Ein Junge hält eine bandagierte, zur Faust geballte Hand, hinter dem Rücken. © photocase.de Foto: MPower

"Ihr sollt eure Feinde lieben"

Stand: 11.05.2022 09:51 Uhr

Aus der Bibel kennen wir das Gebot der Nächstenliebe. Doch Jesus meinte, seine Nächsten zu lieben, das könne jeder. Er sprach von der Feindesliebe.

von Pastor Michael Ellendorff

"Ihr aber - ihr sollt eure Feinde lieben." Sagt Jesus. Und meint es ernst. Meinen Feind lieben: Also auch Wladimir Putin? Auch die Soldaten, die - ob nun auf Befehl oder vollkommen ohne Kontrolle - Zivilisten foltern und massakrieren? Die soll ich liebhaben?

Achtung jetzt! Bevor Ihnen - und mir ganz ehrlich auch - bei solchen Gedanken der Kamm schwillt: Kurze Denkpause. Die Bibel ist voller Gebote. Neben den bekannten zehn noch einige hundert mehr. Regeln, nach denen Menschen - Christen auf jeden Fall - tunlichst leben sollen. Wahrlich schwierig genug. Nun hat Jesus aber da und dort noch einen draufgesetzt. Liebe deinen Nächsten - so hat er gesagt: Das kann jeder. Ihr aber - und jetzt kommt's: Ihr sollt sogar eure Feinde lieben. Das ist eine unglaubliche Zumutung. Und - ich sagte es schon - absolut ernstgemeint.

Auch der Feind ist ein Mensch

Ich versuche mal wenigstens eine Annäherung. Etwas wie: Ich billige auch dem Feind, mag er lügen und morden, etwas Menschliches zu. Immerhin das: Das ist noch ganz weit entfernt von Liebhaben. Aber okay: Ein Mensch. Ich verurteile, was Putin und Konsorten tun. Aber das Menschsein will ich denen nicht absprechen. Auch wenn mir selbst das schwerfällt.

Liebhaben, diese Menschen? Das ist eine sehr, sehr hohe Hürde. Ich nehme Jesus ernst. Aber: Das kann ich gerade nicht, so ernsthaft ich mich auch bemühe. Wenn das am jüngsten Tag eine Rolle spielen sollte, dass ich dieses Gebot der Feindesliebe nicht erfüllen konnte, bitte ich jetzt schon um mildernde Umstände.

Dieses Thema im Programm:

Kirche im NDR | 11.05.2022 | 09:40 Uhr

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