Trümmerteil schlägt bei Sprengung von Kieler Kraftwerk in Wohnhaus ein

Stand: 06.04.2023 16:11 Uhr

Am Sonntag ist bei der Sprengung des alten Kraftwerks auf dem Ostufer in Kiel ein Metallteil anderthalb Kilometer durch die Luft geschleudert worden. Es durchschlug die Fassade eines Wohnhauses - die Bewohner hatten großes Glück.

Bei der Sprengung zweier Bauteile des alten Gemeinschaftskraftwerks in Kiel ist es am vergangenen Sonntag zu einem schweren Unfall gekommen. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, war dabei ein tellergroßes und mehrere Kilogramm schweres Metallteil gut anderthalb Kilometer durch die Luft geschleudert worden. Es sei in die Fassade eines Wohnhauses in der Brodersdorfer Straße im Kieler Stadtteil Neumühlen-Dietrichsdorf eingeschlagen. Glücklicherweise sei niemand verletzt worden, hieß es von der Polizei weiter. Wie es zu dem Vorfall kam, wird jetzt ermittelt.

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Sprengmeister Eduard Reisch. © picture alliance/dpa Foto: Arne Dedert

Sprengmeister nimmt Zwischenfall in Kiel sehr ernst

Nach dem Unfall durch ein umherfliegendes Metallteil bei der Sprengung des alten Kraftwerks in Kiel erzählt der verantwortliche Sprengmeister Eduard Reisch, was passiert ist. mehr

Sprengmeister: "Unglückliche Verkettung von Ereignissen"

Derzeit gehen der Projektleiter der Rückbaufirma Thelen Industrial Demolition sowie die Firma Reisch Sprengtechnik davon aus, dass es sich um eine unglückliche Verkettung von Ereignissen handelt. Gegenüber NDR Schleswig-Holstein berichtet der zuständige Sprengmeister Eduard Reisch, dass man das Metallteil auf den Videoaufnahmen wegfliegen sehen könne. Reisch habe bereits tausende Sprengungen durchgeführt - doch einen solchen Vorfall habe er in seiner gesamten Berufskarriere nicht erlebt. Er nehme den Vorfall sehr ernst und sei sehr erleichtert, dass der Familie nichts passiert ist.

Gesprengte Rauchgasentschwefelung und Silo des Gemeinschaftskraftwerks in Kiel © NDR
AUDIO: Sprengmeister Eduard Reisch äußert sich zum Spreng-Unfall (1 Min)

Liegt eine Baugefährdung vor? Polizei ermittelt

Die Polizeisprecherin erklärte, dass das Metallteil offenbar durch einen Katapulteffekt in die Luft geschleudert wurde. Das heißt: Es lag am Boden und herabstürzende Trümmerteile könnten es dann wie bei einer Wippe nach oben katapultiert haben - wie das alles genau passieren konnte, soll jetzt herausgefunden werden. Sowohl Sprengmeister Reisch als auch die Rückbaufirma gehen ebenfalls von der Katapult-Theorie aus: "Es handelt sich um ein etwa tellergroßes Metallstück in der Form einer Diskusscheibe ähnlich", sagt Gabriele Steiger, Sprecherin der bauausführenden Firma. Demnach wird vermutet, dass die enorme Flugweite auf das Schleudern, die Rotation und die Form des Metallstückes zurückzuführen ist.

Die Polizei prüft derweil, ob eine sogenannte Baugefährdung vorlag - also ob die Gemeinschaftskraftwerk GmbH, Ordnungsamt oder Sprengmeister beim Abriss gegen technische Regeln verstoßen haben und damit Menschenleben gefährdet haben könnten. Sollte dem so sein, wäre das eine Straftat.

Nötige Sicherheitsmaßnahmen wohl eingehalten

Auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein gibt die Staatliche Arbeitsschutzbehörde der Unfallkasse Nord an, dass bei der Sprengung die nötigen Sicherheitsmaßnahmen nach derzeitigem Kenntnisstand einhalten wurden. Allerdings weist die Behörde darauf hin, dass je nach Sprengung zusätzliche Sicherungsmaßnahmen - über die vorschriftsmäßigen Schritte hinaus - umzusetzen seien. Für eine abschließende Bewertung müsse man aber das Ergebnis der laufenden Untersuchung abwarten, so der Arbeitsschutz weiter.

Seitenansicht rechts von Unfallspuren an Familienhaus nach Unfall bei Sprengung des Gemeinschaftskraftwerks in Kiel © NDR Foto: Isabelle Breitbach
Das Trümmerteil ist in die Hauswand neben der Eingangstür eingeschlagen.
Familie hatte großes Glück

Die Bewohner des Hauses - eine junge vierköpfige Familie - hatten unfassbares Glück. Laut dem Geschäftsführer der Gemeinschaftskraftwerk Kiel GmbH habe das Objekt die Hauswand durchschlagen und sei im Flur gelandet - der Familie gehe es aber gut. Sie befinde sich zurzeit in ein einem Hotel, während zu Hause bereits die Instandsetzung und Reinigung durchgeführt werde.

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Ein Motoren-Model steht auf einem Tisch. © Frank Molter/dpa Foto: Frank Molter

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 06.04.2023 | 17:00 Uhr

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