel mit Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité, und mit Sandra Ciesek, Leiterin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Dabei soll es nicht um Panikmache gehen - sondern ganz im Gegenteil: Der Podcast "Coronavirus-Update" will informieren, einordnen und Hintergründe liefern.

Alle Folgen zum Nachhören und Nachlesen:
https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcastcoronavirus134.html

Im Podcast werden von unseren Experten viele Studien erwähnt. Hier finden Sie eine Linksammlung der Studien, nach Folgen geordnet:
https://www.ndr.de/nachrichten/info/corona2636.html

Alle Fragen und Antworten zu Corona auf unserer FAQ-Seite: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/corona100.html

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Hennig: Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele denken, wenn es heißt, Omikron sei milder, dass der Krankheitsverlauf sich so für jeden einzelnen prozentual milder verhält. Aber es bedeutet ja eigentlich nur, es gibt insgesamt ein bisschen weniger schwere Verläufe. Sie haben Hongkong gerade schon angesprochen. Das heißt, wir haben den Effekt ja schon mehrmals hier besprochen. Hohe Inzidenzen plus Impflücke bedeuten eben trotz allem eine Belastung der Krankenhäuser. Ich habe jetzt heute noch mal geguckt: Die Zahlen auf den Intensivstationen gehen aktuell nicht mehr so wirklich zurück.

Personalausfälle in Kliniken

Aber ganz wesentlich haben die Krankenhäuser jetzt auch ein anderes Problem als in den anderen Wellen, nämlich den hohen Krankenstand, extrem viele Personalausfälle in den Kliniken. Frau Ciesek, es ist bei Ihnen in Frankfurt wahrscheinlich nicht anders, oder?

Ciesek: Nein, das sieht man ganz deutlich. Also erst mal überhaupt in der Gesamtbevölkerung, dass natürlich die Infektionszahlen sehr hoch sind, aber auch gerade bei Eltern, die bei uns im Krankenhaus arbeiten, die Schulkinder haben. Da kennt man kaum noch Bekannte, die noch nicht infiziert waren oder gerade selbst in Quarantäne oder Isolation sitzen. Und das schränkt natürlich den Betrieb ein.

Und wie ganz schön der Cihan Celik aus Darmstadt sagte: "Bitte nicht alle gleichzeitig krank werden!" Denn das ist natürlich für so eine kritische Infrastruktur immer fatal, wenn zu viele auf einmal ausfallen und dann Stationen geschlossen werden müssen oder ganze Abläufe nicht mehr durchgeführt werden können. Das gibt es lokal immer wieder, dass das doch zu Einschränkungen führt, weil aus dem Team die Hälfte auf einmal nicht mehr da ist.

Weniger Maßnahmen: Verliert das Virus den Schrecken?

Hennig: Das heißt, man kann eigentlich jetzt schlecht sagen, die Lage ist beherrschbar. So heißt es ja immer. Die Belastung im Gesundheitssystem gibt es. Dazu kommt, dass die hohen Inzidenzen für Risikogruppen auch eine Gefahr sind, wenn sie geimpft sind. Aber auch wenn die Impfung bei ihnen nicht gut funktioniert, all das hat jetzt ja dazu geführt, dass einige Bundesländer teilweise von der Regelung Gebrauch machen, die Maßnahmen eben über den März hinaus oder über Anfang, Mitte März hinaus zu verlängern.

Beke Schulmann: Das ist so eine Übergangszeit, die sich irgendwie auch ein bisschen schwammig anfühlt. Wir hören, die Maßnahmen sollen abgeschafft werden, dass wir sie dann aber vermutlich doch noch ein paar Tage brauchen. Wissen Sie denn noch genau, was in Berlin gilt oder was in Frankfurt an Maßnahmen gilt, Frau Ciesek, sind Sie da auf aktuellem Stand?

Ciesek: Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich muss auch immer aktuell nachschlagen und ich denke mal, das ist in Hamburg wahrscheinlich genau so, dass man ja immer noch mal gucken muss, was eigentlich die aktuellen Regeln sind. Und wenn die Infektionszahlen stark ansteigen, also in Frankfurt steigen die Infektionszahlen gerade wieder an, dann ist es natürlich schlecht, wenn man dann noch zusätzlich Maßnahmen aufhebt und das Infektionsgeschehen damit noch ankurbelt.

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Das Coronavirus © CDC on Unsplash Foto: CDC on Unsplash

(113) So long

In der vorerst letzten Folge des Coronavirus-Update empfehlen die Virologen "asiatische Höflichkeit" beim Masketragen. Download (216 KB)

Schulmann: Wir hatten in der Folge vor zwei Wochen schon darüber gesprochen, dass die Krankheit bzw. das Virus für viele, viele Menschen anscheinend wirklich den Schrecken verloren hat, dass viele Menschen trotz hoher Infektionszahlen wieder so leben wie auch schon vor der Pandemie. Jetzt sind wieder zwei Wochen vergangen. Was würden Sie sagen, Herr Drosten, ist das berechtigt, dass das Virus so allmählich den Schrecken verliert?

Drosten: Na ja, also mit dem Schrecken, das ist ja was ganz Subjektives. Ich glaube, man muss sich auch da mal wieder Zahlen vergegenwärtigen. Auch da hilft wieder am besten der Blick nach England. Und da muss man eben jetzt vorwegschicken: In England hat man bei den Älteren etwas besser geimpft als bei uns. Und es gab sehr viel mehr natürliche Infektionen in der Bevölkerung. Das heißt, das, was wir in England sehen, ist eigentlich so etwas wie ein überoptimistisches Szenario, wenn wir das mit Deutschland vergleichen wollen.

Und da ist es jetzt so, wenn man die Krankenhausaufnahmen anschaut, da war das eigentlich bis zur Delta-Welle immer so drei zu eins. Also drei Fälle wegen Covid aufgenommen und darauf kommt dann ein Fall, wo Covid die Nebendiagnose ist, also dann eben aufgenommen mit Covid. Und mit Omikron hat man eine andere Relation und das ist natürlich auch sehr hoch gegangen mit der Inzidenz. Und wenn man jetzt zählt, dann ist das ungefähr eins zu eins. Also die Hälfte der Krankenhausaufnahmen ist mit und die andere Hälfte ist wegen Covid. Das setzt sich auch auf die Todesfälle einigermaßen fort.

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Zwei Ärztinnen und ein Arzt gehen auf einem Krankenhausflur entlang © panthermedia Foto: Kzenon

Coronavirus-Blog: Schutzverordnungen der Länder laufen aus

In Krankenhäusern und Pflegeheimen müssen künftig nur noch Besucher Maske tragen, die Testpflicht entfällt. Die Corona-News des Tages - letztmalig im Blog. mehr

Und jetzt muss man sich natürlich schon fragen, ob man das akzeptieren will. Also im Moment sterben ja in Deutschland auch um die 250 bis 300 Leute pro Tag. Und wenn man sich vorstellt, die Hälfte davon ist wirklich nicht nur Nebendiagnose, da war nicht irgendjemand gerade zufällig Covid-positiv. Also das finde ich schon diskussionswürdig, ob man das so gesellschaftlich akzeptieren will. Also das ist der Zahlenbestand. Und man muss natürlich auch sagen, in nächster Zeit wird das noch mal schwerwiegender werden, denn wir sehen im Moment, dass relativ linear die Krankenhausaufnahmen ansteigen.

Umverteilung in die älteren Altersgruppe

Also wir sehen keinen exponentiellen, aber einen linearen Anstieg der Krankenhausaufnahmen und wir sehen gleichzeitig eine Umverteilung in die älteren Altersgruppen. Das heißt, wir werden auch wieder mehr Intensivstationsbetten voll haben und werden auch in der nächsten Zeit wieder mehr Todesfälle sehen. Also vielleicht so bis Mitte Mai würde ich denken, wird diese Entwicklung weitergehen.

Wenn wir davon ausgehen, dass sich das erst um Ostern herum mit Beginn der Osterferien einfach anders darstellt in der Grundinzidenz, dann hat das ja immer noch Wochen Verzögerungszeit, bis sich das dann in den Krankenhäusern und dann letztendlich auch bei den Todeszahlen manifestiert.

Einen individuellen Weg finden

Schulmann: Wenn wir diese Entwicklung jetzt im Hinterkopf haben, ist es denn aus Ihrer Sicht in Ordnung, dass jetzt jede und jeder auf sich selbst schaut und überlegt, was für sich selbst vertretbar ist? Also da geht ja, wie Sie schon sagen, der Blick auf das große Ganze ein Stück weit verloren.

Und auch die Rücksicht auf Risikogruppen zum Beispiel. Wenn alle für sich selbst entscheiden, ob sie zum Beispiel im Supermarkt noch Masken tragen wollen oder eben doch nicht, dann können sich ja auch zum Beispiel immungeschwächte Menschen schlechter schützen. Wie schätzen Sie das ein?

