Gezeitenkonzerte Ostfriesland: Intendant zieht positive Bilanz
Am Sonntag hat auf dem Friesenpferdegestüt Brümmer in Bunderhee das Abschlusskonzert der 10. Ausgabe der Gezeitenkonzerte Ostfriesland stattgefunden. Großen Beifall gab es für die junge norddeutsche philharmonie. Der künstlerische Leiter des Festivals, Matthias Kirschnereit, war natürlich mit dabei.
Herr Kirschnereit, das dürfte eine kurze Nacht nach dem Abschlusskonzert gewesen sein, oder?
Matthias Kirschnereit: Ja, wir haben großartig gefeiert. Es war ein rauschendes, ein ergreifendes musikalisches Fest, kann man wirklich sagen. Wir waren alle ganz beseelt. Das war wirklich eine Sternstunde.
Mit dem Bolero ist das Konzert zu Ende gegangen. Der klingt noch ein bisschen nach, auch weil es von jungen Musikerinnen und Musiker gespielt wurde…
Kirschnereit: Ja, auch ganz wunderbar dirigiert von Felix Mildenberger. Es war ein ganz abwechslungsreiches Programm. Wir starteten mit einer Canzona von Giovanni Gabrieli für acht Blechbläser – also Renaissance-Musik zum Entree und dann das Erste Schostakowitsch Cellokonzert mit dem wunderbaren Valentin Radutiu. Und nach der Pause könnte es kontrastreicher nicht sein, das Adagio aus Mahlers zehnter Sinfonie und dann eben der Bolero von Ravel. Ich glaube, diese Kontraste sind es auch, die die Gezeitenkonzerte auszeichnen.
Vielfältigkeit und Kontraste, was die Spielorte angeht, aber auch, was die Künstlerinnen und Künstler angeht. Das geht ja von ganz großen Namen bis zum Nachwuchs…
Kirschnereit: So ist es. Wir haben absolute Weltstars in diesem Jahr im Portfolio gehabt: Rudolph Buchbinder hat ein Klavierkonzert gegeben, Sonnabend auch Christian Tetzlaff, Daniel Hope, Tine Thing Helseth, Maurice Steger, Daniel Müller-Schott. Ulrich Tukur war zu Gast mit seinen Rhythmus-Boys - ganz hinreißend. Martina Gedeck hat gelesen, Dominique Horwitz hat gelesen. Auf der anderen Seite gab es immer wieder eine ganz konzentrierte Nachwuchsförderung mit unseren sogenannten Gipfelstürmer-Konzerten, die bestens ankommen und größtenteils ausverkauft waren. Das ist mir auch wirklich ein Herzensanliegen, sich da für die Future Generation einzusetzen,
Wie war der Vorverkauf? Wie fällt die Bilanz der Plätze aus?
Kirschnereit: Insgesamt wirklich äußerst zufriedenstellend – das sage ich wirklich, sehr, sehr dankbar. Es ist ein besonderes Jahr, ein Jahr voller Ungewissheiten - und zu allem Überfluss hat uns dieser scheußliche Angriffskrieg Russlands auch noch heimgesucht und mit ungewissem Ausgang auch die Corona-Pandemie. Wir haben nicht ganz das Rekordergebnis von 2019 erreichen können. Aber ich denke, mit einem Ticketverkauf von etwa 12 bis 15 Prozent weniger als 2019 sind wir bestens bedient. Ich sagte schon, etliche Konzerte waren ausverkauft, die allermeisten Konzerte sehr gut besucht. Sonntag waren 1.300 Besucherinnen und Besucher beim Abschlusskonzert. Ich glaube, da stehen wir im Vergleich ganz gut da. Ich finde, es ist völlig müßig, sich über Zahlen zu streiten. Natürlich muss man alles hinterfragen. Es geht darum, dem Publikum Kunst und Konzerte in diesen schwierigen Zeiten zu bieten. Und da habe ich so viele dankbare Gesichter gesehen, glückselig und teilweise mit Tränen in den Augen - gerade bei diesen Gezeitenkonzerten. Das ist ein ganz großes Geschenk
Viele sagen, Dienstleistungen, Technik, Energie, Infrastruktur wird alles teurer. Ist das auch die große Herausforderung für die Zukunft bei der Planung eines Festivals?
Kirschnereit: Selbstverständlich. Davon müssen wir traurigerweise ausgehen, und es gilt sehr gut zu disponieren und sehr gute, sehr werthaltige Programme anzubieten. Da sind wir bei den Gezeitenkonzerten bestens aufgestellt. Glücklicherweise ist in diesem schwierigen Jahr in diesem besonderen Jahr beispielsweise auch der Freundeskreis wieder dramatisch gewachsen. Wir haben jetzt 838 Mitglieder im Freundeskreis. Und auch der Kreis der Förderer wird immer größer. Das spricht für eine ganz große Identifikation mit den Gezeitenkonzerten und das ist etwas ganz Beglückendes. Beim Abschlusskonzert habe ich das wieder erlebt. Es waren 1.300 Besucher - und dann in der Pause steht man dann bei einem Glas Wein oder Bierchen mit einem Matjesbrot oder einer Bratwurst im Sonnenschein - das ist wie ein gigantisches Familientreffen. Alle wollen dabei sein, und es ist etwas ganz Außerordentliches und es wurde wirklich frenetisch gefeiert.
Das Interview führte Philipp Schmid