De Reeperbahn ist beim Reeperbahn Festival 2023 beleuchtet. © NDR/ Matthes Köppinghoff
De Reeperbahn ist beim Reeperbahn Festival 2023 beleuchtet. © NDR/ Matthes Köppinghoff
De Reeperbahn ist beim Reeperbahn Festival 2023 beleuchtet. © NDR/ Matthes Köppinghoff
AUDIO: Reeperbahn Festival: So war der Eröffnungsabend (4 Min)

Reeperbahn Festival - Tag 1: Wieder mittendrin auf St. Pauli

Stand: 21.09.2023 10:04 Uhr

In den Clubs auf und um Hamburgs Amüsiermeile steigt Europas größtes Clubfestival: das Reeperbahn Festival. Im Blog erzählt NDR Musikjournalist Matthes Köppinghoff von den Festivaltagen auf dem Hamburger Kiez - und von großen und kleinen Entdeckungen in der Popkultur.

von Matthes Köppinghoff

Wer mich noch nicht kennt: Ich bin Matthias Köppinghoff, genannt Matthes, und schreibe für den NDR den Reeperbahn Festival-Blog. In den letzten Jahren bin ich bis tief in die Nacht bei Europas größtem Clubfestival durch St. Pauli gezogen … und in diesem Jahr, bei der 18. Ausgabe, darf ich zum neunten Mal von hier für euch bloggen. Herzlich Willkommen also zum Reeperbahn Festival 2023!

Die erste Station: Der N-JOY Reeperbus

Der N-JOY Reeperbus beim Reeperbahn Festival 2023. © NDR/ Matthes Köppinghoff
Beim N-JOY Reeperbus erlebt ihr kostenlose Mini-Konzerte der Festivalkünstler*innen.

Der Festivalstart ist in diesem Jahr angenehm sonnig und warm: Ungeduldig stehe ich in der Warteschlange für meine Pressebändchen, um dann doch schon wenig später über den Spielbudenplatz zu schlendern. Wie in den letzten Jahren ist das meine erste Anlaufstelle, weil sich das immer als gute Strategie herausgestellt hat: Erstens kann man sich hier prima verabreden, zweitens gibt's hier auch Livemusik, sogar für Leute ohne Festivalbändchen. Und weil ich auch ein paar der Leute beim N-JOY Reeperbus kenne, kann ich direkt zum Radiopreis gratulieren - denn damit wurden die Kolleg*innen vor kurzem ganz frisch in der Kategorie "bestes Musikformat" ausgezeichnet.

Weitere Informationen
Der N-JOY Reeperbus bei Sonnenuntergang auf dem Reeperbahn Festival 2020. © NDR/N-JOY Foto: Benjamin Hüllenkremer

N-JOY Reeperbus 2023: Das Programm

Gute Live-Musik unter freiem Himmel: Der N-JOY Reeperbus wurde mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet! Das wollen wir auf dem Reeperbahn Festival natürlich feiern - mit euch und kostenlosen Mini-Konzerten der Festival-Acts! mehr

Ein sonniger Start ins Festivalwochenende

NDR Musikjournalist Matthias "Matthes" Köppinghoff beim Reeperbahn Festival 2020. © NDR Foto: Benjamin Hüllenkremer
Musikjournalist Matthes schlägt sich für den Reeperbahn Festival-Blog die Nächte um die Ohren.

Mein musikalischer Start besteht in diesem Jahr aus Damona und Jolle, später schaue ich mir auch noch ein wenig Antje Schomaker und Picture This aus Irland an. Hier ist schon ganz gut was los; eigentlich geht es mittwochs eher noch gemächlich zu, aber heute ist hier bereits recht viel Publikumsverkehr. Das mag einerseits am guten Wetter liegen, aber hier sind auch viele mit einem Eintagesticket angereist, die "einfach mal gucken wollen".

Okay, die Jahre 2020 und 2021 waren Corona-bedingt furchtbar für das Reeperbahn Festival, im vergangenen Jahr musste man sich dann wieder etwas eingrooven. In diesem Jahr scheint es endgültig zur Normalität und zum Standard vor der Pandemie zurückzufinden, als man noch ohne größere Planung hier hingefahren ist. Laut Presseinfo werden so knapp 50.000 Besucher*innen und 4.000 Fachbesucher*innen 2023 erwartet. Mal schauen, wie viele also in den nächsten Tagen vorbeischauen werden und wie voll es wirklich wird!

Auf geht's in die Clubs!

Auch wenn es schön ist, bei herrlichstem Herbstwetter auf dem Spielbudenplatz rumzusitzen und sowohl meinen Hut als auch meine Lederjacke durchzuschwitzen, ist das Reeperbahn Festival vor allem ein Clubfestival und davon soll ich schließlich auch berichten. Daher finde ich mich wenig später im Chikago (ja, das ist kein Tippfehler, sondern heißt wirklich so, zu finden kurz hinter dem Hans-Albers-Platz, schräg gegenüber von der Herbertstraße) bei Spill Tab ein. Dahinter steckt die französisch-koreanische Musikerin Claire Chicha, die ich auf Platte eigentlich mochte. Hier in dem verwinkelten Laden versinkt die Musikerin samt Band aber leider in einem furchtbar dumpfen Soundmatsch. Passiert schon mal, denke ich mir achselzuckend, und ziehe weiter. Eine Lehre der letzten Jahre: Im Zweifel zum nächsten Konzert gehen, schließlich findet zeitgleich ein besserer Auftritt von irgendwem statt.