Drosten: Ja, das ist so. Also Immungeschwächte sollten natürlich unbedingt, und überhaupt alle Risikopatienten, sollten unbedingt für sich selber weiter Maske tragen, wenn es schon nicht alle anderen tun. Und dann kann man natürlich auf die Politik schauen, die das regelt und die im Moment natürlich schon auch bemerkt, auch beim Blick in die Nachbarländer, dass die Situation eben doch nicht so einfach ist und so entspannt.

Und daher kommen ja die politischen Signale, die wir jetzt gerade in den Zeitungen lesen, dass vielleicht doch noch ein bisschen verlängert wird, obwohl eigentlich die Voraussetzungen jetzt da wären, alles komplett zu öffnen. Also man möchte da eben doch nicht ganz so hemdsärmelig rangehen. Irgendwann wird aber natürlich auch eine Zeit kommen, gerade dann mit sinkender Inzidenz zum Sommer hin, wo man das haben wird, dass gar keine beispielsweise Maskenauflage mehr da ist und dass man dann solche Alltagsentscheidungen auch jedem selbst anheimstellt.

Und dann kommen wir tatsächlich in diese asiatische Höflichkeit von vor der Pandemie rein mit dem Maske tragen. Dass ich, wenn ich Symptome habe sowieso, aber auch sonst, also immer in allen möglichen sozialen Situationen aus Höflichkeit die Maske trage.

Hennig: Das gilt ja für uns alle. Wir müssen da jetzt alle so einen individuellen Weg finden. Frau Ciesek, haben Sie da schon eine Haltung für sich gefunden? Wird das in Ihrem Umfeld viel diskutiert? Werden Sie viel gefragt: Wie soll ich das denn jetzt machen? Was lasse ich zu? Gehe ich wieder ins Kino? Trage ich trotzdem Maske?

Ciesek: Ja, natürlich, das wird natürlich diskutiert. Also auf der Arbeit ist es relativ einfach. Im Krankenhaus ist überall Maskenpflicht, wo man nicht alleine in einem Raum ist. Und da ist es ganz selbstverständlich, dass wir den ganzen Tag Maske tragen. Und da wird auch gar nicht drüber diskutiert, muss man sagen. Im Privaten ist es schon so, dass ich empfehlen würde, Maske immer in Situationen zu tragen, wo das erforderlich ist, das ist halt in Innenräumen, wenn es eng wird, also wenn man schlecht belüftete Innenräume hat, oder zum Beispiel natürlich im öffentlichen Nahverkehr. Und da würde ich auf jeden Fall unbedingt weiter Maske tragen oder werde es auch tun.

Und bei anderen Veranstaltungen, das fragen sich ja jetzt auch wieder viele: "Mache ich diese Veranstaltung, gehe ich da hin?" Da wäge ich dann immer für mich selber ab. Und das machen, glaube ich, viele Leute. Wie wichtig ist mir das eigentlich? Ist es jetzt der runde Geburtstag der Freundin, der nur ein Mal ist? Oder ist es eine Veranstaltung, die jedes Jahr wiederkommt, wie ein Kongress, eine Jahrestagung? Dann kann man eher sagen: "Nee, das mache ich dieses Jahr noch online und nächstes Jahr in Präsenz." Und ich denke, so muss jetzt jeder einfach selbst für sich entscheiden.

Ein Problem dabei ist noch: Ich habe gestern mal versucht zu überschlagen, wie viele Menschen sich so in den letzten sechs Wochen wohl hier in Deutschland infiziert haben und bin auf eine erschreckend hohe Zahl gekommen. Wenn man die Dunkelziffer einrechnet, sind es wahrscheinlich ein zweistelliger Millionenanteil oder eine zweistellige Millionenzahl und die sind ja dann genesen. Ich denke, das spielt ja auch noch mal eine Rolle, wenn man gerade genesen ist und die Infektion hinter sich hat, dass man dann sagt: "So, jetzt kann ich vielleicht auch wieder mehr machen." Und das spielt sicherlich auch in den nächsten Wochen noch eine Rolle im Verhalten der jüngeren Generation, die jetzt gerade frisch genesen ist.

Ausblick auf den Herbst

Hennig: Frisch genesen ist ja das eine. Mittel-, langfristig kommen dann wahrscheinlich ja auch wieder mehr Reinfektionen und das Verhalten hängt ja sehr von den Inzidenzen ab. Im Moment haben wir eine Hochinzidenzphase. Irgendwann geht es hoffentlich wieder ein bisschen runter. Herr Drosten, Sie haben schon angedeutet, dass Sie eigentlich davon ausgehen, dass zum Herbst, Winter wieder Maßnahmen nötig werden. So in der allgemeinen Wahrnehmung heißt es dann immer, es wird ja vielleicht besser, wenn keine Variante kommt.

Also die Evolution ist nicht kalkulierbar. Viele Infektionen ermöglichen auch viele Mutationen. Trotzdem, auch wenn keine Variante die Vorzeichen im Herbst ändert, also keine Variante kommt, die sich jetzt wirklich wesentlich anders verhält, gehen Sie dann auch von hohen Zahlen aus, weil unser Verhalten das mit sich bringt, weil die Durchseuchung eben trotzdem noch nicht reicht und weil die Impflücke ja absehbar groß bleiben wird?

Drosten: Ja, also erst mal gehe ich davon aus, dass es sicherlich nicht ganz stabil bleiben wird mit dem Virus. Ich denke schon, dass es sich weiterentwickelt. Und zwar kommt ja das Virus jetzt nach China und das ist ja eine so große Bevölkerung, und ich denke nicht, dass es dort gelingen wird, es zu kontrollieren. Das schafft enorme Evolutionsmöglichkeiten für das Virus.

Unterschied Influenza und SARS-CoV-2

Ich glaube, das muss man sich immer wieder klar machen: Bei der Influenza ist es einfach so, dass jeder sich im Laufe des Lebens x-mal infiziert. Und diese Infektionen, die spielen ja in der Schleimhaut, in der Rachen-Schleimhaut. Und unsere Schleimhäute haben ein lokales ortsständiges eigenes Immunsystem, wenn man das so nennen will. Das ist eine vereinfachte Darstellung, aber das kann man sich mal so vorstellen.

Und jeder in der Bevölkerung, außer der Kinder natürlich, die noch nicht so viele Infektionen hinter sich haben, jeder hat so viele Infektionen hinter sich, dass dort eben an der Schleimhaut eine Immunität besteht. Und das führt dazu, dass die Viruslast an der Schleimhaut bei Erwachsenen geringer ist als bei Kindern, wenn man das einfach mal so quer vergleicht. Und deswegen sind die Erwachsenen in der Bevölkerung, und das ist ja die weitgehende Mehrheit in der Bevölkerung, nicht so infektiös.

Und das führt dann epidemiologisch betrachtet dazu, dass bei der Influenza gerade mal in der Saison, also zwischen Weihnachten und Karneval, da geht der R-Wert mal über 1. 1,2 oder so kann er schon mal erreichen und dann ist es wieder vorbei, weil da einfach zusätzlich zu der relativ schlechten Verbreitungsfähigkeit wegen der vielen Schleimhaut-immunen Erwachsenen eben doch wieder kalte Temperatur kommt und dann gibt das dem Virus mal so ein bisschen Rückenwind.

Und das ist bei SARS-2 einfach ganz anders. Wir haben immer noch eine Minderheit in der Bevölkerung, die überhaupt einen Schleimhaut-Virus-Kontakt hinter sich hat. Fast alle sind immun wegen der Impfung, viele sind noch gar nicht immun, noch nicht mal richtig geimpft.

Schleimhautimmunität

Aber selbst die Geimpften haben eben keine spezielle Schleimhautimmunität. Die haben nach der Impfung schon so für zwei Monate IgA und auch ein paar andere Komponenten der Schleimhautimmunität stimuliert. Aber das geht dann wieder weg nach dieser Impfung, die eben nicht an der Schleimhaut passiert, sondern im Muskel und dann systemisch geht. Und deswegen sind eben fast alle in der Bevölkerung nicht mit diesem Übertragungsschutz versehen und darum wird es, wenn der Herbst kommt, wenn es wieder kälter wird, zu verstärkter Übertragung kommen.

Und da wird der R-Wert bei dem jetzigen Virus vielleicht wieder zwischen zwei und drei landen, wenn man nichts machen würde an bremsenden Maßnahmen. Dann hätte man wieder sehr viele Fälle und man braucht wahrscheinlich eine ganze Reihe von Infektionen im Hals oder in der Nase, um diese Übertragungsimmunität aufzubauen. Wenn man keinen Lebendimpfstoff hat, und den haben wir nicht. Das ist jetzt eine Sache, die kann man nun mal nicht wegdiskutieren. Die Infektionen, die jetzt über den Sommer stattfinden werden, die werden wahrscheinlich einfach nicht ausreichen.

