"Worte gegen Gewalt" - Lesung in Berlin für Salman Rushdie
Das Attentat auf den Schriftsteller Salman Rushdie vor anderthalb Wochen hat weltweites Entsetzen ausgelöst. Als Zeichen der Solidarität hatte die Schriftstellervereinigung PEN Berlin und das Berliner Ensemble zu einer Lesung eingeladen.
Der Titel der Lesung: "Words against violence - Worte gegen Gewalt. Im Berliner Ensemble lasen am Sonntagabend Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie Seyran Ates, Can Dündar oder Günter Wallraff Texte von Salman Rushdie. Als Zeichen des Widerstandes gegen Fanatismus und Gewalt.
Schriftstellerin Eva Menasse eröffnet den Abend
Die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse, Sprecherin des PEN Berlin, eröffnete den Abend. "Was diese Attentäter und was dieser religiöse Fanatismus versucht, ist das Werk eines großen Künstlers mundtot zu machen, zum Verschwinden zu bringen, die Leute derartig zu terrorisieren, dass sie Angst haben, diese Bücher zu verlegen, sie zu übersetzen, sie weiterzuverbreiten", sagt sie. "Eine öffentlichen Lesung mit zwölf prominenten Autoren zu machen, ist genau das Gegenteil. 'Die satanischen Verse' sind im Moment in Deutschland wieder ausverkauft, werden gerade nachgedruckt. Das ist das beste Zeichen, sich gegen diese Terrorversuche zur Wehr zu setzen."
Rushdies deutscher Übersetzer: "Ein Albtraum, den ich oft gehabt habe"
Im Publikum sitzt auch Bernhard Robben. Salman Rushdies deutscher Übersetzer. "Für mich war das ein Albtraum, den ich oft gehabt habe", sagt er zum Anschlag auf Rushdie. Robben hat viele Bücher von Rushdie übersetzt, aber aus Furcht eben nicht "Die satanischen Verse". Er erklärt: "Eigentlich war es der Albtraum, der mich immer, an jedem Abend mit ihm irgendwann mal heimgesucht hat: Dass jemand aus dem Publikum aufspringt und ein Attentat auf ihn verübt. Das ist jetzt traurige Wirklichkeit geworden."
Übersetzerkollektiv der "satanischen Verse" bleibt anonym
Bis heute blieb das Übersetzerkollektiv der "satanischen Verse" anonym - aus gutem Grund, nachdem der japanische Übersetzer ermordet, der italienische Übersetzer schwer verletzt und der türkische Übersetzer zwar einem Brandanschlag entkam, der aber 35 Menschen das Leben kostete. Die Berliner Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates, die selbst ein Attentat nur knapp überlebte, äußerte sich ganz bewusst als Muslimin: "Als gläubige Muslimin bin ich nicht beleidigt von den satanischen Versen. Im Gegenteil: Ich bin dankbar für dieses wunderbare Werk", sagt sie auf der Veranstaltung. "Ich bin traurig, was ihm geschehen ist. Insofern: Hört endlich auf, ständig beleidigt zu sein. Ich bin der Überzeugung, weder Gott noch unser Prophet sind beleidigt."
Autoren lesen meist aus den "satanischen Versen"
Die meisten Autoren wie Thea Dorn, Judith Schalansky, Günter Wallraff oder Zoe Beck lasen aus Rushdies Büchern, meist den "satanischen Versen", ohne dem viel an eigenem Kommentar hinzuzufügen. Denn es galt ja vor allem, Salman Rushdie als großartigen Autor zu feiern. "Es geht ja nicht darum, dass man ein Buch verteidigt, nur weil es etwas enthält, worüber sich andere Leute geärgert haben, sondern dass es einer der besten Romane der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ist", sagt Yassin Musharbash, Journalist der "Zeit". So war es ein eindrucksvoller Auftakt in dem vollbesetzten Veranstaltungssaal des Berliner Ensembles, bei dem sich der PEN Berlin tatkräftig und engagiert präsentierte.