Chloé Delaumes "Das synthetische Herz": Die Seele behüten
Chloé Delaume erobert in Frankreich die Bestsellerlisten und wurde schon mit etlichen Literarturpreisen ausgezeichnet. Nun erscheint ihr neuer Roman "Das synthetische Herz" auf Deutsch.
Die Heldin dieser Geschichte heißt Adélaïde, eine schöne, selbstbewusste Frau, die in der Presseabteilung eines Verlages arbeitet und dafür zuständig ist, dass der jeweils neue Star, die neue Autorin oder der neue Autor des literarischen Programms, möglichst viele Interviews geben kann und noch am allerbesten mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wird. Sie ist brillant in ihrem Job. Privat läuft es gerade nicht so gut. Ihr Herz schmerzt bei jedem Schlag, nun zieht sie mit Sack und Pack in eine winzige Wohnung. Bisher hatte sie jeden Mann für einen anderen verlassen. Diesmal geht sie, ohne eine neue Liebe zu haben. Zwar empfindet sie heftigen Abschiedsschmerz, aber sie geht. Noch ahnt sie nicht, was ihr bevorsteht:
Dies ist die Geschichte einer Rose, die noch nicht weiß, dass sie zum Mauerblümchen wird. Adélaïde Berthel ist eine Frau wie viele andere. Für die mit sechsundvierzig Jahren das Ende der Mädchenträume eingeläutet wird. Leseprobe
Chloé Delaume: Leben der Autorin von Tragik überschattet
Adélaïde hat sehr gute Freundinnen, die sie seit vielen Jahren kennt und die ihr nun jede Menge Ratschläge geben, wie man einen neuen Mann finden könnte. Sie haben alle ihre Erfahrungen im Gepäck mit verheirateten Geliebten, mit wechselnden Beziehungen oder unglücklichen Ehen. Das schlimmste ist die Unfähigkeit, allein zurecht zu kommen. Unsere Heldin ist diejenige: "Die jetzt die Einsamkeit erlernt wie eine Exilantin eine fremde Sprache", wie es im Buch heißt.
Die Biographie der Autorin Chloé Delaume ist von so großer Tragik überschattet, dass man nur ahnen kann, wie genau sie das Gefühl abgrundtiefer Einsamkeit kennt. Als sie zehn Jahre alt war, tötete ihr Vater die Mutter vor ihren Augen und beging dann Selbstmord. Über die Kindheit und Jugend ihrer Heldin Adélaïde erfährt man im Roman nichts. Lesend begleiten wir sie zu wilden Partys und exzessiven Verabredungen. Sie erlebt frisches Verliebtsein und immer wieder bittere Enttäuschungen. Sie kämpft gegen etwas, das sie und ihre Freundinnen das "Heiratsjucken" nennen. Irgendwann hat sie dann in Drachenblut gebadet:
Die Einsamkeitsbäder haben gewirkt, sie stellt fest, dass sie von akutem Heiratsjucken geheilt ist. Leseprobe
Chloé Delaume schreibt großstädtisch und elegant
Jeder weiß, dass die Hochzeit zweier Menschen nicht, wie es wieder und wieder in Filmen oder Unterhaltungsromanen dargestellt wird, der Anfang des Glücks sein muss. Unsere Heldin stellt fest, dass sie mit ihren sechsundvierzig Jahren anfängt, für Gefährten ihres Alters unsichtbar zu werden.
Adélaïdes Herz ist alt geworden. Es akzeptiert die Wirklichkeit, es kann sich schützen. Es will nicht mehr bluten, dann lieber leer bleiben. Adélaïdes Herz wäre gern einbalsamiert. Leseprobe
Chloé Delaume schreibt großstädtisch, elegant, ihre Sprache ist schnell und gebildet - hervorragend übersetzt von Claudia Steinitz. Die einzelnen Kapitel haben als Überschriften Titel berühmter Romane oder großer Chansons. Sie lotet tapfer seelische Abgründe aus und bietet zwei Möglichkeiten, wie die Geschichte ausgeht.
Liebe ist, wenn sich zwei Einsamkeiten ergänzen, ohne sich zu verschlingen. Leseprobe
Wer allein lebt, wird so manche Stürme, die Chloé Delaume beschreibt, kennen und vielleicht herausfinden, wie man die eigene Seele behüten könnte.
Das synthetische Herz
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- übersetzt von Claudia Steinitz
- Verlag:
- Liebeskind
- Veröffentlichungsdatum:
- 24. Januar 2022
- Bestellnummer:
- 978-3954381432
- Preis:
- 20,00 € €
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