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Grafische Darstellung eines Coronavirus © COLOURBOX Foto: Volodymyr Horbovyy

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Es kann schon sein, das ist nicht vorauszusagen, dass sich ganz viele junge Leute im Sommer das zweite und dritte Mal infizieren. Damit meine ich so die Party-Generation. Wenn das so sein sollte, dann könnte es sein, dass das im Herbst wirklich zu einem Übertragungsschutz beiträgt. Aber ich glaube es eigentlich nicht. Ich erwarte das nicht. Also da müsste schon sehr viel Infektionstätigkeit im Sommer sein.

Hennig: Sie haben eben gesagt, eine ganze Reihe von Infektionen könnten nötig sein. Kann man das irgendwie vorstellbar quantifizieren? Sie haben jetzt gesagt, bei den Party-Leuten zwei-, dreimal. Könnte das schon viel bieten, auch für einen persönlich, oder müssten das eigentlich fast noch mehr Infektionen sein?

Drosten: Also das ist einfach meine Vorstellung, dass das so im Bereich von einer Zahl ist, die man an einer Hand abzählen kann. Aber das kann im Moment niemand ganz genau sagen.

Endemischer Zustand

Schulmann: Sie haben jetzt gerade schon die Möglichkeit einer neuen Mutante angesprochen.

Wenn wir mal davon ausgehen, dass sich eine neue Mutante durchsetzt bzw. die vielleicht aber nicht schwerer krank macht als die aktuelle und wir die Impflücke auch nicht mehr viel weiter schließen können, dann bleibt ja noch die Frage, die uns hier im Podcast immer wieder begleitet hat: Wann schaffen wir es in die Endemie? Kann man dazu schon irgendwas sagen?

Drosten: Na ja, das geht nicht von heute auf morgen. Das ist nicht eine Stufe, sondern das sind mehrere Stufen. Und wir haben ja gesehen, wir sind schon ein ganzes Stück da drin in dem Prozess. Also die Tatsache, dass jetzt eben die Infektionssterblichkeit gesunken ist, die ist relevant. Wir können davon ausgehen, dass die Infektionssterblichkeit in Deutschland ohne Impfung so im Bereich von anderthalb Prozent liegt bei unserem Altersprofil, und wir sind jetzt eben mit Impfung und mit der Omikron-Variante sicherlich irgendwo bei 0,1 Prozent. Nur so als groben Bereich.

Wir kommen da jetzt schon, was die Sterblichkeit angeht, in Bereiche einer schweren Grippesaison. Aber jetzt darf man eben wieder nicht Zähler und Nenner vergessen. Also man darf nicht vergessen, dass wir hier einen Bruch haben, also dass es da einen Nenner gibt. Und dieser Nenner, der wird eben sehr, sehr groß, weil es keinen Übertragungsschutz gibt. Bei der Influenza wird die Gesamtzahl eben nicht so groß. Da gibt es nicht so viele Übertragungen insgesamt in der Bevölkerung. Und darum ist natürlich eine Infektionssterblichkeit von 0,1 Prozent auf die Gesamtzahl der Todesfälle gut tolerabel, während es bei derselben Sterblichkeit von Covid-19 bei den sehr vielen zu erwartenden Fällen einfach nicht tolerabel ist. Und da spreche ich jetzt von den Todeszahlen, da habe ich nicht von Arbeitsausfällen und anderen Dingen gesprochen. Das heißt, man wird das nicht laufen lassen können. Das würde mich echt wundern, wenn das im Herbst so wäre.

Möglicher letzter Herbst mit Maßnahmen

Und vielleicht ist das aber der letzte Herbst, wo man dann noch mal so bremsen muss. Denn die Sterblichkeit ist geringer, die wird wahrscheinlich zum Herbst hin noch mal geringer werden. Man muss vor allem, sicherlich durch Masketragen in Räumen, handeln und dann wird es Stufe für Stufe weiter runtergehen. Und das, was wir da vor allem beobachten werden, es ist relativ schwierig, es formal zu beobachten.

Es ist nicht so leicht zu bestimmen wie jetzt eine Infektionssterblichkeit. Also, die Übertragbarkeit, die absinkt. Also man müsste ja fast irgendwie beziffern, wie hoch der R-Wert geht bei wie stark ausgeprägten Reduktionen von Kontaktmaßnahmen. Das alles ist so gar nicht zu erfassen. Und da muss man natürlich auch sagen, man wird ja auch runtergehen von der massenhaften Testung. Das ist auch richtig so und dann ist man bei Surveillance Systemen und die müssen dann eben gut austariert sein.

Studien selbstständig lesen

Hennig: Um die Lage selber ein bisschen einschätzen zu können, hilft ja Wissen. Vielleicht kann man an dieser Stelle auch noch mal darauf hinweisen, dass der Wochenbericht des Robert Koch-Instituts mittlerweile sehr detailliert Zahlen erfasst, auch wenn da immer so ein Nachschleppen dabei ist. Aber wir haben vorhin auch darüber gesprochen: Sind Menschen mit Diagnose SARS-CoV-2 im Krankenhaus, aber haben eigentlich einen anderen Grund im Krankenhaus zu sein. Auch das wird da tatsächlich mittlerweile relativ gut ausdifferenziert.

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Wir haben ja hier in diesem Podcast auch versucht, Wissen zu produzieren oder Informationen. Wenn dieser Podcast mit Ihnen beiden jetzt vorerst in dieser Form zu Ende geht - dazu hat eine treue Hörerin auf Twitter sinngemäß geschrieben: "Wir sind jetzt zwei Jahre lang an die Hand genommen worden und müssen nun lernen, wieder selbst zu laufen." Ich fand es eigentlich ganz treffend. Viele haben Vieles gelernt in der Pandemie, sich ermutigt gefühlt, selbst zu recherchieren, auch auf Preprint-Servern.

Fallstricke für Hobby-Virologen

Da muss man aber sagen, so schön so eine Wissenschaftsbegeisterung ist, es birgt auch Gefahren, weil dann Vieles falsch verstanden werden kann. Man sieht das immer wieder auf Social Media, dass dann Ergebnisse einzelner Studien so leicht alarmistisch rumgereicht werden. Wir haben hier im Podcast immer wieder so ein bisschen Leseanleitung gegeben anhand konkreter einzelner Paper. Und da das jetzt erst mal in der Form wegfällt, vielleicht können wir ein paar grundlegende sachdienliche Hinweise zum Selberlaufen geben.

Herr Drosten, was sind die häufigsten Fallstricke, die Ihnen so auffallen, wenn Laien anfangen, virologische oder immunologische Forschung zu interpretieren?

Drosten: Also, ich glaube, dass es gar nicht möglich ist, auf all diese Fallstricke einzugehen. Es wird einfach zum Beispiel häufig generalisiert. Da wird eine kleine Untersuchung gemacht und daraus wird dann eine ganz große Zahl ausgerechnet. Dabei hat man dann übersehen, dass man eine bestimmte Grundgesamtheit von Patienten untersucht hat, die Eigenschaften hat, die gar nicht auf die gesamte Bevölkerung zutreffen und so weiter. Also solche Dinge gibt es.

Es gibt häufig einen gewissen Trichter beim Zulauf in Studien. Da muss man sich immer klar machen: Das sind ja Patienten, die sind im Krankenhaus, die haben ja einen Grund, dass sie da überhaupt schon mal sind. Das heißt, es muss nicht alles immer gleich auf die Allgemeinbevölkerung zutreffen. Aber abgesehen von solchen ganz einfachen Überlegungen des Studiendesigns und der Statistik ist es eben auch so, gerade wenn man jetzt eher pathogenetisch relevante Forschung anschaut, also irgendjemand infiziert ein Tier mit einem Virus oder es macht jemand immunologische Messungen - diese technischen Dinge, da sind noch ganz andere Sachen versteckt, wo man eigentlich zwischen den Zeilen lesen muss und auch das Wissenschaftssystem kennen muss.

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Jemand macht eine Strichliste neben der Abbildung von Viren. © picture alliance, panthermedia Foto: Image Broker

Podcast mit Drosten und Ciesek: Links zu Corona-Studien

Im Podcast Coronavirus-Update mit Christian Drosten und Sandra Ciesek werden viele Studien erwähnt. Hier finden Sie eine Linksammlung. mehr

Es ist nun einmal so, dass in der Grundannahme von Studien auch Dinge vereinfacht werden müssen und die Art, wie das vereinfacht wird, da ist es häufig so, dass da auch gewisse modellhafte Vorstellungen entwickelt werden und technisch umgesetzt werden. Sodass möglichst deutliche Schwarz-Weiß Ergebnisse dabei rauskommen in diesem experimentellen System. Das heißt nun aber nicht, dass die Realität so Schwarz-Weiß ist. Ich weiß nicht, ob man das so verstehen kann, wenn ich das so ganz, ganz grob andeute.

