"Alles weird gut": Ein Atelierbesuch in der qvartr Gallery
Mats Matthée ist einer der zwölf Künstler, die in der neuen qvartr Gallery in Hamburg-Altona arbeiten. Am 25. und 26. November bespielt er die Räumlichkeiten mit seiner ersten Solo-Show "Alles weird gut".
Es riecht nach Acryl im Atelier von Mats Matthée. Der 30-Jährige steht kurz vor seiner ersten Solo-Ausstellung "Alles weird gut" und will bis zur Vernissage noch einiges schaffen. Ausgerechnet in der Corona-Pandemie traf Matthée die Entscheidung, seinen sicheren Agenturjob an den Nagel zu hängen und es als selbstständiger Künstler zu versuchen. Seit Anfang des Jahres hat sich der studierte Kommunikationsdesigner in der neuen qvartr Gallery in Hamburg-Altona in einem von insgesamt zwölf Ateliers eingemietet.
Mats Matthée: Künstler der Wortspiele
Der kleine Raum ist gemütlich mit Couch, Perserteppich und Schreibtisch eingerichtet. An den Wänden hängen Bilder - andere liegen auf dem Fußboden zum trocknen. An einer Wand sind die Leinwände aufgehängt, auf denen Matthées Kunstwerke entstehen, die sich mit Wortspielen befassen. Aus einem Blumenstrauß wird bei ihm ein langbeiniger Vogel, aus dessen Körper Blumen zu wachsen scheinen.
Die Frage "Kaffee oder lieber Tee?" beantwortet er mit einer Freiheitsstatue auf knallgelbem Untergrund, die eine Kaffeetasse in die Höhe steckt: "Liberté" - statt "lieber Tee". Und aus scharfen Jalapeños werden bei ihm knallbunte "Colour-Peños". Mit Wortspielen hatte er sich schon in der Schule beschäftigt: "Damals waren sie manchmal auch noch etwas stumpf", schmunzelt Matthée, aber letztlich sei es das gewesen, was ihm immer am meisten Spaß gemacht habe.
Schwierige Lage für selbständige Künstler
Dass er nun seine erste große Solo-Show in einer Galerie zeigen kann und nicht etwa ein Café oder eine Wand in einem Restaurant anmieten muss, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Überhaupt sei die Lage als selbstständiger Künstler nicht immer einfach in Hamburg: Die Mieten seien teuer, ein gutes Atelier kaum zu bekommen. Als Matthée Anfang des Jahres auf Instagram von der qvartr Gallery hörte, reichte er deshalb umgehend eine Bewerbung mit möglichen Besichtigungsterminen ein und wurde so einer der zwölf ersten Residents. In den großzügigen Räumlichkeiten war vorher ein Schuhgeschäft ansässig. Jetzt gehören sie zur stakebox GmbH, die direkt obendrüber unter anderem Innenräume von Vans aufmöbelt.
Linda Pulver ist seither neben ihrem Vollzeitjob auch noch passionierte Eventmanagerin in der Galerie. Die Idee sei, einen Anlaufpunkt für Menschen mit Haltung zu schaffen: "Also ganz klar politisch, eher links orientiert, gegen Diskriminierung, gegen Sexismus." Die Galerie zeigt sowohl externe Schauen, kuratiert aber auch selbst. Oftmals zu brandaktuellen Themen mit sozialer Dimension. Ein Teil der Einnahmen wird gespendet.
qvartr Gallery in Hamburg-Altona: "Bock auf Kunst"
Das Konzept stößt offensichtlich auf Interesse: Bei der vergangenen Ausstellung "The future is not female", bei der ausschließlich FLINTA*-Personen ihre Werke zeigten, tummelten sich unter anderem der Musiker König Boris von Fettes Brot, Viva-con-Agua-Gründer Benjamin Adrion und der Rapper Fatoni auf der proppenvollen Vernissage. Dass die neuen Inhaber die Location auch kommerzieller hätten ausschlachten können - Nebensache. "Mein Chef hat gesagt: Ich habe Bock auf Kunst, wollen wir das ausprobieren? Und wir alle haben gesagt: Ja, lass mal machen!", lacht Linda Pulver.
Von dem bunten Treiben in den neuen Räumlichkeiten profitiert auch Matthée. Immer wieder klopft es an der Tür. Kolleg*innen stecken neugierig den Kopf rein: "Ich wollte nur mal schnell hallo sagen". Es sei nie vorhersehbar, was passiere, wer komme. So habe er schon Künstler getroffen, denen er seit Jahren auf Instagram folge. Für ihn ein inspirierendes Umfeld - wo immer etwas passiere, neues entstehe. Nicht ganz unrelevant für einen freischaffenden Künstler.
Mit Rolle, Spachtel und Apothekerspritze
Denn von der Idee bis zum fertigen Bild ist es durchaus ein langer Weg. Inspiration findet Matthée überall: in Gesprächen mit Freunden, im Alltag, berichtet er. Sobald er ein Konzept entwickelt habe, nehme er sich eine seiner Leinwandrollen vor: "Die wird an die Wand getackert und dann mit Acrylfarben bearbeitet." Seine Bilder haben auch deshalb einen hohen Wiedererkennungswert, weil Matthée besondere Werkzeuge benutzt. Er arbeitet am liebsten mit Rollen und Spachteln sowie einer Apothekerspritze für die schwarzen Konturen. Für seine Texte hat er sich einen kiloschweren Bleisatz angeschafft. Auch die Rahmen baut er selbst. Pinsel stehen überhaupt nur zum Mischen der Farben in seinem Atelier.
Gerade jetzt vor der ersten großen Solo-Schau steigt der Druck. "Ich bin schon aufgeregt - aber ich freue mich auch!", sagt Matthée. Normalerweise versuche er sich an eine Arbeitsroutine zu halten, gegen halb zehn anzufangen und am späten Nachmittag nach Hause zu gehen. Aktuell bleibe er immer häufiger bis spät in die Nacht.
"Alles weird gut": Ausstellung am 25. und 26. November
Von der 450 Quadrameter großen Ausstellungsfläche will er am 25. und 26. November etwa die Hälfte bespielen. Das heißt, es sollen etwa 15 Werke zu sehen sein, von denen einige als Serie konzipiert sind. Eine besondere Chance, die auf Matthée wartet. Er kann der Öffentlichkeit in einem professionellen Rahmen "Hallo" sagen und Hamburg zeigen, dass jetzt ein neuer Künstler unterwegs ist. "Ich möchte meinen Namen auf die Karte setzen. Die Leute dürfen gerne wissen, dass jetzt was kommt. Und dann soll auch noch mehr kommen!" Getreu seinem eigenen Motto: "Alles weird gut!"