Das Firmenlogo von Amazon auf einem Gebäude © dpa-Bildfunk Foto: Niall Carson/PA Wire/dpa

Wie Amazon Händlern das Leben schwer machen kann

Stand: 08.06.2021 13:00 Uhr

Hunderttausende Online-Händler verkaufen ihre Ware auf Amazon. Viele haben immer wieder Probleme mit den Konditionen des Portals.

von Wiebke Neelsen

"Amazon nutzt seine marktbeherrschende Stellung gnadenlos aus", meint Johannes Richard, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz in Rostock. Seiner Auffassung nach diktiert Amazon anderen Händlern die Spielregeln.

Amazon Basics: Streit um Eigenmarke

So fordere Amazon zum Teil von seinen Händlern sensible Daten wie Nachweise über Lieferanten und Hersteller. Die Vermutung des Rechtsanwalts: Mithilfe dieser Daten und mit dem Wissen, welche Produkte besonders häufig angeklickt und gekauft werden, kann Amazon sie als Eigenmarke ("Amazon Basics") selbst auf den Markt bringen.

Die EU-Kommission stellt dazu bereits Untersuchungen an. Außerdem wird geprüft, ob Amazon seine Eigenmarken bei Produktsuchen weiter oben in der Ergebnisliste anzeigt als vergleichbare Produkte von anderen Händlern. Gegen das Ranking gibt es auch einen Gesetzesentwurf der EU-Kommission im "Gesetz über digitale Märkte". 

Amazon A-z-Garantie: Händler verärgert

Wenn einer Käuferin oder einem Käufer ein Produkt nicht gefällt oder passt, gilt auf Amazon oft die "A-bis-z-Garantie": Der Händler muss den Kaufpreis erstatten, ohne vorher prüfen zu dürfen, ob der Grund der Beschwerde stimmt, oder statt der Rückzahlung Ersatz zu verschicken. Einige Händler sehen darin eine ungerechtfertigte Benachteiligung.

Wenn sich Kunden beschweren, können Händlern auf der Plattform Sanktionen drohen. Einige werden dann gesperrt und können nicht mehr auf Amazon verkaufen. Bei Sebastian Marx vom Tischtennis-Fachhandel "Spin und Speed" führten seiner Schilderung zufolge eine negative Kundenrezension im Rahmen der A-bis-z-Garantie und Beschwerden über verspätete Lieferungen zu einer Sperre.

Für viele Händler sei es unmöglich, die Verkaufsberechtigung zurückzubekommen. So blieben von Händlern eingereichte Maßnahmenpläne von Amazon oft unbeantwortet. Drei Wochen nach Ausstrahlung dieses Filmes hat Händler Marx festgestellt, dass die Sperre aufgehoben wurde und er nun wieder auf Amazon verkaufen kann.

Der Kampf um die Buy Box

Für Händler ist es von Vorteil, wenn man ihr Produkt mit einem Klick auf "jetzt kaufen" im gelben Kasten rechts neben dem Produkt erwerben kann. Das ist die sogenannte Buy Box.

Andere Händler, die dasselbe Produkt verkaufen, aber keinen Platz in der Buy Box haben, müssen erst umständlich aus einer Liste weiterer Anbieter ausgewählt werden. ("neu ab x Euro"). Dazu sind mehrere Klicks erforderlich - ein echter Wettbewerbsnachteil.

Einige Händler verlieren ihren Platz in der Buy Box, wenn der Produktpreis aus Sicht von Amazon zu hoch ist. Fachanwalt Johannes Richard sagt: "Amazon hat meinem Mandanten einen sehr konkreten Preis vorgegeben." Der ließ sich nach Aussage Richards aber nicht mit der Kalkulation seines Mandanten vereinbaren.

Im Bundeskartellamt läuft eine Untersuchung gegenüber anderen Händlern auf der Plattform.

Stellungnahme von Amazon

Amazon antwortet allgemein auf die konkreten Fragen der Markt-Redaktion:

"Die Verkaufspartner:innen helfen uns, das erworbene Kundenvertrauen zu erhalten. (...) Ihre Verkäufe wachsen schneller als die eigenen Verkäufe von Amazon. Einfach ausgedrückt: Amazon ist erfolgreich, wenn Verkaufspartner:innen erfolgreich sind."

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Dieses Thema im Programm:

Die Tricks | 17.05.2021 | 21:00 Uhr

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