Ein Fan von Hansa Rostock, vor ihm eine Fahne des FC St. Pauli © Witters Foto: Tim Groothius

Eskalation mit Ansage? Fans von St. Pauli und Hansa im selben Zug

Stand: 18.08.2022 21:58 Uhr

Mehr als 2.000 Fans des FC St. Pauli wollen am Sonntag zum Zweitliga-Nordduell nach Rostock reisen. Doch einen Sonderzug für sie gibt es nicht, beide Fanlager könnten in Regionalbahnen aufeinandertreffen. Der Kiezclub fordert eine sichere Anreisemöglichkeit für seine Anhänger.

von Martin Schneider

Als sich die Kiezkicker nach dem 3:0-Sieg gegen den 1. FC Magdeburg von ihren Anhängern feiern ließen, hing vor der Südkurve ein großes Plakat: "Alle mit dem Zug nach Rostock" stand darauf, ein Aufruf für das kommende Auswärtsspiel der Braun-Weißen (ab 13.30 Uhr im NDR Livecenter). Traditionell schöpfen beide Fanlager ihr Kartenkontingent stets voll aus. Die Partien zwischen den Vereinen haben eine lange Geschichte erheblicher Brisanz inklusive Ausschreitungen im und um die Stadien. Doch erstmals seit Jahren steht St. Pauli-Fans diesmal kein Sonderzug der Deutschen Bahn zur Verfügung. Eine geordnete, gemeinsame An- und Abreise der Gästefans kann es so kaum geben.

Kein Sonderzug für St. Pauli-Fans

Der "Fanladen St. Pauli" machte die gescheiterten Bemühungen darum bereits vergangene Woche in einem Schreiben auf seiner Website öffentlich: "Wir haben versucht, Unterstützung über die Deutsche Bahn und die Bundespolizei zu erhalten. Leider waren diese Bemühungen nicht von Erfolg geprägt", heißt es seitens des Fanprojekts des FC St. Pauli.

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn bestätigte dies dem NDR. Es sei der Bahn aus Kapazitätsgründen nicht möglich, einen Sonderzug für die Fans der Hamburger zu stellen. Auch Anfragen bei Partnerunternehmen hätten keine weiteren Zug-Kapazitäten schaffen können.

St. Pauli-Präsident Göttlich kritisiert Bahn

Ein Umstand, der beim FC St. Pauli für Kritik und Unverständnis sorgt. Präsident Oke Göttlich sagte: "Für uns ist es nicht nachvollziehbar, dass es bei einer Auswärtsfahrt mit einer Strecke von weniger als 200 Kilometern nicht möglich sein soll, zumindest einen Entlastungszug einzusetzen, damit unsere Fans sicher nach Rostock reisen können." Man erwarte als Verein, trotz aller vorhersehbaren Probleme, dass eine sichere Anreise für alle ermöglicht werde und die Sicherheit für die eigenen Fans auch in der Stadt und im Stadion gewährleistet werde.  

Aufeinandertreffen beider Fanlager?

Alternativ wollen die Fans des FC St. Pauli nun mit Regionalbahnen unter Nutzung des 9-Euro-Tickets nach Rostock reisen. Diese sind jedoch auch ohne die zusätzlichen Fußball-Fans bereits stark ausgelastet und könnten am Sonntag bereits ab Hamburg hoffnungslos überfüllt sein. Fraglich ist, ob überhaupt alle der reisewilligen Fans in diesen Zügen einen Platz bekommen und sich die ohnehin schon angespannte Lage dadurch nicht noch verschärft.

Zudem halten die von den St. Pauli-Fans anvisierten Regionalbahnen an vielen Bahnhöfen wie Schwerin, Bad Kleinen und Bützow, die auch von Teilen der Rostocker Fans zur Anreise genutzt werden müssen. Dadurch besteht ein hohes Risiko für Auseinandersetzungen zwischen beiden Fanlagern sowohl in den Zügen als auch auf den angefahrenen Zwischenhalten. 

Bundespolizei will zusätzliche Kräfte einsetzen

Wie schätzt die zuständige Bundespolizei die Gefährdungslage ein? Mit möglichen Szenarien konfrontiert, verweist sie schriftlich auf noch laufende "Abstimmungen". Man wolle zudem eine große Zahl von zusätzlichen Kräften einsetzen, um die "die Sicherheit aller Bahnreisenden" zu gewährleisten.

Marsch zum Stadion oder Shuttle-Service?

Auch am Rostocker Hauptbahnhof droht weiteres Konfliktpotenzial. Die Gruppe "Ultrà Sankt Pauli" plant einen Marsch mit allen Gästefans vom Bahnhof zum Ostseestadion. Auch die Anhänger von Hansa Rostock wollen gemeinsam zum Stadion laufen, treffen sich am nahegelegenen Matrosendenkmal am Stadthafen. Die Polizei Rostock möchte, um ein Aufeinandertreffen beider Lager zu verhindern, die Hamburger mit Shuttle-Bussen zum Stadion bringen.

Kritik am Polizeieinsatz im April

Mit eben jenen Bussen haben die Anhänger der Braun-Weißen in Rostock zuletzt allerdings schlechte Erfahrungen gemacht. Beim letztmaligen Aufeinandertreffen im April mussten die St. Pauli-Fans in einem umzäunten Bereich lange auf Busse warten, während sie von Rostocker Fans mit Böllern beworfen wurden. Einen anschließenden Polizeieinsatz gegen die Hamburger Fans bezeichnete der FC St. Pauli später als gewalttätig, verantwortungslos und gesundheitsgefährdend.

An- und Abreise: Entlastungszug innerhalb von MV

"Wir haben Lehren daraus gezogen, wie wir An- und Abreise besser organisieren können", sagte Achim Segebarth, Leiter der Polizeiinspektion Rostock, am Dienstag der "Ostseezeitung". Laut Hansa-Website und Bundespolizei hat die Bahn inzwischen angekündigt, am Sonntag innerhalb Mecklenburg-Vorpommerns einen zusätzlichen Zug zwischen Boizenburg und Rostock zur Entlastung einzusetzen. Dieser könne von allen Bahnreisenden genutzt werden, nicht nur von Fußballfans.

Die Rostocker Polizei verweist auf NDR Anfrage darauf, dass ihre Zuständigkeit erst im Stadtgebiet beginne, versichert aber, man sei gut vorbereitet und könne die An- und Abreise gewährleisten. Doch wie mehr als 2.000 Hamburger am Sonntag sicher oder überhaupt in die Stadt kommen sollen, scheint angesichts der Aussagen der Bahn momentan völlig unklar.

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 Aktuell | 16.08.2022 | 13:00 Uhr

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