Ball fliegt ins Tor © panthermedia Foto: Tobias Eble

Gewalt gehört ins Abseits

Stand: 20.04.2023 18:50 Uhr

Immer wieder kommt es bei Fußballspielen rivalisierender Clubs zu Zusammenstößen zwischen den Fans. Könnten die Sportvereine und Fanclubs noch mehr tun, um die Gewaltbereiten auszubremsen?

von Pastor Sieghard Wilm

Als Pastor auf St. Pauli kenne ich die Kraft des Fußballs, Menschen zusammenzubringen. So viele schöne Bilder habe ich vor Augen: Von Kindern, Eltern und Großeltern, die in ihrer Fankluft gemeinsam ins Stadion pilgern; von Menschen, die aus tausend Kehlen jubeln oder sich mit Tränen in den Armen liegen. Von Stoßgebeten vor dem Elfmeter und echten Fans, die ihre Mannschaft auch bei Schneeregen anfeuern. Fußball kann Leidenschaft und pure Energie sein, für mache ist es das Leben.

Ich sehe aber auch, was schieflaufen kann bei allem Fußballkult: Wenn sich Gewalt entlädt, dann sehe ich hasserfüllte Gesichter und hässliche Prügelszenen, das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, und die Straße wird zum Angstraum. Niemand, der ernsthaft erwachsen ist, kann wollen, dass diese Szenen die Augen eines Kindes sehen.

Derby wird als Hochrisikospiel gewertet

Am Freitag ist es wieder so weit, das Derby zwischen den beiden Hamburger Traditionsvereinen HSV und St. Pauli im Volksparkstadion, Anstoß um 18.30 Uhr. Eigentlich doch eine schöne Sache, oder? Doch das Aufeinandertreffen der rivalisierenden Fußballvereine wird als sogenanntes Hochrisikospiel gewertet, muss von tausend Einsatzkräften der Polizei gesichert werden. Fanmärsche machen sich auf den Weg, bei denen Sicherheitskreise davon ausgehen müssen, dass auf beiden Seiten gewaltbereite Fans zu erwarten sind.

Das ist eine Minderheit, aber ich frage mich: Tut die Mehrheit der Fans wirklich genug, um die Gewaltbereiten auszubremsen? Das muss doch Topthema in den Fanclubs sein. Können nicht Kampagnen und gemeinsame Aufrufe der Sportvereine da noch deutlicher werden? Denn das, was sich da wie ein finsteres Ritual zusammenbraut, hat mit dem Sport Fußball nichts mehr zu tun. Ich muss nur an Südamerika denken, wo es bei Kämpfen zwischen Fans Verletzte und Tote gibt. Wo manche Spiele abgesagt werden müssen oder ohne Zuschauer stattfinden. Wie traurig. Um Himmel willen: Gewalt gehört ins Abseits gestellt, damit der Sport in Hamburg gewinnt.

Dieses Thema im Programm:

Kirche im NDR | 21.04.2023 | 10:40 Uhr

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