Sturmflut an der Ostseeküste in SH: Pegelstände steigen

Stand: 19.10.2023 21:00 Uhr

Ein Sturmtief sorgt für Hochwasser an der Ostsee in Schleswig-Holstein, besonders in Flensburg. Hier werden Wasserstände von bis zu zwei Meter über dem Normalwert erwartet - die höchsten seit über 100 Jahren.

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Sturmflut an der Ostsee in SH: So ist die Lage im Land

Bis zum Donnerstabend stiegen die Pegelstände in mehreren Orten, etwa in Flensburg, aber auch in Eckernförde oder Schleimünde bei Kappeln (Kreis Schleswig-Flensburg) bereits auf 1,20 bis 1,35 Meter über dem Normalwert. Erste Uferbereiche und Straßen wurden überschwemmt und die Schleifähre Missunde hat ihren Betrieb eingestellt. In Lübeck und Travemünde wurden etwa ein Meter über dem Normalwert erreicht, in Kiel lagen die Werte etwas höher, bei 1,15 Meter über dem mittleren Wasserstand.

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BSH geht von Jahrhundertflut aus

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) warnt bis Sonnabend vor einer schweren Sturmflut an der deutschen Ostseeküste. In Schleswig-Holstein erwartet das BSH Wasserstände höher als 1,5 Meter über dem mittleren Wasserstand. Diese können, so das Amt, bis zu 48 Stunden andauern.

In der Flensburger Förde steigen die Pegel laut BSH sogar bis zu zwei Meter über den mittleren Wasserstand. Dort wird voraussichtlich der höchste Wasserstand seit über 100 Jahren eintreten. Zum Vergleich: Bei der letzten Sturmflut im Januar 2019 stieg das Wasser in Flensburg auf 1,68 Meter über den mittleren Wasserstand an.

Flensburg: Parkplatz vollgelaufen

In Flensburg trat die Förde gegen Mittag erstmals über die Ufer und überschwemmte erste Straßenzüge. Auch der Parkplatz am Hafen füllte sich langsam mit Wasser. Am Donnerstagabend lag der Pegelstand laut BSH 1,40 Meter über dem mittleren Wasserstand.

Die Stadt teilte auf ihrer Internetseite mit, dass die vom Hochwasser betroffenen Straßenzüge am Hafen durch das Technische Betriebszentrum gesperrt werden. Am Wasser abgestellte Fahrzeuge sollten unbedingt entfernt werden. Die Stadt bittet außerdem darum, das betroffene Gebiet zu umfahren. Die Regionalleitstelle veröffentlichte eine Gefahreninformation und gab ebenfalls bekannt, dass betroffenen Straßenzüge am Hafen gesperrt werden.

Kreis Schleswig-Flensburg: Sandsäcke verteilt

Im Kreis Schleswig-Flensburg wurden nach Angaben des Katastrophenschutzes am Donnerstag 10.000 Sandsäcke ausgeliefert - vor allem nach Langballig, Arnis und Kappeln. Der Katastrophenschutz des Kreises arbeitet eng mit den Feuerwehren und dem Landesbetrieb für Küstenschutz (LKN) zusammen. Teilweise werden Parkplätze an beliebten Stränden gesperrt, damit keine Menschen dorthin fahren und sich möglicherweise in Gefahr bringen.

Kiel: Kiellinie gesperrt

Auch in der Landeshauptstadt Kiel bereitet man sich auf das Hochwasser vor: In der Kieler Förde werden für Sonnabend Wasserstände von bis zu 1,70 Meter über den mittleren Wasserständen erwartet. Die Stadt sperrt als Vorsichtsmaßnahme die Kiellinie ab Freitag um 15 Uhr bis voraussichtlich Sonnabendvormittag für den Autoverkehr. Am Falckensteiner Strand gilt eine Sperrung für den Deichweg.

Bereits am Donnerstag hat die Sturmflut rund 100 Strandkörbe in Kiel-Schilksee überschwemmt. Die schweren Strandmöbel drohten in die Förde abzutreiben, wie die Polizei mitteilte. Feuerwehrleute waren am Abend auf dem überfluteten Strandabschnitt im Einsatz, um die Strandkörbe aus dem Wasser zu bergen.

Lübecker Bucht: Strände überspült

Am Traveufer gaben sich Anwohnerinnen und Anwohner am Donnerstag noch betont entspannt. Das Wasser war zunächst nur ein wenig über die Uferböschung getreten. In Scharbeutz ist der Strand am frühen Nachmittag schon fast komplett überspült, ebenso in Timmendorfer Strand und Grömitz. Auf Fehmarn sind inzwischen die Stege im Yachthafen von Burgtiefe überschwemmt.

