Ein Mann mit weißen Haaren, einer Brille und schwarzem Oberteil schaut nachdenklich in die Kamera. © picture alliance / SvenSimon | Anke Waelischmiller Foto: SvenSimon | Anke Waelischmiller
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AUDIO: Bodo Kirchhoff über das Sein und Alleinsein (55 Min)

Bodo Kirchhoff über "Seit er sein Leben mit einem Tier teilt"

Stand: 29.01.2024 00:01 Uhr

Der Bestsellerautor Bodo Kirchhoff seziert in seinem neuen Roman "Seit er sein Leben mit einem Tier teilt" das Innenleben und die stillen Sehnsüchte eines Mannes. Was das mit einer Hündin zu tun hat und inwiefern er und seine Hauptfigur sich ähneln, erzählt er bei NDR Kultur à la carte.

Bodo Kirchhoff ist überzeugt, Schriftsteller sein könne man nur in manchen Momenten, wenn man etwas Gutes schreibe. Das sind dann aber auch die einsamen, stillen Momente am Schreibtisch, in denen Sehnsüchte, erotische Fantasien ausgelebt und Innenleben der Figuren ausgestaltet werden können. In seinem neuen Roman "Seit er sein Leben mit einem Tier teilt" durchlebt er diese Momente mit dem Protagonisten L. A. Schongauer - ein in die Jahre gekommener Kleindarsteller aus Hollywood, der sich nach dem Unfalltod seiner Frau mit seiner geliebten Hündin Ascha an den Gardasee zurückgezogen hat.

"Die Fehler, die Schongauer in seinem Leben gemacht hat, habe ich in anderer Weise auch gemacht", erzählt Bodo Kirchhoff. "Seit er sein Leben mit einem Tier teilt" ist ein Roman über das Verhältnis von Mensch und Hund, Mann und Frau, Freund und Feind, Alt und Jung, Schmerz und Glück, über Einsamkeit, Schuld und Scham. Bodo Kirchhoff stellt sich den großen Fragen des Lebens, immer auf der Suche nach Sprache und treffendem Ton: für Bodo Kirchhoff immer wieder eine herausfordernde Motivation fürs Schreiben.

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Herr Kirchhof, es geht in Ihren Romanen und Novellen oft um Sehnsüchte, Liebe, verpasste Chancen, Misslingen und Scheitern. Muss man sich Bodo Kirchhoff als einen melancholischen Menschen vorstellen?

Bodo Kirchhoff: Bis zu einem gewissen Grad, ja. Aber ich versuche immer mit den Figuren, an denen ich arbeite und die ich in meinen Büchern kennenlerne, mich aus dieser Melancholie heraus zu entwickeln. Das tun die Figuren auch. Das heißt, die leben mit ihrer Melancholie und indem sie damit leben, überwinden sie sie auch ein Stück weit. Sie geben sich dem nicht hin. Das sind keine Menschen, die sich ihrer Melancholie überlassen. Das würde ich auch selber nicht tun.

Die Hauptfigur Ihres neuen Romans ist Ihnen nicht ganz unähnlich. Es geht wieder um eine verkannte Künstlerfigur: L.A. Schongauer. Er ist fast 75 Jahre alt. Sie sind es im vergangenen Sommer geworden. Er wohnt am Gardasee und Sie haben dort ein Domizil. Wieviel Kirchhoff steckt in diesem Schongauer?

Kirchhoff: Weniger, als man denkt oder als man annehmen möchte. Einmal lebt er völlig anders, zum anderen ist er allein und schaut auf ein Leben zurück, in dem Vieles schiefgelaufen ist. In meinem Leben ist nicht so viel schiefgelaufen. Er ist auch äußerlich, glaube ich, anders. Er war zeitweilig ein Kleindarsteller in Hollywood und hat immer das ungute Deutsche dargestellt. Sprich, er hat eigentlich immer die Nazis gespielt, obwohl er mit denen nicht das Geringste zu tun hatte. Aber er war eben jemand, der ein bisschen so aussah und der eine Stimme hatte. Dann hat ihn eine Frau aus diesem Milieu herausgeholt. Das ist aber schon eine ganze Weile her. In diesem Buch geht es auch sehr um diese Ehe und natürlich darum, dass Schongauer sein Leben mit einem Tier teilt, und zwar mit einem Hund. Dieser Hund hat ganz viel mit mir zu tun, weil es auch unser Hund ist und weil ich diesen Hund gut kenne, besser gesagt, ist es eine Hündin. Ich glaube, sie schätzt mich auch. Diese Beziehung, die sich zwischen uns beiden entwickelt hat, das ist etwas, auf das ich in dem Buch sehr zurückgreife.

Ist dieser Schongauer auf den Hund gekommen?

Kirchhoff: Nein, ich würde das auf keinen Fall sagen. Das ist bei diesem Buch so eine Sache, die sich anbietet, das zu sagen. Wenn überhaupt, dann ist er auf eine sehr menschliche Weise auf den Hund gekommen. Aber nicht auf die Weise, die in diesem Begriff drinsteckt. Er lebt dort sehr bescheiden, muss man sagen. Er hat dieses Haus von seiner Frau, die das eigentlich von ihren Eltern hat. Es ist auch kein großes Haus, das war früher mal ein Stall und der ist weit oben am Hang. Für ihn ist jeder Weg in den Ort mühsam, vor allen Dingen der Weg wieder rauf, weil er bereits krank ist. Sein Herz ist nicht besonders gut. In dem Buch ist das von Anfang an ein entscheidender Punkt für mich gewesen. Schongauer begreift immer mehr, dass diese Hündin ihn überleben wird, und zwar eine ganze Weile. Damit muss er klarkommen.

Das Gespräch führte Jürgen Deppe.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 29.01.2024 | 13:00 Uhr

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