Montage (v.l.): Hansa-Torhüter Markus Kolke, die Spieler die FC St. Pauli und HSV-Stürmer Robert Glatzel © IMAGO / Witters Foto: Christian Schroedter / Leonie Horky / Tim Groothuis

Datencheck 2. Liga: Die andere Tabelle, starker HSV und Hansa-Krake Kolke

Stand: 16.11.2022 12:15 Uhr

Die Hinrunde in der Zweiten Liga ist vorbei. Die Daten zeigen, wer die Besten waren, aber auch, dass die Tabelle ganz anders aussehen könnte. Während der HSV überzeugt hat, liefern Kellerkind FC St. Pauli und Spitzenreiter Darmstadt 98 verblüffende Werte.

von Florian Neuhauss

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Geht man nach den Expected Points, also den statistisch zu erwartenden Punkten aus den Spielen, müsste St. Pauli eigentlich Tabellenführer in der Zweiten Liga sein. Und Hansa Rostock würde als 16. auf dem Relegationsrang überwintern. Doch die Realität sieht ganz anders aus: Während die Mecklenburger Neunter sind, stehen die Hamburger punktgleich mit dem Vorletzten auf Platz 15.

Hansa hat viel aus seinen relativ wenigen Möglichkeiten gemacht, bei den Hamburgern ist es andersherum. Da hilft es auch nicht, dass die Kiezkicker mit Leart Paqarada einen der beiden besten Spieler der Liga in ihren Reihen haben. Der kosovarische Nationalspieler bringt es genauso wie Holstein Kiels Fabian Reese auf einen Performance-Score von 62,34. Getoppt wird dieser Wert nur von Tobias Müller (63,09). Der Paderborner hat aber auch nur dreimal gespielt.

Reese überzeugte vor allem als Allrounder, Paqarada lieferte reihenweise Topwerte ab. Mit 1.226 spielte er die meisten Pässe aller Zweitliga-Kicker: 300 waren sogenannte progressive Pässe, haben das Spiel also im wahrsten Sinne des Wortes vorangebracht, 16 waren sogar Schlüsselpässe. Und auch seine 37 angekommenen Flanken sind ligaweit unübertroffen.

Kolke glänzt, Zieler und Heuer Fernandes stark

Warum die Rostocker so viel besser dastehen als St. Pauli? Eine Erklärung liefert diese Zahl: Mit 28 Glanzparaden in den bisherigen 17 Saisonspielen hat Torhüter Markus Kolke Maßstäbe gesetzt. Wenngleich so mancher Hansa-Fan sicher auch noch die eine oder andere für den so starken Rückhalt untypische Szene vor Augen hat.

Deshalb schneiden auch andere Torhüter insgesamt deutlich besser ab. Mit einem Performance-Score von 57,36 ist HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes der Beste der Liga. Aber auch Ron-Robert Zieler zeichnete sich aus. Der Schlussmann von Hannover 96 bekam mit 106 die meisten Schüsse auf sein Tor und parierte mit 88 auch die meisten. Außerdem war er bei 60 Versuchen, Bälle abzufangen, 58-mal erfolgreich - beides ebenfalls Ligaspitze.

Hartel ausdauernd, Conteh verdammt schnell

St. Paulis Marcel Hartel ist mit 203,12 Kilometern so viel gelaufen wie kein anderer - und hat damit den Beweis angetreten, dass Einsatz allein oftmals nicht reicht. Manchmal langt auch ein Sprint für den Erfolg, was die Kiezkicker schmerzhaft erfahren mussten, als Sirlord Conteh mit seinem SC Paderborn über das halbe Feld am Millerntor lief und auch noch vor dem Tor die Nerven behielt (Endstand 2:2). Der ehemalige Hamburger ist mit 36,58 km/h übrigens in der bisherigen Saison der schnellste Spieler beider Bundesligen.

Heidenheim ist die "Malochertruppe"

Warum es beim 1. FC Heidenheim so gut läuft, zeigen die Zweikampfparameter: Tim Kleindienst hat nicht nur viele Treffer erzielt (neun, Rang drei der Torschützenliste), sondern mit 406 auch die meisten Zweikämpfe insgesamt und mit 317 die meisten Offensiv-Duelle bestritten.

Dass er mit 41-mal dabei auch am häufigsten gefoult hat, ist in der Mannschaft von Trainer Frank Schmidt wahrscheinlich eher eine Auszeichnung. Kleindiensts Teamkollege Patrick Mainka ist zudem bei der Balleroberung die Nummer eins (163-mal) und hat insgesamt die meisten Zweikämpfe (177) sowie die meisten in der Defensive (137) gewonnen.

