Der Göttinger Literaturherbst beginnt
Am Samstag beginnt in Göttingen der Literaturherbst. Das Festival soll politischer als in den vergangenen Jahren werden, mit Autorinnen und Autoren die gegenwärtige Debatten abbilden. Begleitend werden seit gestern Bilder von Günther Grass ausgestellt, den immer die aktuellen Fragen seiner Zeit beschäftigten.
Der Buchstabe C in blauer Serifenschrift hängt als Kunstwerk an der Wand im Grass Archiv. Wie Efeu wird das C von Wörtern in Schreibschrift umschlungen, die meistens nicht zu entziffern sind. Gemalt hat das Bild Günther Grass, der mehr als nur Autor gewesen sei. "Man lernt jetzt Günter Grass als Buchgestalter kennen. Das war schon immer ein wichtiges Anliegen für ihn. Er hat alle seine Buchumschläge selbst gestaltet. Das lernt man hier bei Grimms Wörter kennen", sagt Lisa Kunze, die zusammen mit Heinrich Detering "Grimms Wörter" kuratiert hat. Die beiden setzen den Fokus auf Grass als bildenden Künstler und zeigen seine Entwürfe für Skulpturen und Kunstwerke, die nur aus Zahlen bestehen. Es sind eher unbekannte Arbeiten.
Günter Grass als spielerischer Künstler
"Hier gibt es eine Seite von Günter Grass zu entdecken, die oft vergessen wird, und das ist die sinnliche, spielerische, die spaßorientierte Seite des Künstlers Grass. Man denkt bei Grass immer an die großen politischen Botschaften, an die schwerwiegenden Zeitdeutungen. Aber Grass war auch ein Spieler und Spaßmacher und diese Ausstellung sollte vor allen Dingen Spaß machen", meint Heinrich Detering.
Auftritte von Robert Menasse und Kim de l'Horizon
Grass´ Bilder sind ein Teil des diesjährigen Programm des Göttinger Literaturherbstes und können während der gesamten Zeit kostenlos angesehen werden. Vor allem soll es bei dem Literaturfestival aber natürlich um die Bücher dieser Saison gehen. Robert Menasse zum Beispiel wird aus seinem neuen Roman "Die Erweiterung" vorlesen. Und auch Kim de l'Horizon - gerade erst mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet - tritt gleich zweimal auf.
Programm von gegenwärtigen Debatten geprägt
Das Programm sei in diesem Jahr insgesamt durch gegenwärtige Debatten geprägt, so Johannes-Peter Herberhold, Leiter des Literaturherbstes: "Wir haben auch sehr viele politische und gesellschaftlich relevante Themen im Programm. Ich denke, das bilden die Verlage im Moment ab. Es ist eine politische Zeit. Es ist eine aufgeregte Zeit und wir werden uns natürlich auch mit den aktuellen Krisen, der Energiekrise und auch der Ukraine-Krise beschäftigen."
Kultur ist "fester Bestandteil des Lebens"
Ein Literaturfestival kann die existenziellen Nöte der Menschen nicht lösen. Trotzdem könne es einen Beitrag leisten, meint Johannes-Peter Herberhold: "Durch so eine Krise gut hindurch zu kommen, ist immer eine ganz wichtige Sache und Kultur und kulturelle Beschäftigung gehört einfach ganz fest dazu. Ich finde nicht unbedingt, wie die Luft zum Atmen oder das Wasser zum Trinken, aber es ist ein ganz fester Bestandteil des Lebens. Und wenn man das alles gut bewältigen will, sollte man sich einfach auch den Fragen der Zeit stellen und sich mit Kultur beschäftigen."
"Der kleine Eisbär" auf Deutsch und Ukrainisch
So fragen beispielsweise Mithu Sanyal, Linus Giese und Tanja Raich, wie die Welt aussehen würde, wenn Frauen das Zepter in der Hand hielten. Ian Kershaw blickt auf die großen politischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und wie sie mit den Krisen ihrer Zeit umgingen.
Es gibt aber auch Programm für junge Bücher-Begeisterte: Der kleine Eisbär wird auf Deutsch und Ukrainisch vorgelesen. Neu ist in diesem Jahr das Festivalcafé im Literaturhaus Göttingen. Dort sollen die Autorinnen und Autoren mit dem Publikum ins Gespräch kommen.