Indie-Pop-Rock aus Köln mit Sparkling

Sparkling spielen beim Reeperbahn Festival 2023 in der Prinzenbar. © NDR/ Matthes Köppinghoff
2013 gründete sich die Band Sparkling. Sie überzeugt mit einem Hybrid aus Rock und Dance.

Das erste richtig gute Konzert sehe ich später in der Kastanienallee, konkreter: in der Prinzenbar. Hier spielt die dreiköpfige Band Sparkling aus Köln, die aufmerksame Leser*innen vielleicht schon von mir kennen: Wenn ich mich nicht täusche, habe ich schon im Blog 2019 von denen geschwärmt, von Songs, die meistens auf Englisch, aber auch auf Deutsch oder Französisch gesungen werden. Ende Oktober bringen Sparkling jedenfalls ein neues Album raus, ein paar neue Songs davon gibt's heute Abend auch. Und der Laden ist voll, ganz so falsch kann ich also damals nicht mit meiner Meinung gelegen haben. Hinter mir rechts höre ich Arctic-Monkeys-Vergleiche, vor mir links ist man erstaunt, dass die drei aus dem rechtsrheinischen Köln-Kalk kommen - so geht dieses Konzert sehr kurzweilig schnell vorbei.

Flanieren über den Kiez und Glück bei Arlo Parks

Wieder draußen, lasse ich mich etwas treiben; vorbei an Kneipen, Bistros und Kiosken, die von Anhänger*innen der Musikbranche geflutet sind: Musikjournalist*innen, Label-Leuten und Künstler*innen - das Reeperbahn Festival ist vor allem auch ein Knotenpunkt zum Netzwerken. Auf das kultige Abhängen an Kiosken im Kontext der allmächtigen Musikindustrie komme ich bestimmt noch in den nächsten Tagen zu sprechen - aber jetzt nehme ich euch erstmal mit ins Operettenhaus.

Eigentlich hatte ich gar nicht mehr damit gerechnet, reingelassen zu werden, aber als ich sehr pünktlich eintreffe und mein Glück versuche, werde ich noch durchgelassen und kann mir Arlo Parks anschauen. Zwei Alben hat die Künstlerin aus London bisher veröffentlicht, "Collapsed In Sunbeams" wurde sogar mit dem renommierten Mercury Prize ausgezeichnet. Ihre Musik kann ich allen von ganzem Herzen empfehlen, daher will ich heute wissen, wie ihre Songs live wirken.

Ein echtes Highlight: Arlo Parks

Arlo Parks spielt beim Reeperbahn Festival 2023. © NDR/ Matthes Köppinghoff
Arlo Parks regt zum Tanzen an.

Das Negative vorweg: Der Sound ist hier heute recht dünn. Schade, denke ich mir, auch dieses Sitzen passt irgendwie nicht so recht (zugegebenermaßen hatte sich da mein 40-jähriger Musikjourno-Körper darauf sehr gefreut), da hätte ich mich schon lieber ein bisschen bewegt. Dennoch, mein Urteil: Wer Arlo Parks und ihre Musik nicht mag, ist ein schlechter Mensch. Die Musikerin aus London erzählt, dass sie sehr dankbar ist, hier zu sein, auch in dieser Location und zu dieser Uhrzeit - sie hätte schon hier beim Reeperbahn Festival gespielt, umso schöner, nun ganz prominent am Eröffnungstag auftreten zu können.

An ihrer Performance gibt's nichts auszusetzen, bei "Too Good" stehen die Leute sogar auf, um zaghaft zu tanzen (endlich!), wobei bei meinem Favoriten "Black Dog" dann doch wieder an die Etikette gedacht und sich hingesetzt wird. Und der Sound bekommt auch nicht mehr Wumms. Nun ja. Ich nörgle aber auch gern, und hey: Was für ein Glück, ich bin reingekommen, ohne mich vorher in die endlos lange Schlange stellen zu müssen!

Das letzte Konzert für heute: Shitney Beers

Shitney Beers spielen beim Reeperbahn Festival 2023 in einem Club. © NDR/ Matthes Köppinghoff
Das Headcrash ist beim Auftritt von Shitney Beers gut gefüllt.