Ciesek: Bei Laborstudien, also In-vitro-Studien, muss man auch immer aufpassen, weil das natürlich nicht immer genau der In-vivo-Situation, also im Menschen entspricht. Um Laborstudien beurteilen zu können, muss man die Methoden, die da verwendet werden im Labor wirklich kennen und auch die Schwächen kennen. Also man muss wissen: Was sind die Positivkontrollen, die Negativkontrollen? Sind die richtig gelaufen? Und ich glaube, dass es für einen Laien schon schwer einzuschätzen ist, wenn er nicht aus dem naturwissenschaftlichen Bereich kommt.

Ansonsten kann man vielleicht generell noch sagen, wenn eine einzelne Studie irgendwie so den aktuellen Wissensstand revolutioniert, weil sie das Gegenteil sagt zu allen anderen Studien, dann muss man sich die immer methodisch genau anschauen, was da der Unterschied war. Und generell kann man auch sagen: Eine Studie ist nur ein Puzzleteil der Realität und nicht die komplette Wahrheit oder so, wie es jetzt komplett ist. Sondern das muss natürlich alles noch mal unabhängig überprüft werden. Und meistens setzt sich dann ein Puzzle zusammen, wie es in der Realität ist.

Patientenstudien

Und vielleicht kann ich noch mal was zu diesen Patientenstudien sagen. Da gibt es schon einige Richtlinien, an denen man die Qualität so ein bisschen erkennen kann. Zum einen sind ja der Goldstandard für zum Beispiel Medikamentenstudien randomisierte kontrollierte Studien. Also: Gibt es eine Kontrollgruppe? Wurden die Patienten, sage ich mal, zufällig ausgewählt, in welche Gruppe sie kommen? Sind sie verblindet, so dass der Arzt nicht vorher weiß, welches oder ob er dem Patienten ein Medikament oder ein Placebo gibt und wurde die Diagnose für die das Medikament jetzt gegeben wird, wurde das nach dem Goldstandard erfasst oder eben nicht. Zum Beispiel wenn man an SARS-CoV-2 denkt: Wurde eine PCR durchgeführt auf die Infektion oder ist das nur eine Anamnese-Angabe, also, dass der Patient sagen konnte: "Ich glaube, ich habe SARS-CoV-2" oder hatte er zum Beispiel einen Antigentest.

Einschlusskriterien

Und dann muss man natürlich auch gucken, was für Patienten sind da eingeschlossen? Sind das zum Beispiel nur Männer zwischen 50 und 60 oder ist das viel breiter, alle ab 18? Dann hat man natürlich eine breitere Aussage der Studie. Wie lang ist die Nachbeobachtung zum Beispiel? Ist der Endpunkt, den die Studie wählt, der, der relevant ist? Es kommt auch darauf an, wie groß ist zum einen die Kohorte, aber auch, wie groß ist zum Beispiel die relative Risikoreduktion von Krankenhausaufnahmen, also wenn jemand das Medikament nimmt? Ist das ein ganz kleiner Faktor oder ein sehr großer Faktor? Das spielt natürlich auch immer eine Rolle.

Und schließlich muss man sich dann wiederum immer fragen: Ist das jetzt auf die Realität übertragbar? Als Arzt, wenn ich da sitze und jemandem ein Medikament verschreibe und jetzt die Studie gelesen habe, trifft das auf meinen Patienten zu, auf Herrn Müller zum Beispiel, dem ich jetzt dieses Medikament geben will? Oder passt er gar nicht in diese Einschlusskriterien der Studie? Und dann kann man so ein bisschen daraus ableiten, wie relevant die Studie wirklich ist.

Hennig: Also kann man festhalten: Der Erkenntnisgewinn als Laie ist immer begrenzt. Es ist immer besser zu gucken, ob Fachleute so ein Paper schon einordnen. Aber es gibt halt, das haben wir gelernt, so ein paar grundlegende, einfache Fragen, die mich zumindest auch davor schützen, zu schnelle Schlüsse zu ziehen. Was mir noch auffällt: Was ich oft sehe, ist, dass Korrelation und Kausalität verwechselt wird im Ergebnis einer Studie. Das haben wir bei Vitamin D viel gesehen, weil man da Zusammenhänge beobachten konnte zwischen Covid-19-Verlauf und Vitamin D-Status. Aber es heißt eben nicht, weil der Vitamin D-Status so war, ist der Verlauf so gewesen. Da wird ja viel gewarnt.

Ciesek: Das ist ja das klassische Beispiel, dass man Vitamin D-Spiegel misst. Und da haben die Bewohner in Alten- und Pflegeheimen oft Mangel, weil die natürlich nicht so häufig an der frischen Luft sind oder in der Sonne sind und viel im Bett liegen. Das weiß man. Und daraus korreliert man dann, dass der schwere Verlauf von Covid mit diesem Vitamin D-Spiegel assoziiert ist und das ist natürlich nicht zulässig. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben, aber beide Ereignisse treten auf, gehören aber gar nicht zusammen.

Schulmann: Nun haben aber die meisten Menschen eher keinen naturwissenschaftlichen Hintergrund und tauchen nicht so ganz tief in das Wissenschaftssystem ein. Die meisten von uns können nicht zwischen den Zeilen lesen, weil wir eben auch nicht dazu ausgebildet sind. Würden Sie beide dann trotzdem unseren Hörerinnen raten, wäre es trotzdem allgemein sinnvoll, sich selbstständig Studien anzugucken? Auch ohne die Fachexpertise bzw. da sind wir auch schnell bei der Frage: Ist es sinnvoll, alles sofort auch ohne Begutachtung zu veröffentlichen? Auch im Moment noch?

Drosten: Also wenn ich mal anfangen soll? Ich würde das niemandem raten, der nicht eine gewisse Grundausbildung hat. Also man hat es vielleicht gemerkt. Ich hatte das ja am Anfang des Podcasts immer sehr stark gemacht. Da gab es noch nicht viel Literatur, da sind wir auch in Preprints eingestiegen und so weiter. Und irgendwann, ich glaube im letzten Sommer, habe ich dann irgendwann keine Lust mehr gehabt, das zu machen. So stark aufs Detail einzugehen, weil es auch immer mehr wird.

Und es ist einfach irreführend, wenn man da so Einzeldinge rausgreift, während man doch schon längst den groben Zusammenhang, die große Erzählung zusammen hat. Also man hat es eigentlich verstanden und es geht eher für die Bevölkerung, glaube ich, darum, wieder bestätigt zu bekommen, was eigentlich so der Stand des Wissens ist. Und immer wieder auch abgeholt zu werden, wenn so irreführende Einzelmeldungen kursieren. Und die machen einfach ihre Runden, nicht nur in sozialen Medien. Da ist es ja ganz besonders schlimm.

Also da gibt es ja manchmal auch so das Phänomen, dass manche Experten oder die sich dafür halten und dafür erklären, dann einzelne Studien hervorheben, nur weil diese einzelne Studie das bestätigt, was dieser Experte fälschlicherweise seit anderthalb Jahren predigt. Es ist aber immer noch falsch. Aber dann hat er mal eine Studie gefunden, die hat dazu gepasst und dann wird die verbreitet und manchmal schwappt so was dann sogar auch in normale Medien rein und dann ist das plötzlich mal irgendwie die Schlagzeile morgens in der Service-Abteilung der Frühradiosendung.

Und das ist natürlich ganz blöd und da kann man einfach nur sagen: Die großen Beiträge in seriösen Medien, gerade auch im Radiobereich, also wir haben das ja hier jetzt auch gemacht, wo man einfach lange sprechen kann. Aber es gibt ja außerhalb von diesem Podcast noch viele andere solche Formate. Das kann man sich schon anhören, das kann man einfach wirklich empfehlen.

Empfehlung: Längere Radiobeiträge

Solche längeren Radiobeiträge, die ja auch alle im Internet immer dann verfügbar sind zum Nachhören. Das finde ich eigentlich ziemlich gut. Und dann natürlich auch im Printjournalismus. Da gibt es ja auch immer Beiträge in diese Richtung. Also ich glaube, da ist schon ein seriöser Journalismus, gerade im Wissenschaftsjournalismus, der richtige Filter für die Allgemeinheit.

Und da sollte man eher nicht auf Studien einsteigen und schon gar nicht auf Preprint-Studien, wo man noch nicht mal diese Selektionskriterien hat. Ist das jetzt in einem sehr bekannten Journal publiziert, wo wahrscheinlich ein hochwertiger Review-Prozess gelaufen ist? Oder hat das jemand einfach in die Welt gesetzt?

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Ein Pflaster klebt auf dem Arm einer jungen Frau. © Colourbox Foto: Csaba Deli

Coronavirus-Update: Alle Folgen

Der Virologe Christian Drosten lieferte im Podcast Coronavirus-Update Expertenwissen - zusammen mit Virologin Sandra Ciesek. Hier alle Folgen in der Übersicht. mehr

Schulmann: Also vielleicht einmal kurz abwarten und dann auf die Fachexpertise warten?

