TV-Journalistin wird zur Ikone des russischen Widerstands
"Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen." Das hat die Journalistin Marina Ovsyannikova auf ihr Plakat geschrieben, das sie dann während der Abendnachrichten im russischen Staatsfernsehen plötzlich in die Kamera hielt.
Ihr Protest dauerte nur sechs Sekunden, aber er ging um die Welt. Weil er so unvorstellbar mutig war. In einem Video, das sie vor der Aktion aufgezeichnet hatte, rief die junge Frau ihre Landsleute auf, auch ihre Stimme zu erheben. "Habt keine Angst, sie können uns nicht alle ins Gefängnis stecken", sagte sie.
Die Menschen in Russland, die gegen den Krieg protestieren und dafür verhaftet werden; die Menschen in der Ukraine, die sich und ihre Freiheit verteidigen mit allem, was sie haben, und das unter Lebensgefahr - sie sind so kolossal mutig.
Mut gegen ein totalitäres Regime zu protestieren?
Und, ja, fast automatisch stellt man sich die Frage: Könnte ich das auch? Was würde ich machen in so einer Situation? Hätte ich den Mut? Dietrich Bonhoeffer, der bekannte Theologe und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, hat sich dazu Gedanken gemacht. Seine Antwort: "Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen." Und dann fügt er noch hinzu: "In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein." Auf dieses Vertrauen kommt es an.