Bisher zufrieden, mache ich mich auf zum Headcrash auf dem Hamburger Berg, zu meinem letzten Termin für den ersten Festivaltag. Shitney Beers treten hier heute auf. Dahinter steckt vor allem die Musikerin Maxi Haug aus Hamburg, das zweite Album "This Is Pop" ist im Dezember beim Label Grand Hotel van Cleef erschienen. Singer-Songwriterinnen-Indie-Rock, mal augenzwinkernd-selbstironisch, mal zerbrechlich-zart - das ist genau meine Art von Feierabendsoundtrack. Und wie man schon zwischen den Zeilen bemerkt, gefällt mir auch dieses Konzert - vor allem der Song "Keys" vom ersten Album. Und so ist auch schon der erste Tag vorbei, und ich mache mich auf den Weg nach Hause, um diesen Text hier in meinen Laptop zu tippen.

Meine Tipps für den Donnerstag

Zu allererst: Keine Panik vor unbekannten Namen! Da müssen sich alle anderen auch durchhören und die Musik für sich entdecken, und genau das macht ja auch den Reiz dieses Festivals aus. Meine Empfehlungen sehen in etwa so aus: Vermutlich fange ich mit Goldkimono um 14 Uhr im Molotow an; am gleichen Ort würde ich mir gern anderthalb Stunden später Loupe anschauen. In der Großen Freiheit gibt's dann einmal Antje Schomaker (19:30 Uhr) und Grandbrothers (21:20 Uhr). Luna Morgenstern (19:30, Prinzenbar) finde ich auch spannend, neugierig bin ich auch auf Loveless - die spielen aber zeitgleich im Uebel & Gefährlich, das wird wohl leider nix. Mein großer Tipp für das Wochenende sind Lena&Linus, die spielen noch mehrfach in den nächsten Tagen, am Donnerstag aber zum ersten Mal - gibt's um 20:40 Uhr beim N-JOY Reeperbus.

Und ansonsten rate ich zu: Hansemädchen (20:30 Uhr, Festival Village), Moss Kena (20:40 Uhr, Spielbude XL), von Thala hatte ich bereits vor zwei Jahren geschwärmt, sie spielt dieses Jahr um 20:45 Uhr im Sommersalon. The Last Dinner Party (sogar eine Empfehlung von Festivalboss Alex Schulz) und The Staves habe ich geistig auch unter "gut" einsortiert - mal schauen, ob ich das auch noch schaffe, und dann wäre da auch noch der voraussichtliche Abschluss um 23 Uhr in der St. Pauli-Kirche mit Bernhoft … ach Mensch, oder Hannes (23:20 Uhr, Gruenspan).

Aber wer weiß: Vielleicht kommt es auch ganz anders. Wäre ja nichts Neues. Jetzt gehe ich kurz schlafen - in diesem Sinne: Bis später!

Weitere Informationen
Alexander Schulz © NDR.de Foto: Christina Grob

Alexander Schulz: Wohin steuert das Hamburger Reeperbahnfestival?

Geschlechtergerechtigkeit, Nachwuchsmangel, KI - Der Gründer erzählt wie das Clubfestival dazu steht und - gibt einen Geheimtipp! mehr

Zuschauer auf dem Reeperbahnfestival 2021 © NDR/Julian Rausche Foto: Julian Rausche

Zum 18. Mal: Das Reeperbahn Festival wird volljährig

Zum größten Clubfestival Europas werden gut 50.000 Besucher erwartet. An 60 verschiedenen Spielorten treten überwiegend Newcomer auf. mehr

NDR Vokalensemble mit Elektrokünstler Stimming beim Konzert (Reeperbahn Festival 2023) © NDR / David Lössl

Reeperbahn Festival: voiceXchange #5 mit NDR Vokalensemble & Stimming

Vokalmusik trifft auf Live-Elektronik: Sängerinnen und Sänger des NDR Vokalensembles begegnen Martin Stimming im Gruenspan. mehr

Impressionen vom Spielbudenplatz beim Reeperbahn Festival © Reeperbahn Festival 2021/Lisa Meinen Foto: Lisa Meinen
59 Min

Reeperbahn Festival Special mit Stephan Fritzsche (1/2)

Mit Festivalsprecher Frehn Hawel gibt Stephan Fritzsche einen Ausblick auf das Reeperbahn Festival 2023. 59 Min

Impressionen vom Spielbudenplatz beim Reeperbahn Festival © Reeperbahn Festival 2021/Lisa Meinen Foto: Lisa Meinen
59 Min

Reeperbahn Festival Special mit Stephan Fritzsche (2/2)

Mit Festivalsprecher Frehn Hawel gibt Stephan Fritzsche einen Ausblick auf das Reeperbahn Festival 2023. 59 Min

 

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 20.09.2023 | 09:40 Uhr

This Band is Tocotronic, Cover
Podcast von ARD Kultur, rbb, NDR Kultur © ARD

"This Band is Tocotronic" in der ARD Audiothek

Der Podcast von rbb und NDR erzählt die Geschichte der Band. extern

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Benjamin Hüllenkremer

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Lotto King Karl steht auf einer Bühne und singt, hinter ihm drei Musiker seiner Band. © Screenshot

Hamburg: Lotto King Karl eröffnet Open-Air-Saison im Stadtpark

Der Kultmusiker hat dort am Sonnabend vor 4.000 Fans gespielt. Bis September gibt es 44 Konzerte, von Rap bis Comedy. mehr