Ciesek: Ich kann ja noch mal ergänzen. Ich sage immer: "Wenden Sie sich an den Wissenschaftsjournalisten, Wissenschaftsjournalistin Ihres Vertrauens." Und ich meine, genau das ist ja, was Sie beide auch die letzten Monate, Jahre gemacht haben. Oft kann man das ja gar nicht so einschätzen. Ich kann jetzt zum Beispiel auch nicht einschätzen, welche Fragen der Zuschauer, der Zuhörer hat. Und ich glaube, das ist ja auch, was Sie beide ausgezeichnet hat: Dann immer die richtigen Fragen zu stellen und das verständlich für den Laien zu machen.

Und ich glaube, wenn man da Quellen hat von wirklich Wissenschaftsjournalisten, die sich auf dem Gebiet gut auskennen und vielleicht sogar ein Studium der Naturwissenschaften haben, die Methoden beurteilen können, dann denke ich mal, ist man damit auf jeden Fall besser dran, läuft man damit besser, als wenn man selber anfängt sich auf einem Preprint-Server Nachrichten zu suchen, die vielleicht zu dem passen, was man hören möchte. Und das ist, denke ich mal, was wir auch gelernt haben in den letzten Monaten, wie wichtig guter Wissenschaftsjournalismus an sich ist.

Hennig: Das hören wir natürlich gern. Und man muss aber auch dazu sagen: Kein seriöser Wissenschaftsjournalist, selbst wenn er, anders als wir zum Beispiel, ein naturwissenschaftliches Studium hat, würde sich anmaßen, bestimmte Dinge einfach so zu beurteilen. Wir alle holen uns dann ja immer erst mal die Meinung von Fachleuten ein, bevor wir was schreiben. Das haben wir hier im Podcast gemacht, aber auch außerhalb des Podcasts, auch zu den Themen, die wir hier besprochen haben.

Aktuelle Corona-Forschung von Sandra Ciesek und Christian Drosten

Schulmann: Sie beide haben in den vergangenen zwei Jahren wirklich extrem viel Arbeit da reingesteckt, die neuesten Studien für uns und auch für die Hörerinnen aufzuarbeiten, aufzubereiten und einzuschätzen und haben dafür vermutlich gar nicht so selten auch die eigene Forschungsarbeit unterbrochen. Sie haben gerade gesagt, Sie sind aus dem Büro ans Mikro gelaufen gekommen. Heute sitzen Sie jetzt ein vorerst letztes Mal am Mikro statt im Labor oder am Schreibtisch. Daher interessieren wir uns natürlich auch dafür: Wo liegen aktuell Ihre Schwerpunkte in Ihrer eigenen Forschung, was Corona angeht? Also wenn Sie nach der Aufnahme zurück ins Labor kommen, Herr Drosten, was machen Sie dann da? Woran forschen Sie aktuell?

Drosten: Also heute gehe ich nicht mehr ins Labor, weil ich heute Nachmittag wieder jede Menge andere Termine habe. Aber ich war tatsächlich heute Vormittag mal selber im Labor. Das habe ich schon ganz lange nicht mehr gemacht. Aber in den letzten Wochen habe ich wieder ein bisschen damit angefangen. Ich kann das jetzt nicht so zusammenfassen. Das ist hier inzwischen ein großes Institut geworden. Und außerhalb von meiner Gruppe, die aus drei Untergruppen besteht, gibt es noch andere Gruppen hier im Institut, die sich auch alle mit dem Virus beschäftigen.

Also ich glaube, ich kann hier für dieses Institut sagen, dass wir uns vor allem mit dem Virus befassen, also stärker mit dem Virus als mit der, sagen wir mal, breiten Bevölkerungsimmunität und so weiter, obwohl wir da auch sehr viel mithelfen. Also hier in Berlin gibt es ja andere Arbeitsgruppen, die immunologische, auch humanimmunologische Forschung machen. Und denen helfen wir aber sehr viel bei den Untersuchungen. Aber es ist eben in der Wissenschaft relativ wichtig zu wissen, wer stellt eigentlich die Frage und wer hilft mit? Das ist immer so bei den Forschungsprojekten und die Projekte, bei denen wir die Fragen stellen, da geht es häufig einfach ums Virus.

Offene Frage: Übertragbarkeit der Alpha-Variante

Also die Frage, woran wir immer noch arbeiten, was wir immer noch nicht ganz verstehen: Warum eigentlich die Alpha-Variante so viel stärker übertragbar war. Bei Delta kann man das viel besser sagen. Da gibt es molekulare Hinweise. Bei Alpha ist es molekularbiologisch, molekularvirologisch immer noch relativ schwierig, das zu verstehen. Und das sind eben dann zum Teil auch viele Jahre lang laufende Projekte, wo immer so neue Aspekte dazukommen.

Und gleichzeitig haben wir eben so diese Studien unterstützende Forschung, wo wir im Prinzip spezielle Diagnostikleistungen machen, die man in so einem normalen Diagnostiklabor vielleicht nicht bekommen würde. Da sind wir aber nicht die Fragesteller, sondern häufig Leute, die die Patienten auch betreuen und Kohorten aufbauen. Das ist so vielleicht die Ausrichtung, wenn man sich das so vorstellen kann.

Schulmann: Wie ist das bei Ihnen?

Ciesek: Ach, gar nicht so groß unterschiedlich würde ich sagen. Es ist recht ähnlich. Wir sind ja beide keine Immunologen, wenn ich das so sagen darf. Wir arbeiten auch vor allen Dingen mit dem Virus. Zum Beispiel: Was ist der Unterschied zwischen Omikron und Delta? Wir haben aber auch viele Studien gemacht an Patienten, also zuletzt in einem Altenheim, also bei älteren Personen geguckt, wie da die Immunantworten sind. Wir sind immer wieder auf der Suche nach neuen Angriffspunkten, die uns das Virus bietet, um Wirtsfaktoren zu identifizieren oder neue Medikamente zu finden.

Welche Daten und Antworten fehlen?

Hennig: Erwarten Sie eigentlich aus anderen Instituten in den kommenden Wochen und Monaten irgendwelche Daten, von denen Sie wissen: Da laufen Forschungsvorhaben und da werden noch wichtige Antworten gesucht auf Fragen, die auch für Ihre Forschung wichtig ist?

Drosten: Ja, also da kann man sicherlich sagen, das nächste Wichtige, was kommen wird, sind die Daten zur Wirksamkeit der Omikron-angepassten Impfstoffe. Also wir haben ja hier in mehreren Podcastfolgen schon darüber gesprochen.

Wirksamkeit der Omikron-angepassten Impfstoffe

Wenn man im Moment mit Omikron impft bei der jetzigen Informationslage, da sieht man gar nicht so einen großen Benefit, also einen großen Zusatznutzen, verglichen mit der bisherigen herkömmlichen Impfung, also Booster mit altem Impfstoff versus dann mit Omikron-Impfstoff. Nur diese Daten, die sind sehr, sehr vorläufig.

Es gibt ein paar Daten aus Primaten, da hat man also Rhesusaffen genommen. Das sind kleine Tiere, und denen hat man die Erwachsenendosis dieser Impfstoffe gegeben, zum Teil mit sehr kurzen Wartezeiten zwischen den Impfdosen. Und da könnte es sein, das ist eigentlich, was ich erwarte, dass die Effekte sich eigentlich alle ausbügeln und dass man vielleicht nur deswegen Unterschiede nicht gesehen hat. Und das kann im Menschen ganz anders aussehen. Und da laufen natürlich jetzt Studien. Und die Firmen, die diese Studien vor allem betreiben, die werden die in den nächsten Monaten veröffentlichen. Und das ist etwas, worauf ich sehr gespannt bin. Weil es einfach wichtig ist für die Impfentscheidung zum Herbst hin.

Ja, dann warten natürlich alle mit Spannung darauf, dass Daten zu den ersten Lebendvakzin-Studien rauskommen. Das ist sicherlich auch ganz wichtig für die Dauer, für das praktische Interesse auch der Bevölkerung.

Hennig: Das kann aber noch ein bisschen dauern, oder?

Drosten: Ja, das wird noch viel länger dauern. Und dann muss man aber sagen, das ist eigentlich gar nicht das, woran wir hier zum Beispiel arbeiten. Also wir arbeiten an bestimmten Dingen, die sicherlich große Technikvorsprünge mit sich bringen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, die Virulenz von zirkulierenden Virusvarianten einzuschätzen, wenn es darum geht zu verstehen, wie die genetische Drift weitergeht. Aber das ist häufig schon technisch relativ speziell.

