Gefaltete Hände stützen sich auf einer Mauer auf. © dpa-Zentralbild Foto: Annette Riedl

Von "Person zu Person": Gebet als Gespräch

Stand: 17.05.2022 14:00 Uhr

Macht es einen Unterschied, ob ich an einen persönlichen Gott glaube oder nicht? Kristina Imwalle meint, es ist ei Unterschied. Sie telefoniert die lieber mit Menschen als mit Anrufbeantwortern.

von Theologin Kristina Imwalle

Meine Freundin und ich spazieren durch den sonnigen Park, jeder einen Coffee-to-go in der Hand. Wie immer bleiben unsere Gespräche nicht lange beim Small Talk. Sie bleibt stehen, guckt kurz in den Himmel, wird plötzlich ernst. Doch, sagt sie, "ich glaube, dass es da eine höhere Macht gibt. Vielleicht die Liebe. Vielleicht ein Wesen, das in allem Guten und Schönen steckt. Aber keine Person!" Sie schüttelt den Kopf. Das könne sie sich nicht vorstellen. Es habe doch fast etwas Naives zu denken, Gott wäre eine Person, sagt sie.

Glaube an einen persönlichen Gott

Wir schlendern noch weiter durch die Sonne. Ich genieße diese tiefen Gespräche mit meiner Freundin. Auch, wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Denn ich glaube an einen persönlichen Gott. Ob es überhaupt einen Unterschied machen würde, wie man zum Beispiel betet, fragt meine Freundin noch. Ich denke, es macht einen Unterschied. Mir fällt aber kein gutes Beispiel ein.

Später am Tag rufe ich beim Arzt an und schon bald ertönt eine automatische Stimme. "Wenn Sie eine Rezeptbestellung aufgeben möchte, drücken Sie die eins. Wenn Sie eine Frage zu den aktuellen Bestimmungen haben, drücken sie die zwei. Oder sprechen Sie 'Rezept', 'Terminwunsch' oder 'Laborergebnisse' nach dem Piepton."

Gebet als Gespräch von Person zu Person

Ich atme auf, als ich endlich eine menschliche Stimme am anderen Ende habe. Das ist es! So empfinde ich Gebet: ich spreche zu einer Person. Kein Automat. Keine abstrakte Kraft. Von Person zu Person, obwohl ich ein Mensch bin und ich mit einem allmächtigen Gott spreche. Im Gebet habe ich ein Gefühl von aufatmen. Und schon oft durfte ich erleben, dass etwas zurückkam. Ein Vers, der perfekt passte, ein Gefühl von Frieden. Eine plötzliche Idee, die mich weiterbrachte.

Ich freue mich schon auf das nächste Gespräch über Gott und die Welt mit meiner Freundin. Und ich bin gespannt, was sie zu meinem Vergleich denkt.

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Ein Mann sitzt in einer Kirchenbank und betet. © Kirche im NDR Foto: Christine Raczka

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 19.05.2022 | 19:05 Uhr

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