Ein Kind beim Kopfball © IMAGO / MIS

Kein Kopfball-Verbot für Kinder: Neurologe kritisiert DFB-Entscheidung

Stand: 27.01.2022 15:28 Uhr

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will das Kopfballspiel bei Kindern und Jugendlichen nicht wie in anderen Ländern durch Verbote reglementieren. Für Neurologe Andreas Gonschorek das falsche Signal. Er rät zu restriktivem Vorgehen unterhalb von 13 Jahren.

von Matthias Heidrich und Matthias Dröge

Der Chefarzt des Neurozentrums am BG Klinikum in Hamburg untersucht seit Langem das Gesundheitsrisiko von Kopfbällen und kritisiert den DFB für seine zurückhaltende Vorgehensweise. "Die Ergebnisse fügen sich nahtlos in die Reihe von Nichtentscheidungen und verpassten Chancen ein", sagte Gonschorek im NDR Interview.

"Verbote bringen relativ wenig. Wir versuchen es mit Vernunft und Verstand", hatte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann am Mittwoch erklärt. DFB-Teamarzt Tim Meyer ergänzte: "Wir wollen Kinder und Jugendliche sinnvoll auf das Kopfballspiel vorbereiten - mit einer vernünftigen Technik und einer vernünftigen Muskulatur."

Für Gonschorek "das falsche Signal. Im Profifußball werden 100 km/h erreicht, da kann man schnell die Kontrolle verlieren", so der Neurologe. "Die Argumentation, Kinder darauf ausreichend vorzubereiten, führt in die Irre." Auch den Appell an den gesunden Menschenverstand sieht Gonschorek kritisch: "Der ist im Profifußball keine verlässliche Größe, was Kopfverletzungen angeht." Dafür würden zu oft Spieler wieder ins Spiel geschickt, die Zusammenstöße mit dem Kopf erlebt haben.

"Niemand würde in ein Auto mit defektem Bordcomputer steigen, wenn er dann auch noch Serpentinen in schneller Geschwindigkeit herunterfahren soll. Aber für den DFB scheint das eine zumindest tolerable Situation zu sein." Neurologe Dr. Andreas Gonschorek

Mit Blick auf die möglichen Langzeitschäden nach zu vielen Kopfbällen rät der Mediziner, "unterhalb von 13 Jahren sehr restriktiv vorzugehen". In England sind Kopfbälle für Kinder bis zwölf Jahre verboten, in den USA liegt die Grenze bei zehn Jahren.

Der DFB setzt bei dem umstrittenen Thema hingegen auf leichte Bälle sowie die zuletzt beschlossenen Spielformen ohne große Tore und Torwart, die dafür sorgen sollen, dass Fußball bei den Jüngsten vor allem am Boden stattfindet.

"Kopfbälle haben bei Kindern nichts im Training verloren"

Zudem werden die Jugendtrainer sensibilsiert, Kopfballtraining bei den Kleinen wenn überhaupt nur dosiert einzusetzen. An der Basis kommen ohnehin wohl kaum Trainer auf die Idee, Kopfbälle mit dem jüngsten Nachwuchs zu üben. "Wir Trainer sind da einer Meinung, dass das bei den kleinen Kindern noch nichts im Training verloren hat. Kinder brauchen den Ball an Fuß", sagt Dennis Tomaschewski, E-Jugend-Coach bei der SG Padenstedt in Schleswig-Holstein. "Wenn die Kinder so um die 13 Jahre alt sind, kann man damit anfangen."

Ein grundsätzliches Verbot würde er allerdings nicht gut finden. "Die Jungs sehen, wie Robert Lewandowski Kopfballtore erzielt, und wollen das auch", erklärt Tomaschewski und muss zugeben: "Wir machen erschreckend viele Kopfballtore, obwohl wir es nicht trainieren."

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NDR Info | 27.01.2022 | 14:00 Uhr

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