Eine Art Trance: Sasha Waltz mit "In C" in der Elbphilharmonie
Standing Ovations in der Elbphilharmonie? Das kommt nicht häufig vor. Grund für den Jubel waren Sasha Waltz und ihre Compagnie. Schon zur Eröffnung der Elphi hatten ihre Tänzer und Tänzerinnen das Publikum begeistert.
"Die Elphi habe ich noch nie so erlebt. So ein Toben! Und die zwölf Tänzer und Tänzerinnen haben sich richtig gefreut, hatte ich den Eindruck", sagt eine Zuschauerin voller Begeisterung. Besser geht's eigentlich nicht. Die berühmte Choreografin Sasha Waltz und ihre wirklich außerordentlich energetischen Tänzer und Tänzerinnen haben die Elbphilharmonie zum Beben gebracht, das Publikum zum Schwärmen:
"Alle waren so im Moment, man war die ganze Zeit gefesselt. Man konnte an gar nichts anderes denken. Die Aufmerksamkeit war komplett gefesselt. Es war so eine tolle Energie im ganze Saal."
"Die Tänzer hatten tollen Kontakt untereinander. Die haben sich zum Teil angelacht. Auch in der Kombi mit der Musik, die viele Spannungsbögen hatte. Es war keine Minute langweilig."
"Ich bin völlig mitgegangen. Es hat so einen Flug. Und obendrein die Musik, die mag ich auch sehr gerne."
Reaktionen aus dem Publikum
Ein Stück revolutionäre Musikgeschichte
Von der reinen Draufsicht keine leichte Kost. Zu hören gab es einen Meilenstein der Minimal Music: "In C" von Terry Riley, ein Stück revolutionäre Musikgeschichte aus dem Jahr 1964. Eine festgeschriebene Partitur auf nur zwei Seiten. "Das sind sehr kurze musikalische Vignetten. Und die werden hintereinander weg chronologisch aufgeführt - von 1 bis 53", erklärt die Choreografin Sasha Waltz. Und weiter: "Die Musiker dürfen entscheiden, wann sie von der einen zur anderen wechseln wollen. Und so entstehen dann Überlagerungen, es verschachtelt sich und wird ganz komplex."
Sasha Waltz hatte Rileys Musik nicht mehr losgelassen, als sie während der Pandemie auf der Suche nach einem Projekt war: "Das hatte so eine tolle Energie und eine so lebendige, lebenspositive Kraft, dass ich das genau für diese Zeit wichtig fand."
Die Wechsel sind individuell und immer wieder anders
Die Choreografin hat analog zu Rileys System 53 Bewegungsfiguren geschaffen: manche ganz klein und nur ein Schulterzucken, manche ausladend, mit großen Schritten, die Arme weit, den Raum einnehmend. Auch die Tänzer und Tänzerinnen sind wie die Musiker frei in der Entscheidung, wann sie von einer Figur zur nächsten wechseln.
"In C" gehört seit 2021 zu einem der erfolgreichsten Projekte der Tanzcompagnie Sasha Waltz & Guests. Und keine Vorstellung war wie die andere. Das Publikum ist praktisch beim Entstehungsprozess mit dabei. In der Elbphilharmonie saßen diesmal auch drei Musiker mit auf der Bühne: The Young Gods aus der Schweiz.
Sie treiben den Abend mutig und konzentriert voran, bis zu einer Art Trance. Genauso wie die Tänzer und Tänzerinnen, bei denen man sich irgendwann fragt, wie sie es auch nach 60 Minuten noch schaffen, geschmeidig exakt auf den Beinen zu bleiben.
"In C": Ein voller Erfolg
Sasha Waltz wollte ein Stück schaffen, das Freude schenkt und auch das Publikum in einen Rausch, ein Hochgefühl versetzt. Aber es ist noch viel mehr: "Es ist eigentlich eine Regieanweisung in Demokratie, im gemeinsamen Schaffen und in Verantwortung miteinander. Manchmal ist es auch sinnvoll, zurückzustehen und vielleicht nicht das zu machen, was ich ursprünglich wollte, sondern was die Gruppe in dem Moment anbietet. Dadurch entsteht auch eine unglaubliche Kraft", erklärt sie.
Sasha Waltz & Guests - nach sieben Jahren wieder im Großen Saal der Elphi, ein voller Erfolg. Und sicher nicht das letzte Mal, dass "In C" auf den Bühnen zu sehen ist. Die Choreografin selbst ist allerdings schon wieder mit dem nächsten Projekt beschäftigt: Die Johannespassion von Bach.