Also das ist so, wie wenn Sie den Autohersteller fragen, was ist das Neue im Automarkt? Dann sagt er: "E-Mobilität". Aber diese Firma, die arbeitet vielleicht gerade an der Weiterentwicklung eines bestimmten Sensors, der irgendwo im Auto eingebaut wird, wo viele den Namen noch nicht mal kennen. Und selbst das ist so viel Entwicklungsarbeit, dass das eine ganze Firma ausschließlich beschäftigt. Also das sind die verschiedenen Ebenen, auf denen man da spricht.

Hennig: Ich kann es mir nicht verkneifen: Ich finde es so herrlich, dass Sie auch in dieser letzten Folge noch mal einen Auto-Vergleich bringen. Frau Ciesek, wie ist es bei Ihnen? Möchten Sie da noch was ergänzen?

Ciesek: Ich glaube, das Wesentliche wurde gesagt mit Lebendvakzinen und dem angepassten Impfstoff. Ich denke, die Immunitätsdauer wird uns noch weiter beschäftigen. Also, wie häufig muss sich jemand eigentlich Nachimpfen, Boostern oder muss das irgendwann gar nicht mehr der Fall sein?

Long Covid

Und was ich gern sehen würde an wissenschaftlichen Erkenntnissen: Das ist Long Covid. Wie häufig ist das? Wie ist der Mechanismus und wie ist vielleicht ein möglicher Therapieansatz? Da hoffe ich und erwarte, dass da auch noch viele Arbeiten zu kommen. Aber was eben schon gesagt wurde, da sind wir ja jetzt nicht so aktiv beteiligt. Das sind eher andere Gruppen, die sich damit beschäftigen. Aber ich denke, da werden wir auch noch sicherlich neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Forschungsschwerpunkt auch in Zukunft auf SARS-CoV-2?

Schulmann: Wenn die Lage rund um die Pandemie jetzt etwas ruhiger wird, vielleicht auch schon im Sommer oder in den nächsten Monaten, wird ihr Forschungsschwerpunkt dann trotzdem weiterhin auf Corona liegen? Herr Drosten, Sie haben natürlich auch schon vor der Pandemie an Coronaviren geforscht.

Drosten: Ich kann ja nichts anderes. (lacht)

Schulmann: Bleiben Sie dann in der Forschung jetzt bei SARS-CoV-2 oder widmen Sie sich auch wieder anderen Coronaviren?

Drosten: Ich war jetzt gerade in Sachen MERS im Labor. Also das Thema ist die ganze Zeit da.

Schulmann: Frau Ciesek, wie ist das bei Ihnen? Kehren Sie so langsam auch wieder zu einem, ich sage mal in Anführungszeichen, normalen Arbeitsalltag zurück?

Hennig: Zu Hepatitisviren?

Ciesek: Ja klar. Also, wir haben ja auch einfach Gelder, Drittmittel. Gelder, die für Projekte sind und an ein Projekt gebunden sind, an Hepatitisviren, Hepatitis D-Virus zum Beispiel oder Hepatitis C. Und natürlich werden wir die auch wieder mehr bearbeiten und da weitere Erkenntnisse sammeln. Also, das verschiebt sich schon wieder so ein bisschen zurück ins Normale, wobei SARS-CoV-2 sicherlich in den nächsten Jahren noch ein Schwerpunkt bleiben wird.

Therapie für Risikogruppen

Hennig: Jetzt sind wir so ein bisschen weggekommen von dem, was für die Allgemeinheit von Nutzen sein wird. Frau Ciesek, wir haben trotzdem verabredet, auf eine Sache hier noch mal konkret einzugehen. Wir haben vorhin ja über Risikogruppen gesprochen und die Schwierigkeit, wenn die Impfung nicht so richtig wirkt.

Ich habe von Menschen, die in der Praxis arbeiten, in der Klinik arbeiten, auch gehört, dass für sie gerade das ein großes Thema auch noch aus der Forschung ist: Risikogruppen weiter auszudifferenzieren, zu gucken, welches Profil sieht wie aus und was heißt das z.B. auch für die Therapie, aber auch für die Prävention? Wir haben hier im Podcast ja über antivirale Therapien gesprochen, darüber, dass es jetzt auch ambulante Therapiemöglichkeiten gibt, also dass der Hausarzt schon Dinge verschreiben kann. Ist die Infrastruktur schon gut genug? Also auch die Beschaffung, die Hilfe und Aufklärung?

Ciesek: Ich denke mal, dass es lokal sehr unterschiedlich ist. Es gibt Bereiche, wo das sehr gut funktioniert, wahrscheinlich auch gerade in den größeren Städten oder wenn es eine Anbindung an die Infektiologie oder so gibt. Im ländlichen Bereich stelle ich mir das zum Beispiel schwieriger vor. Und das erfordert auch, dass der Arzt, der diese Medikamente verschreibt oder die Therapien mit diesen monoklonalen Antikörpern initiiert, dass der genau Bescheid weiß, welches Medikament, welche Antikörper jetzt für seinen Patienten das Richtige wäre. Und ich denke, dass kann man nicht so über einen Kamm scheren, das wird schon noch unterschiedlich sein.

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Viele Fragezeichen um einen Kopf. © picture alliance Foto: Sergey Nivens

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Hennig: Sie haben jetzt monoklonale Antikörper schon angesprochen. Das ist ja zum einen ein Therapeutikum, zum anderen gibt es ja aber auch das Prinzip der Passivimmunisierung. Also vorbeugend Antikörper geben, die der Organismus nicht selbst herstellen kann. Und da ist eine Sache in den letzten Tagen passiert, die so ein bisschen noch einen größeren Hoffnungsschimmer, glaube ich, für Risikogruppen beinhaltet.

Die EMA hat die Zulassung für einen monoklonalen Antikörper empfohlen bzw. ein Doppelpräparat, das vor allem eine Langzeitwirkung hat, also über mehrere Monate vorbeugend zur Prophylaxe gegeben werden kann. Kann das tatsächlich eine Überbrückung sein für Menschen mit schlechter Impfantwort, gerade in so einer Hochinzidenzphase?

Ciesek: Genau, das heißt Evusheld. Das meinen Sie. Der ist nicht einfacher zu geben. Er wird einfach in den Muskel gespritzt. Genauso wie die anderen auch. Das sind zwei Spritzen, die man bekommt. Und das Gute an diesen beiden monoklonalen Antikörpern ist, dass sie eine ganz lange Halbwertszeit haben von sechs Monaten. Und das ist genau die Idee, dass man Personen hat, die zum Beispiel ein eingeschränktes Immunsystem haben, also die zum Beispiel nach den Impfungen keine Reaktion gezeigt haben.

Das sehen wir ja häufiger bei Organtransplantierten zum Beispiel oder aber Personen, die sich nicht impfen lassen können, weil sie eine schwere allergische Reaktion haben. Wenn die über zwölf Jahre sind und mindestens ein Gewicht von 40 Kilo haben, das ist die Bedingung bei diesem Antikörper, dann kann man nicht als Therapie, sondern wirklich prophylaktisch diesen Antikörper diesen Personen geben.

Und dann sollten die nach den Studien ungefähr sechs Monate einen ganz guten Schutz haben, den sie selber nicht aufbauen können. Das ist natürlich schon eine große Entlastung für bestimmte Patienten, die sich schon viermal impfen lassen haben, aber immer noch keine Antikörper haben. Und ich denke, das ist sicherlich gut.

Monoklonale Antikörper und neue Varianten

Man muss nur einschränkend sagen, dass diese monoklonalen Antikörper immer das Problem haben, wenn eine neue Variante kommt. Mit neuen Mutationen können die ganz schnell auch ihre Wirkung verlieren. Das haben wir ja jetzt auch aktuell gesehen. Da haben wir auch schon drüber gesprochen, dass die FDA, also die Behörde in den USA, in Bereichen, wo BA.2 dominant geworden ist, die Anwendung wieder eingeschränkt hat, weil es da nicht mehr so gut wirkt.

Und das kann sehr, sehr schnell gehen. Aber natürlich ist so was erst mal ein großer Erfolg, wenn man gerade denen, die am gefährdetsten sind, jetzt etwas anbieten kann und dadurch das Risiko für eine symptomatische Erkrankung deutlich reduzieren kann.

Hennig: Aber es gibt zu diesem Evusheld noch keine klinischen Daten in Bezug auf Omikron, oder? Die gibt es nur in vitro?

Ciesek: Genau, es gibt Labordaten und da ist es gegen BA.2 wirksam, gegen BA.1 nicht so gut, aber BA.2 ist ja auf dem Vormarsch, sodass man jetzt mit BA.2 zumindest bei den Labordaten davon ausgehen kann, dass es eine Wirkung gibt. Aber mit der Einschränkung, dass das Virus sich weiterentwickelt und natürlich kann man Pech haben, dass das in ein paar Wochen oder Monaten wieder anders aussieht.

