Göttinger Literaturherbst: "Das haben wir noch nicht erlebt"
Am Wochenende ging der Göttinger Literaturherbst zu Ende: Ein "Wechselbad der Gefühle" zwischen ausverkauften Veranstaltungen und abgesagtem Finale.
"Das ist sicherlich der ungewöhnlichste Literaturherbst, den wir in seiner 29-jährigen Geschichte gemacht haben", resümiert Festival-Leiter Johannes-Peter Herberhold. 60 Veranstaltungen sollten den Bücher-Fans in den vergangen zehn Tagen in und rund um Göttingen geboten werden. Corona-bedingt mussten dann allerdings fünf abgesagt werden. So auch das große Finale am gestrigen Abend mit Schauspieler Benno Fürmann und dem Moka Efti Orchestra. Der Auftritt soll allerdings beim nächsten Göttinger Literaturherbst nachgeholt werden.
Ein Lese-Festival zu Pandemie-Zeiten zu organisieren ist eine Herkulesaufgabe, wie Festivalleiter Hans-Peter Herberhold und sein Team jeden Tag erneut feststellen mussten: "Gerade in der letzten Woche, bei den letzten Veranstaltungen haben wir festgestellt, dass trotz der wenigen und ausverkauften Tickets zehn bis 20 Prozent der Leute an dem Abend nicht mehr gekommen sind. Es war also so ein Wechselbad der Gefühle. Das haben wir noch nicht erlebt."
Jede Menge Literaturstars in Göttingen vertreten
Anne Weber, die Trägerin des Deutschen Buchpreises kam zum Göttinger Literaturherbst. Max Goldt war da. Cornelia Funke wurde per Livestream ins Göttinger Rathaus geschaltet. Elke Heidenreich las im Deutschen Theater. Schauspielerin Anna Thalbach rezitierte aus den Werken von Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Passend zur derzeitigen Lage, stand ihr Abend unter dem Leitsatz: "Solange wir noch Geschichten erzählen, leben wir". Die Zuhörerinnen und Zuhörer saßen weit verteilt in der riesigen Lokhalle, die meisten Gäste trugen ihre Masken während der Lesung. Danach nachdenkliche Stimmen aus dem Publikum: "Ja, es ist schon seltsam, wenn man hier sitzt - mit Stühlen dazwischen - und irgendwie auch unsicher ist, ob es so gut ist, was man gerade macht."
Lesungen in der Mediathek bis Ende November abrufbar
Rund 3.000 Tickets konnten in diesem Jahr verkauft werden. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr kamen 20.000 Besucher zu den rund 90 Veranstaltungen. Zwar gab es in diesem Jahr deutlich weniger Sitzplätze als sonst, aber die Besucherinnen und Besucher konnten alle Veranstaltungen auch als Livestream, Podcast oder Video in einer Mediathek abrufen.
Ein Angebot, welches sehr gut angenommen wurde und nun auch noch verlängert wird, wie Festivalleiter Herberholdt erklärt: "Zehntausende von Leuten haben sich unser Angebot angeschaut und wir haben uns überlegt: Wir lassen die Mediathek einfach bis zum 30. November bestehen - bis zum angekündigten Ende der verschärften Corona-Maßnahmen." Und so heißt es ab jetzt für die Veranstalter kurz durchschnaufen, denn die Vorbereitungen für den 30. Göttinger Literatur-Herbst laufen bereits.
