Kabarettist Richling: "Diese Überempfindlichkeit ist lachhaft"
Mathias Richling ist bekannt für seine Parodien. In seinem aktuellen Programm trifft es CDU-Chef Friedrich Merz. Im Interview spricht der Komiker über das kabarettistische Potenzial des Fast-Kanzlers und über dessen neues Kabinett.
Mit seinem Kabarett-Programm "#2025" tritt Richling unter anderem am 9. und 10. Mai im St.-Pauli-Theater in Hamburg auf.
Herr Richling, welche Wesenszüge von Friedrich Merz eignen sich am besten für eine Parodie?
Mathias Richling: Man muss dazu sagen, dass Friedrich Merz eigentlich nicht sehr erkennbar ist. Erkennbar ist jemand, wenn ich ihn mit zwei Worten sofort sichtbar mache - bei Friedrich Merz ist das nicht so. Bei einer Parodie muss man immer suchen, was typisch für ihn sein könnte und das rausarbeiten und vielleicht sogar übertreiben.
Friedrich Merz hat keinen Dialekt, keinen Akzent, er spricht nicht näselnd - also muss man sich etwas anderes suchen. Wenn man ihm lange zuhört, fällt auf, dass er eine eigenartige Diktion hat: Er unterbricht mitten in der Silbe, weil er während des Wortes noch überlegt, was er in seinen letzten drei Sätzen gesagt hat.
Scholz ist schwierig, weil er so spröde ist - Angela Merkel war ein gefundenes Fressen, schon allein wegen ihrer besonderen Art zu sprechen. Was sagt es über einen Politiker aus, wie er oder sie auf Satire reagiert?
Richling: Sinnvoll ist es, wenn Politiker auf Satire reagieren, weil sie die Satire dadurch erst bekannt machen, zur Freude des Satirikers. Ich gebe ein eklatantes Beispiel: Wenn Herr Erdoğan sich nicht mit zwei Prozessen gegen ein Gedicht über ihn gewehrt hätte, hätte ihn kein Mensch in Deutschland als "Ziegenficker" wahrgenommen. So ist es bei allen anderen auch: Je mehr sich die Opfer darüber empören, umso mehr Gefallen tun sie uns Satirikern und umso schlechter ist es für sie selber.
Wie geschäftsschädigend ist für Sie die Rücksichtnahme auf immer mehr Befindlichkeiten, also die in den letzten Jahren verschärfte Political Correctness?
Richling: Im Gegenteil: Ich setze mich erst recht drauf. Es gibt 2.000 neue Klagen gegen Bürger wegen Beleidigung - was eigentlich freie Meinungsäußerung ist. Ich gebe ein Gegenbeispiel: Adenauer wurde in Karikaturen eklatant diffamiert und hat, als er zurücktrat, fünf der besten Karikaturisten eingeladen und sich noch mal dekuvrierend und sich lächerlich machend, karikieren lassen.
Das ist Größe, und diese Größe vermisst man in den letzten Regierungen. Diese Überempfindlichkeit ist wirklich lachhaft. Frau Baerbock klagt gegen einen Menschen, der sie als kleines Mädchen dargestellt hat. Das sei sie nicht - aber sie spricht so. Wenn sie zweimal gegen diesen Mann klagt, ist das wirklich lachhaft und fordert erst recht Satire heraus.
Wer versteht denn mehr Spaß - Söder oder Merz?
Richling: (lacht) Es könnte sein, dass Söder vielleicht unerwarteterweise mehr Spaß versteht, zumal er selber beim Fasching mit tollen Masken auftritt und sich dadurch auch lächerlich macht. Aber Merz neigt auch zu Überraschungen, wie wir jetzt am neuen Kabinett sehen.
Es ist auf der einen Seite sehr überraschend, das Kabinett, das neu zusammengewürfelt worden ist: Wer ist das alles? Sind das neue unbekannte Flugobjekte? Vielleicht ist das ein Trick von Herrn Merz, denn wenn ich eine Kritik über jemanden äußere, den das Publikum gar nicht kennt, dann geht die Kritik natürlich ins Leere.
Auf der anderen Seite muss man auch sagen: Wenn Fachleute ans Werk kommen, also diejenigen, die mit Politik nichts zu tun haben, ist es vielleicht nicht schlecht. Dennoch winkt so ein bisschen Donald Trump: Politik als Wirtschaftsunternehmen zu verstehen. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.
Karsten Wildberger, Chef von MediaMarktSaturn, soll Digitalminister werden - das klingt schon witzig und hätte Trump wohl auch kaum besser machen können, oder?
Richling: Das wollte ich damit sagen. Die Frage ist: Kriegen wir jetzt alle Media-Markt-Produkte billiger? Herr Laschet hat schon gesagt, wir sollen 100 Tage warten und ihnen Zeit geben - das wird in dieser schnelllebigen Zeit nicht der Fall sein. Schröder hat das schon mal mit Werner Müller gemacht - aus der Wirtschaft jemanden reinzuholen, der sein Fachgebiet kennt. Es könnte nicht schlecht sein, muss ich sagen.
Der neue Kulturstaatsminister ist der Publizist Wolfram Weimer. Die Weimer Media Group ist ein in Bayern ansässiges Unternehmen, das mehrere Magazine verlegt, darunter auch das Satiremagazin "Pardon". Den müssten Sie eigentlich mögen, oder?
Richling: Theoretisch ja, wir werden sehen. Ich kenne ihn nicht, habe noch nicht viel von ihm gehört. Ich verstehe eines nicht: dass Politiker in den ganzen Jahrzehnten nicht kapiert haben, dass, wenn sie sich selber kritisieren und zu der Kritik stehen würden, sie sehr viel beliebter bei der Bevölkerung wären.
Politiker werden nicht verachtet oder nicht gemocht, weil sie etwas falsch gemacht haben, und auch nicht, weil sie etwas anderes machen als das, was man von ihnen erwartet. Sondern sie werden geschätzt, wenn sie das gut erklären, was sie falsch machen müssen.
Es gibt ein berühmtes Beispiel: Herr Guttenberg war Wirtschaftsminister, und es ging um die Erhaltung von 10.000 Arbeitsplätzen bei Opel. Alle Welt war natürlich dafür, aber er war dagegen. Und trotzdem stieg seine Popularität, weil er ganz klar machen konnte, warum er so denkt, warum er dagegen war. Diese Erklärungsfähigkeit haben sehr wenige Politiker.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Theater
