Vater vor Gericht: "Ich habe ihn nicht geschüttelt"
Ein 33-Jähriger muss sich seit Freitag vor dem Landgericht Hildesheim verantworten, weil er seinen drei Monate alten Sohn zu Tode geschüttelt haben soll. Er bestreitet die Tat.
Zum Prozessauftakt wollte sich der Mann selbst nicht zu den Abläufen am besagten Tag äußern. "Ich habe dazu ja alles erzählt", sagte er. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 33-Jährigen Totschlag vor. Er sei mit dem Baby allein in der Wohnung gewesen, während seine Lebensgefährtin und deren Mutter in der Stadt unterwegs waren. Der kleine Junge soll am frühen Abend das Schütteltrauma erlitten haben, nachdem er am Tag viel geschrien hatte.
Anruf beim Notdienst wird im Gericht abgespielt
Als sich der Zustand des Kindes kurz verschlechterte, rief der Mann einen Notarzt. Das neunminütige Gespräch mit dem Rettungsdienst wurde zum Prozessauftakt im Gericht vorgespielt. Der Vater sagte, dass sich sein Sohn beim Milchtrinken verschluckt habe und dass er schon ganz blau sei. Der Rettungssanitäter gab ihm Anweisungen das Baby wiederzubeleben. Weinend versuchte der Vater diesen zu folgen. "Mein Kind stirbt gerade, Alter!", schrie er.
Gutachter berichtet von Gespräch mit Angeklagtem
Als Zeugen berichteten die Haftrichterin und ein psychiatrischer Gutachter von ihren Gesprächen mit dem Angeklagten. Als der Gutachter ihn im Juli im Gefängnis besuchte sagte der Vater demnach: "Ich habe ihn nicht geschüttelt." Das könne er auch gar nicht. Er könne gut mit Kindern umgehen und sei schockiert gewesen, als er erfahren habe, dass ein Schütteltrauma vorliegt. Der 33-Jährige habe gesagt, dass er möglicherweise beim Reanimieren Fehler gemacht habe. Dem Gutachter habe er gesagt, gewusst zu haben, dass man Babys nicht schütteln darf. Der Verteidiger des 33-Jährigen sagte in einer Verhandlungspause, dass sein Mandant davon ausgehe, dass sein Sohn einen Impfschaden erlitten habe. Der Jungs war am Tag zuvor geimpft worden.
Experten sehen Hinweis auf Schütteltrauma
Ein Neurochirurg aus der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) sagte als Zeuge aus, dass auch eine abgerissene Brückenvene im Gehirn ein starker Hinweis darauf sei, dass das Baby Gewalt erfahren habe. "Es ist kein Auto gefahren, es kann noch nicht laufen, es hat keinen Sturz auf eine Kante gegeben." Leider hätten die meisten so jungen Patienten mit derartigen gravierenden Hirnverletzungen ein Schütteltrauma hinter sich, so der Neurochirurg. Der kleine Junge erlitt zudem massive Hirnblutungen. Er wurde nach dem Anruf beim Notdienst zunächst in ein Hildesheimer Krankenhaus gebracht und dann in die MHH verlegt. Dort wurde er noch in der Nacht zwei Mal operiert. Fünf Tage später starb er an den Folgen seiner Verletzungen.
Anklage: Vater nahm Tod billigend in Kauf
Die Anklage wirft dem Vater vor, der vor der Geburt des Kindes Drogen- und Alkoholprobleme hatte, den Tod seines Sohnes zumindest billigend in Kauf genommen zu haben. Der 33-Jährige sitzt seit seiner Festnahme am 1. April in Untersuchungshaft. Der Prozess wird am 12. November fortgesetzt. Ein Urteil könnte am 24. November gesprochen werden.