Überraschende Entwicklungen in der Pandemie

Schulmann: Ein weiterer kleiner Hoffnungsschimmer, also vielleicht ein weiteres Präparat, das innerhalb von so kurzer Zeit entwickelt wurde und in den ja nun schon 113 Folgen Coronavirus-Update haben wir mit Ihnen so viel über die aktuelle Forschung gesprochen, über so viele Medikamente, deren Wirkung gegen Covid geprüft wurde, auch über Impfstoffe, die innerhalb von kurzer Zeit entwickelt wurden. Gab es denn bei all dem in den vergangenen zwei Jahren Erkenntnisse oder Entwicklungen, die Sie wirklich richtig überrascht haben?

Drosten: Also Erkenntnisse mit Überraschungseffekt gab es viele. Also, mich haben weiterhin die Varianten am meisten überrascht. Kein Virologe hat in einer Zeit, in der solche Tools verfügbar waren für die Verfolgung der Verbreitung eines Virus in der Bevölkerung und für die Charakterisierung von so einem Virus eine Pandemie von diesem Ausmaß erlebt, und wir sind, glaube ich, alle total verblüfft darüber, wie schnell das Virus sich verändert, wie es sich auch am Anfang verändert hat ohne Immunflucht, wie jetzt die Immunflucht dazu kommt.

Das ist eigentlich so eine dauerhafte Verblüffung, die da ist. Das ist jetzt also nicht eine einzige Studie, die da den Durchbruch gebracht hat, sondern das ist einfach ein Prozess, den man da so ein bisschen beobachtet.

Schulmann: Wie war das bei Ihnen, Frau Ciesek?

Ciesek: Eigentlich so ähnlich. Also so aus virologischer Sicht ist das sicherlich das, was einen am meisten überrascht hat, weil man immer im Lehrbuch stehen hat: Coronaviren sind dafür gar nicht so anfällig oder verändern sich nicht so schnell wie zum Beispiel das Hepatitis C-Virus. Und dass das doch relativ schnell ging und doch so unterschiedliche Varianten einander abgelöst haben, das finde ich immer noch überraschend. Aber wie ist es denn bei Ihnen? Was hat Sie am meisten überrascht?

Schulmann: Also mich hat, glaube ich, am meisten überrascht, dass in so kurzer Zeit so gute Impfstoffe hergestellt werden konnten. Damit habe ich, ehrlich gesagt, nicht gerechnet. Wie war das bei dir?

Hennig: Wir haben uns ja auch viel damit beschäftigt, wie die Menschen darauf reagiert haben. Und ehrlich gesagt, da hat mich die Kommunikationsseite, das ist ja mehr unsere Expertise, diese Impfskepsis hat mich schon überrascht. Weil, dass es Impfgegner gibt, wusste man ja, aber dass es da so große Vorbehalte gibt. Man konnte das ja quasi so ein bisschen nachvollziehen, auch wo die kommunikativen Fehler da lagen.

Veränderungen für die Virolog*innen in der Pandemie

Schulmann: Für Sie beide hat sich ja auch in den vergangenen zwei Jahren viel verändert. Sie sind zu Personen des öffentlichen Lebens geworden, werden bewundert und teilweise auch extrem hart angegangen. Wie hat Sie das verändert?

Drosten: Also ich habe im Moment das Gefühl, dass sich das Ganze wieder ein bisschen normalisiert - und das finde ich auch gut so! Zwischendurch war es natürlich so, dass man wirklich auf offener Straße zum Teil auch angegangen wurde. Sehr unangenehm. Aber ich glaube, die Öffentlichkeit hat auch ein ziemlich kurzes Gedächtnis.

Und jetzt vor allem mit dem anderen großen Thema, das jetzt in den Nachrichten ist, tritt nicht nur das Corona-Thema in den Hintergrund, sondern wahrscheinlich auch diese Präsenz, die man im Bewusstsein der Bevölkerung als Person hat. Und ich glaube, es ist nie gut, wenn eine Person für ein Thema so identifiziert wird, weil das einfach nicht der Realität entspricht. Es sind ja ganz viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler da mit involviert.

Schulmann: Wie war das bei Ihnen, Frau Ciesek?

Ciesek: Bei mir war das lange nicht so extrem wie bei Christian Drosten. Insgesamt muss ich sagen: Ich habe mich doch sehr gewundert, dass, wenn man denkt, man sagt eigentlich einen klaren Satz oder eine klare Aussage, wie viele es dann doch falsch verstehen wollen oder was auch immer, wie viel man missverstehen kann und einem auch böse Dinge unterstellen kann.

Und bei mir hat es so ein bisschen dazu geführt, dass ich am liebsten eigentlich schriftliche Interviews mache und gar nicht mehr gerne Live-Interviews zum Beispiel gebe, weil man einfach das Gefühl hat, man möchte auch zum Teil missverstanden werden. Aber ich glaube, sonst habe ich mich nicht wirklich verändert.

Drosten: Das habe ich auch so wahrgenommen. Also, es ist ja so in Social Media, aber auch in den formalen Medien. Da gibt es einfach Personen, die haben eine große Reichweite. Und während man irgendwie versucht, in die Tiefe vorzudringen bei der Materie, ist es dann doch so, dass es einzelne Personen und einzelne Medien gibt, die eigentlich nur aufs Wasser klatschen wollen und möglichst viele Leute nassspritzen wollen, ohne irgendwie in die Tiefe zu tauchen. Die haben da gar kein Interesse dran, zu erfahren, was da in der Tiefe ist.

Schulmann: Ein schönes Bild.

Veränderungen in der Wissenschaftskommunikation

Hennig: Damit sind wir eigentlich schon bei unserer letzten Frage, nämlich der nach der Wissenschaftskommunikation. Da haben Sie jetzt schon so ein bisschen was zu gesagt. Aber wir Laien haben ja eine wahnsinnige Lernkurve hingelegt im Verstehen von Wissenschaft in den letzten zwei Jahren. Hat sich für Sie beide auch noch was anderes verändert in Sachen Wissenschaftskommunikation? Haben Sie was dazu gelernt, wie man Dinge noch besser erklären kann?

Ciesek: Ja, ich denke schon, man lernt natürlich aus den Reaktionen. Man lernt auch gerade im Gespräch. Der Podcast ist ja ein Gespräch zwischen einem von uns und einem von Ihnen und da lernt man auch sehr viel, was vielleicht nicht klar ist, was man näher erläutern muss. Und ich denke, das hilft einem auch im weiteren Leben, wenn man Interviews führt. Aber auch, wenn man mit seinen Studenten spricht, zum Beispiel. Also das denke ich schon.

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Virensymbole fliegen um die Silhouette einer Person. (Bildmontage) © picture alliance Foto: lamianuovasupermail, stevanovicigor

Coronavirus-Update: Die häufigsten Hörerfragen

In unserem Podcast mit Christian Drosten und Sandra Ciesek beantworten wir Ihre Fragen zum Coronavirus. In dieser Übersicht sehen Sie, in welchen Folgen Sie die Antworten zu den häufigsten Hörerfragen finden. mehr

Drosten: Ja, also dieses Thema Wissenschaftskommunikation ist ein wichtiges. Ich glaube, es hat sich in dieser Zeit jetzt gezeigt, dass das auch zum Handwerk des Wissenschaftlers oder der Wissenschaftlerin dazugehört zu kommunizieren. Und ich glaube, die Wissenschaft selber muss da jetzt nachfassen und das auch stärker zur Kenntnis nehmen, dass das einfach Teil des Berufsbildes ist und ja, sowohl Definitionen als auch andere Wertungen dafür entwickeln. Wir wissen zum Beispiel schon, es muss nicht jeder Wissenschaftler kommunizieren. Das würde gar nicht gehen, das gäbe ein Geschnatter.

Wer sollte kommunizieren?

Also wer hat eigentlich das Mandat, so zu kommunizieren? Das ist eine ganz wichtige Frage. Gibt es eigentlich einen Prozess dazu? Soll die Wissenschaft das vielleicht auswählen, wer mal für diesen Bereich sprechen soll zu dem Thema? Wie geht das genau? Im Moment wählt alleine der Journalismus aus, welche Wissenschaftler gehört werden. Und die Auswahlkriterien sind zum Teil relativ subjektiv.

Manchmal geht es nur um Medienpräsenz dabei und bisherige Medienpräsenz, die dann wieder neue Medienpräsenz provoziert, ohne dass eigentlich die wirklichen Experten dazu gehört werden. Das ist so der eine Mechanismus, aber ein anderer Mechanismus, der muss auch in der Wissenschaft stattfinden. Und das ist jetzt leider noch mal was Negatives, was ich sagen muss und ansprechen muss. Wir hatten ja in all dieser Zeit einzelne Figuren aus der Wissenschaft, zum Teil nicht mal wirklich aus der Wissenschaft, sondern Nebengebieten, wo man gar nicht sagen kann, da ist eine wirkliche wissenschaftliche Tätigkeit vorhanden.

