"Bin wahnsinnig stolz": Andreas Dresen ist Schwerins neuer Ehrenbürger
Die Stadt Schwerin verleiht seit 180 Jahren ein Ehrenbürgerrecht, erst zweimal wurden dabei Künstler ausgezeichnet: der Musiker Clemens Meyer (1958) und der Maler Carl Hinrichs (1989). Nun ist in Andreas Dresen ein Regisseur dazugekommen.
Der 61 Jahre alte Filmemacher bekam die Urkunde am Donnerstag im Altstädtischen Rathaus in Schwerin feierlich von Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) überreicht. Badenschier würdigte Dresen als einen der prägendsten Filmemacher Deutschlands in den zurückliegenden drei Jahrzehnten. "Als ostdeutscher Künstler findet Andreas Dresen Bilder, die die Ambivalenz der deutschen Gegenwart und Vergangenheit zeigten und zugleich Polarisierungen entgegenwirkten", sagte der Oberbürgermeister. Solche Perspektivwechsel seien wichtig in einer Demokratie. "Sie tragen zur Verständigung und zur Selbstvergewisserung bei, die heute nötiger denn je ist", betonte der Politiker.
"Ich bin wahnsinnig stolz" Andreas Dresen über seine Ehrenbürgerschaft
Schon als Abiturient führte Dresen Regie
Regie führte Dresen das erste Mal 1982, als er kurz vor dem Abitur stand und mit zahlreichen Mitschülern den Urfaust auf die Bühne brachte, besser gesagt in eine Turnhalle: "Das war eine sehr, sehr lebendige Sache, weil wir gar keine Mittel hatten. Es gab auch keine Aula an der Schule. Es gab halt nur diese Turnhalle und haben wir das mit Sportgeräten gespielt."
Die Zuschauer hätten in der Mitte der Halle auf Matten gesessen, erzählt Dresen und ergänzt: "Die Leute, die damals mitgemacht haben, die reden bis heute davon. Und es war wirklich eine schöne Erfahrung, so auf eine ganz ursprüngliche Art zu erleben, wie Theater funktioniert."
Von der Theaterbühne hinter die Filmkamera
Aber Dresen lernt auch früh die große Bühne kennen, als Statist des Großen Hauses im Mecklenburgischen Staatstheater: "Das waren beides Aufführungen von Christoph Schroth und ich kann mich gut an diese Theaterabende erinnern. Ich musste bei 'Das siebte Kreuz' auf einer Leiter stehend auch ein Lied singen, irgendwie als Hitlerjunge angezogen. Das war sehr aufregend, diese Theaterwelt mal aus einer anderen Perspektive zu erleben. Ich kannte sie natürlich als Kind von hinter der Bühne. Ich kannte auch das Kantinenleben. Aber selber da mal 'rauszugehen, das war schon eine sehr besondere Erfahrung."
Geboren im thüringischen Gera, wuchs Dresen in Schwerin auf - in einer Theaterfamilie: Sein Vater Adolf Dresen war Regisseur, seine Mutter Barbara Bachmann ist Schauspielerin und im Regisseur Schroth hatte er einen Ziehvater. Doch Andreas Dresen zog es statt auf die Bühne mehr hinter eine Filmkamera.
Mitglied der Jury beim Filmkunstfest Schwerin
Und mit seinen Arbeiten kam er dann auch immer wieder nach Schwerin - zum Filmkunstfest - zurück. Sein Spiefilmdebüt "Stilles Land" erlebte dort 1992 seine Uraufführung. Für "Raus aus der Haut" (1998), "Nachtgestalten" (1999) sowie für "In Liebe, Eure Hilde" (2024) erhielt Dresen jeweils den Hauptpreis des Wettbewerbs, den "Fliegenden Ochsen".
Von der Ehrung im vergangenen Jahr erfuhr der Regisseur in Sydney, kurz vor einer Kinotour mit dem Film durch Australien: "Ja, es war irre. Ich bin in Sydney nach einem rund 30 Stunden Flugzeit gelandet und war völlig durch. Irgendwann im Hotel habe ich dann mein Handy angeschaltet. Und da kam als erstes die Nachricht, dass wir in Schwerin den Hauptpreis gewonnen haben. Und da ich mich natürlich wahnsinnig gefreut."
Und beim diesjährigen Filmkunstfest (noch bis Sonntag) darf er als Vorsitzender der Spielfilmjury mitentscheiden, welcher Film diesmal den "Fliegenden Ochsen" erhält.
Dresen: "Reich beschenkt von meinem Leben"
Von seinem bisherigen Leben fühlt sich der Regisseur "reich beschenkt", wie er dem NDR in einem langen Interview anlässlich seines 60. Geburtstages verriet: "Bestimmte Träume haben sich zwar auch nicht realisiert, aber das gehört, glaube ich, zu jeder Biografie irgendwie dazu. Aber ich habe einen Beruf, der mir Spaß macht, von dem ich zum Glück mittlerweile leben kann. Das empfinde ich auch als großes Geschenk."
Deutscher Filmpreis für "In Liebe, Eure Hilde"?
Ebenso, dass er viele Länder bereisen dürfe, wenn seine Filme herauskommen: "Ich bin neugierig und es hängt ja nicht zuletzt auch von mir ab, was da noch kommt. Ob ich mich eben auch genug anstrenge, neue Dinge noch zu entdecken und nicht bequem zu werden und einzuschlafen." Ganz konkret dürfte Andreas Dresen jetzt dem Wochenende entgegenfiebern, denn "In Liebe, Eure Hilde" ist in insgesamt sieben Kategorien nominiert, darunter auch für die Beste Regie.