Lübeck: Überschwemmungen erwartet

Bereits am Donnerstagabend steht das Wasser in der Lübecker Bucht mehr als einen Meter über dem mittleren Wasserstand. Bis Mitternacht haben die Modelle des BSH dort einen Pegel von bis zu 120 Zentimetern über dem Mittleren Wasserstand errechnet. Im Laufe des Freitags könnten es demnach sogar 170 Zentimeter werden. Der Hochwasserscheitelpunkt wird am Freitagabend oder in der Nacht zu Sonnabend erwartet.

Steigt der Wasserstand mehr als einen Meter über den mittleren Wasserstand, werde die Straße Obertrave überschwemmt, so die Stadt. Ab 1,30 Meter drohen erste Häuser überschwemmt zu werden - betroffen wären dann zuerst die Wallstraße, die Travepromenade und der Priwall. Bei 1,50 Metern wird der Fischereihafen Travemünde überschwemmt, auf dem Priwall wird die Mecklenburger Landstraße an der Landesgrenze gesperrt und mehrere Straßenzüge an der Obertrave/Wallstraße werden gesperrt. Bei 1,80 Metern über dem Normalwert stellt die Priwallfähre ihren Betrieb ein.

Schleswig: Vorbereitungen laufen

Auch die Stadt Schleswig wird durch die Lage an der Schlei betroffen sein, denn die Schlei ist ein Meeresarm und bekommt Ostseewasser. Die Stadt bereitet sich auf zwei Szenarien vor: Entweder wird die Flutwelle aus der Ostsee auf halbem Weg zwischen Ostsee und Schlei abgeschwächt oder die Pegelstände erreichen auch am Hafen in Schleswig bis zu 1,30 Meter über dem Normalwert.

Wasserstandsprognosen für die Ostseeküste

Nach Angaben des Bundesamts für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) besteht die Gefahr einer Sturmflut bis Sonnabendnachmittag. Meteorologe Sebastian Wache rechnet mit zwei Peaks: "Der erste in der Nacht zum Freitag mit Pegelständen von 1,40 bis 1,50 Metern. Dann lässt der Wind etwas nach und das Wasser geht leicht zurück. Der zweite kommt in der Nacht von Freitag auf Sonnabend mit einem Wasserstand von zwei Metern oder sogar höher."

Das sind die Höchstwerte der Prognose für Sonnabend:

Stand: 19:00 Uhr 19.10.2023

Das BSH arbeitet nach eigenen Angaben mit verschiedenen Modellprognosen. Es handelt sich um keine offiziellen Wasserstandsvorhersagen.

Orkanartige Böen ab Freitagmittag

In den kommenden Tagen könnte das Wasser noch höher steigen, denn der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagt ein Sturmtief über Schleswig-Holstein vorher. Für Donnerstag ging der DWD von Sturmböen mit 65 km/h aus, teilweise auch bis zu 85 km/h. Ab Freitagmittag werden dann orkanartige Böen mit bis 110 km/h vorhergesagt. Der DWD warnt davor, dass zum Beispiel Bäume entwurzelt oder Dachziegel herabfallen könnten, auch von Gerüsten sollte Abstand gehalten werden. Wer nicht muss, sollte sich nicht im Freien aufhalten. Die Warnung gilt bis Sonnabendmorgen.

Sturmflut: Das empfehlen die Behörden in SH

Die Stadt Eckernförde (Kreis Rendsburg-Eckernförde) empfiehlt den Bürgerinnen und Bürgern, das betroffene Gebiet rund um die Eckernförder Bucht zu meiden. Dazu zähle insbesondere die Kurpromenade, die Hafenspitze, der Hafen sowie das Borbyer Ufer. Außerdem rät die Stadt, Autos umzuparken, die in unmittelbarer Nähe zur Ostsee abgestellt wurden, und sich Parkplätze in höher gelegenen Gebieten zu suchen.

Zudem verweist die Stadt auf die WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes. Auch die Stadt Flensburg bittet darum, das von Überschwemmungen betroffene Gebiet zu umfahren. Stadt und Feuerwehr warnen insbesondere am Freitag vor herabfallenden Ästen, Dachziegeln und umstürzenden Bäumen.

Die Stadt rät deshalb dazu, das Haus nicht zu verlassen. Der Katastrophenschutz des Kreises Schleswig-Flensburg appelliert an die Bevölkerung in ganz Schleswig-Holstein, nicht an Strände zu fahren, um sich die Folgen Sturmflut anzuschauen. "Hochwasser-Tourismus" sei gefährlich und behindere die Arbeit der Hilfsorganisationen.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 19.10.2023 | 17:00 Uhr

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