Wissenschaftliches Fehlverhalten

Die haben sich aber sehr laut geäußert und damit auch sehr große Effekte erzielt, auch negative Effekte. Sie haben auch die Politik verwirrt und fehlgeleitet. Und das könnte man sogar translatieren in Krankheitslast, und da ist jetzt natürlich schon die Frage, zumindest so lange das innerhalb der Wissenschaft stattfindet.

Und da spreche ich jetzt nicht nur innerhalb der Wissenschaft oder der Virologie oder der Immunität, sondern auch Sozial- und Geistes- und Rechts- und sonst was für Wissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, das sind ja alles Wissenschafts-Communities und es gibt den Begriff von wissenschaftlichem Fehlverhalten. Also wenn ein Wissenschaftler Daten fälscht, eine Veröffentlichung fälscht oder unter falschen Vorspiegelungen Drittmittel verwendet oder die dann grob fehlverwendet, dann gibt es Definitionen für wissenschaftliches Fehlverhalten und das ist sehr schwerwiegend, wenn einem Wissenschaftler wissenschaftliches Fehlverhalten nachgewiesen wird.

Es gibt auch Mechanismen, das zu ahnden innerhalb der Wissenschaft, beispielsweise innerhalb der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Da gibt es Stellen, die sich mit Fällen von wissenschaftlichem Fehlverhalten befassen und auch Maßnahmen und Sanktionen über solche Personen verhängen können, beispielsweise eine Antragssperre. Also diese Person darf nicht mehr bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft Fördergelder einwerben.

Solche Dinge gibt es und wir haben hier noch gar nicht definiert, und ich denke, das müssen wir unbedingt, was eigentlich wissenschaftliches Fehlverhalten im Bereich der Kommunikation ist. Denn es gibt offensichtliche, klar zutage liegende Tatbestände von wissenschaftlichem Fehlverhalten, die man zum Teil sogar an Einzelpersonen festmachen könnte. Das macht im Moment niemand.

Aber die Frage ist eben schon, ob nicht solche Institutionen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft sich dieses Themas annehmen müsste und da Regeln und auch Sanktionsmaßnahmen, Mechanismen, wie man so etwas ahnden kann, entwickelt. Denn es geht ja nicht darum, Leute komplett zu verurteilen. Aber manchmal ist eben doch auch die Möglichkeit eines gewissen Warnschusses, oder allein nur, dass das möglich ist, dass man mal einen Warnschuss bekommt. Das könnte auch schon heilsam sein und einige Leute dazu bringen, noch ein zweites Mal darüber nachzudenken, was sie eigentlich in der Öffentlichkeit so verkünden.

Herausforderungen im Podcast

Hennig: Eine ganz wichtige Diskussion, die wir wahrscheinlich auch als Wissenschaftsjournalisten begleiten sollten. Eine allerletzte Frage, die aber ein bisschen harmloser wieder sein soll, möchte ich Ihnen beiden stellen. Was war für Sie inhaltlich die größte Herausforderung im Podcast? Sie waren ja oft im Kern Ihrer Expertise unterwegs und die Rolle als regelmäßiger Gesprächsgast bringt es mit sich, dass man dann auch mal so ein bisschen in Richtung der Ränder gehen muss. Frau Ciesek, was fanden Sie am schwierigsten zu erklären?

Ciesek: Vielleicht nicht am schwierigsten, sondern am interessantesten fand ich die Erklärung, wie der Impfstoff von AstraZeneca diese Sinusvenenthrombosen macht. Das hat mir Spaß gemacht, mich da reinzulesen, weil das ja jede meiner Expertisen verbindet. Einmal natürlich die Virologie, aber auch die Innere Medizin. Und da hat es mich zum Beispiel gefreut, dass einer meiner ehemaligen Ausbilder für den Internisten mich dann auch angerufen hat und gesagt hat, er fand das so super erklärt und dass er irgendwie gemerkt hat, man merkt die internistische Schule. Also das hat mir am meisten Spaß gemacht, weil man da doch so auf seine alten Erfahrungen zurückgreifen konnte, die man jetzt im Alltag als Virologe leider nicht mehr so häufig hat.

Hennig: Das ist für mich auch irgendwie interessant, da habe ich auch direkt dran gedacht. Ich kann mal aus dem Nähkästchen plaudern, dass wir beide da ein bisschen miteinander gerungen haben, weil ich immer hartnäckig gesagt habe, ich habe es immer noch nicht verstanden. Also deswegen war das für mich auch irgendwie interessant und am Ende dann auch wirklich spannend und sehr befriedigend. Aber es war für meine Seite ziemlich hartes Brot, muss ich sagen. Wie ist es bei Ihnen? Haben Sie irgendwas, was Ihnen noch besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Drosten: Ja, ich kann mich schon erinnern an diese Studien zur Alterung der zellulären Immunantwort, die wir mal ziemlich detailliert besprochen haben, was auch anspruchsvoll ist. Was ich bis jetzt eher oberflächlich erklärt habe, ist Immune Imprinting gerade aus der letzten Podcastfolge. Ja und einige der Evolutionsmechanismen bei den Viren, die sind auch, wie eben vieles in der Evolution, recht komplex.

Und wenn man das jetzt für ein breites Publikum erklären will, dann ist das schon manchmal nicht ganz so einfach, sich zu überlegen, wo man da genau die Beispiele wählt. Und wie man eben Mechanismen, die populationsbezogen sind, so erklärt, dass man das als intuitiv denkender Mensch versteht. Also die Übertragungsleistung zu bringen, dass ein Virus nicht so ein Virus ist, also ein Kügelchen, das da so durch die Luft fliegt. Und daraus werden dann viele, sondern dass das eine Population ist und man da also immer mit Verteilungen arbeitet und so weiter. Das ist, glaube ich, relativ schwer zu erklären.

Hennig: Wir haben stellvertretend geschwitzt, oder?

Danke!

Schulmann: Auf jeden Fall. Also wir wissen, wie viel Arbeit Sie am Podcast hatten, Sie beide beim Aufbereiten der Studien und manchmal eben auch, wie Sie schon sagten, im Nachgang nach dem Podcast. Aber Sie haben auch so vielen Menschen einfach während dieser Pandemie so sehr geholfen. Und wir dachten, bevor wir beide jetzt tausend Mal Danke sagen für all die Einschätzungen und Erklärungen, lesen wir einfach mal Auszüge aus ein paar E-Mails vor. Stellvertretend für die wirklich vielen, vielen hundert, die wir in den letzten zwei Jahren bekommen haben.

Hennig: Da müssen Sie jetzt beide sehr tapfer sein.

Schulmann: Ich fange mal an mit einer Mail von einer Hörerin aus der Nähe von Freiburg, die schreibt zum Beispiel: "Das Coronavirus-Update war die Grundlage für Orientierung in der Pandemie. Sie beide …", also Herr Drosten und Sie, Frau Ciesek, "wurden sozusagen meine Leuchtfeuer in diesen stürmischen Zeiten und strahlten bis nach Freiburg in den Fuß des Schwarzwalds herüber. Und auch wenn sich der ungeschulten Zuhörerin viele Einzelheiten nicht erschließen, waren ihre Erläuterungen, komplexester Zusammenhänge in sich nachvollziehbar und ihre Offenheit bezüglich der Grenzen und Fehlermöglichkeiten wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse und auch Ihre Analysen alternativer Theorien stärkten mein Vertrauen in die Wissenschaft."

Hennig: Mission accomplished, kann man sagen. Ich habe aber auch noch etwas, ein bisschen kürzer: "Die Sendungen waren und sind der Sockel eines bodenständigen und sachlichen Umgangs mit der Pandemie", schrieb uns eine Hörerin. "Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen gar nicht bewusst ist, was für eine seelische Stütze Sie auch jetzt noch sind."

Und eine letzte noch: "Danke, dass Sie mich und alle anderen Hörer mitgenommen haben in die Welt der Viren und so viele Fragen beantwortet haben, bevor man wusste, dass man sie gleich haben würde. Also die Fragen. Danke für die mutigen Einschätzungen und zum Teil lustigen Metaphern. Ich habe nicht nur viel gelernt, mir wurden auch viele Unsicherheiten in dieser Zeit durch Sie genommen und ich bin dankbar für die Beständigkeit. Außerdem haben Sie in mir auch ein ganz kleines Verstehen für Zusammenhänge gesät, das ich nun gerne erweitere."

Ich glaube, wir können uns da nur anschließen. Auch wir beide haben ganz viel lernen dürfen in unserem Podcast. Auch wir werden die Update-Dienstage ein bisschen vermissen.

Schulmann: Auf jeden Fall, aber wir dürfen uns ja auch wieder melden, wenn was ist, haben Sie versprochen. Also sollten sich die Ereignisse überschlagen, dann ist Ihre Rückkehr in den Podcast nicht ausgeschlossen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Das Coronavirus-Update von NDR Info | 29.03.2022 | 17:00 Uhr

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