Die Zweitliga-Elf der Hinrunde nach Performance-Score

Daniel Heuer-Fernandes (HSV/57,36) - Moritz Heyer (HSV/61,35), Patric Pfeiffer (Darmstadt/61,60), Damian Michalski (Fürth/61,85), Leart Paqarada (St. Pauli/62,34) - Klaus Gjasula (Darmstadt/58,85), Ludovit Reis (HSV/60,60) - Julian Justvan (Paderborn/61,59), Marvin Wanitzek (KSC/59,35), Fabian Reese (Kiel/62,34) - Robert Glatzel (HSV/58,86)

Heidenheims Niklas Beste hat die meisten Sprints absolviert - satte 541. Teamkollege Adrian Beck kommt auf die meisten intensiven Läufe - nicht minder beeindruckende 1.304. Angesichts der schwachen Leistungen von Zweitliga-Meister Schalke 04 hätte sich Heidenheim durchaus den vakanten Titel "Malocher-Truppe" verdient.

HSV ist das Maß der Dinge

Das Maß der Dinge im Datencheck ist derweil der Hamburger SV. Vier Spieler stellt der HSV für die Elf der Hinrunde, mit 29,07 Expected Points liegen die "Rothosen" auch nur knapp hinter St. Pauli. Diverse Spieler haben Klasse-Leistungen abgeliefert und Bestwerte erzielt.

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Miro Muheim hatte die meisten Aktionen (1.762) und niemand hat so viele Bälle in der gegenerischen Hälfte erobert wie Jonas Meffert (34). Warum Ludovit Reis beim HSV als bester Spieler der Zweiten Liga gefeiert wird? Der Niederländer liegt gleich bei mehreren Statistiken vorn: bei den meisten (90) und den erfolgreichen Dribblings (61), außerdem macht keiner so viele progressive Läufe (67) wie er.

Glatzel lehrt die Gegner das Fürchten

Was Robert Glatzel für ein herausragender Spieler im Unterhaus ist, verdeutlichen nicht nur seine elf Treffer, mit denen er die Torschützenliste anführt. Der 1,93-Meter-Mann hat sich bei seinen 17 Einsätzen trotz teilweise plagender Rückenproblemen 42 Torchancen erarbeitet.

Er ist von den Verteidigern kaum zu stoppen, was 59 Schüsse und 30 Schüsse aufs Tor belegen. Eigentlich hätte er allerdings noch erfolgreicher sein müssen, was 14 Expected Goals aufzeigen - alles Spitzenwerte. Mit 88 hatte Hamburgs Nummer neun auch die meisten Ballkontakte im gegnerischen Sechszehner.

Darmstadt "müsste" viel schlechter dastehen

Kurioserweise hat Darmstadt 98 gerade einmal einen "Spitzenwert" erzielt - Stürmer Braydon Manu ist am häufigsten ins Abseits gelaufen (16-mal). Wer auf die Tabelle mit den Expected Points blickt, sucht die "Lilien" im Aufstiegsrennen vergeblich: Statt ihrer 36 Zähler, mit denen sie die Zweite Liga anführen, "dürften" sie eigentlich nur 21,59 haben - was Rang neun des Rankings bedeutet. Aber die Darmstädter haben allen Wahrscheinlichkeiten getrotzt und sind Spitzenreiter.

Zweitliga-Tabelle nach Expected Points
Platz (real)VereinExpected Points (reale Punkte)
1. (15.)FC St. Pauli29,24 (17)
2. (2.)Hamburger SV29,07 (34)
3. (8.)SC Paderborn27,88 (26)
4. (7.)Fortuna Düsseldorf27,03 (26)
5. (4.)1. FC Kaiserslautern26,01 (29)
6. (8.)Holstein Kiel23,97 (25)
7. (13.)Karlsruher SC22,27 (18)
8. (3.)1. FC Heidenheim22,10 (33)
9. (1.)SV Darmstadt 9821,59 (36)
10. (12.)Jahn Regensburg21,59 (19)
11. (16.)Arminia Bielefeld20,40 (17)
12. (10.)SpVgg Greuther Fürth19,89 (20)
13. (5.)Hannover 9617,85 (28)
14. (14.)Eintracht Braunschweig17,51 (18)
15. (18.)SV Sandhausen16,49 (16)
16. (9.)Hansa Rostock15,13 (21)
17. (11.)1. FC Nürnberg14,79 (19)
18. (17.)1. FC Magdeburg12,75 (17)
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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 13.11.2022 | 22:50 Uhr

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