Halbierte Schweine hängen in einer Reihe an Haken in einem Schlachtbetrieb. © picture alliance/dpa Foto: picture alliance/dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Bald Kameras in Schlachthöfen? Bund legt Gesetzentwurf vor

Stand: 24.05.2024 20:18 Uhr

Tierschutzverstöße kommen in niedersächsischen Schlachthöfen immer wieder vor. Nun hat die Ampelregierung einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Betriebe zu Videoaufnahmen verpflichtet.

von Katharina Seiler und Marc Wichert

Mit den Aufnahmen soll es laut dem Entwurf der Bundesregierung möglich sein, die Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorschriften zu kontrollieren. Die Videos würden die zuständigen Behörden bei der Kontrolle der Vorgänge vor Ort unterstützen, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium mit.

Videos
Bundeslandwirtschaftminister Cem Özdemir, Die Grünen © Screenshot
4 Min

Wie wirkt sich neues Tierschutzgesetz auf Niedersachsen aus?

Unter anderem soll die sogenannte Qualzucht per Gesetz verboten werden. Holger Hennies vom Landvolk Niedersachsen im Gespräch. 4 Min

Bundestag beschäftigt sich nach Sommerpause mit dem Entwurf

Der Umgang mit den Videoaufzeichnungen muss sich dabei an datenschutzrechtliche Bestimmungen halten. Am Datenschutz war das Bemühen um Videoaufzeichnungen in den Schlachthöfen bislang immer gescheitert. Es wurde befürchtet, dass die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten verletzt werden könnten. Deshalb hatte das damalige CDU-geführte Bundeslandwirtschaftsministerium stattdessen auf Kontrollen vor Ort gesetzt. Das war auch der Grund, warum eine entsprechende Entschließung des Bundesrates 2019 nicht umgesetzt worden war, die auf Initiative von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen von den Ländern beschlossen worden war. Das könnte sich nun ändern, wenn das neue Tierschutzgesetz wie geplant beschlossen wird. Die Beratungen in den Gremien des Bundestages sollen direkt nach der Sommerpause starten.

Tierärztekammer: Deutliche Verbesserungen für Tierwohl

Die Reaktionen auf den Gesetzentwurf sind gemischt. Die Bundestierärztekammer etwa hat eine Videoüberwachung in Schlachthöfen schon vor Jahren gefordert. So hieß es in einem Positionspapier aus dem Jahr 2021, dass durch Auswertungen von Überwachungskameras "systematische Mängel sehr gut zu erkennen und abzustellen" seien. "Erfahrungen aus Betrieben, die bereits eine Videoüberwachung eingeführt haben, zeigen, dass dadurch deutliche Verbesserungen erzielt werden können", lautete das Fazit.

Videos
Ein angeklagter Tierazrt mit Hut und Gehstock (unkenntlich gemacht). © NDR
1 Min

Aus Mangel an Beweisen: Tierärzte freigesprochen

Sie waren 2018 als amtliche Kontrollpersonen auf dem Schlachthof tätig, auf dem es zu Tier-Misshandlungen gekommen war. (25.01.2023) 1 Min

Fleischwirtschaft will Kameras nur in tierschutzrelevanten Bereichen

Auch der Verband der Fleischwirtschaft begrüßt den Gesetzentwurf im Grundsatz. Er fordert in einer Mitteilung auf Anfrage des NDR Niedersachsen aber, auch kleinere Betriebe, die nicht über einen eigenen Tierschutzbeauftragten verfügen, in das Gesetz einzubeziehen. Auch sollte die Videoüberwachung "auf die wirklich tierschutzrelevanten Bereiche" beschränkt werden. Die Datenspeicherung bei den zuständigen Veterinärbehörden sei auf ein notwendiges Maß zu reduzieren.

CDU/CSU-Fraktion lehnt Überwachung in Schlachthöfen ab

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hingegen lehnt den Gesetzentwurf in dieser Form ab. "Die vorgesehenen Änderungen haben spürbare einseitige negative Folgen für die heimische Landwirtschaft", teilt der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann aus Lingen im Emsland, dem NDR Niedersachsen mit. Er befürchte mehr Bürokratie und höhere Kosten für die Tierhalter. "In der Folge wird unsere landwirtschaftliche Erzeugung weiter ins Ausland ausgelagert", so Stegemann.

Weitere Informationen
Das Logo des Unternehmens hängt an einer Halle auf einem Schlachthof des Lebensmittelkonzerns Vion. © picture alliance/dpa Foto: Hauke-Christian Dittrich

Vion-Schlachthof in Emstek schließt früher als erwartet

Am Donnerstag sei der letzte Schlachttag geplant, teilte Vion mit. Ursprünglich sollte der Schlachthof im März schließen. (16.02.2024) mehr

Aninova e. V. (ehemals Deutsches Tierschutzbüro e. V.) hat Undercover-Aufnahmen in einem Hähnchenmastbetrieb in Hermsdorf/Bobeck (Saale-Holzland-Kreises, Thüringen) gemacht. © ANINOVA e.V./ANINOVA e.V./obs

Tierquälerei: Tierschützer zeigen Geflügelbetrieb an

Tierschützer haben Bilder aus dem Betrieb veröffentlicht, der auch den Geflügelfeinkost-Konzern Sprehe in Cappeln beliefert. (13.12.2023) mehr

Eine Videoaufnahme zeigt Mitarbeitende eines Hühnermastbetriebes, die sich mit Hühnern bewerfen. © SoKo Tierschutz

Masthühner aufgespießt? Ministerium stellt Strafanzeige

Eine Tierschutzorganisation hat Aufnahmen veröffentlicht, die Tierquälerei im Landkreis Emsland dokumentieren sollen. (28.08.2023) mehr

Thorsten Diekmeyer (2.v.l) und Markus Seiters (2.v.r), die Verteidiger der Angeklagten, stehen neben ihren Mandanten in einem Saal vom Amtsgericht. © Friso Gentsch/dpa Foto: Friso Gentsch

Nach Schlachthof-Tierquälerei: Tierärzte freigesprochen

Vor Gericht konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie von Tierschutz-Verstößen auf dem Schlachthof in Bad Iburg wussten. (25.01.2023) mehr

 

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 24.05.2024 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Massentierhaltung

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Die neue Landtagsabgeordnete Marie Kollenrott im Niedersächsischen Landtag. © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

Angriff auf Grünen-Politikerin Kollenrott: 66-Jähriger vor Gericht

Der Angeklagte muss sich am Montag vor dem Amtsgericht Göttingen verantworten. Das Urteil könnte am selben Tag fallen. mehr