Feiernde Jugendliche: Staatstheater in Schwerin lädt zum Dialog
Immer wieder rufen Schweriner die Polizei, weil sie sich durch Lärm, Müll und manchmal Prügeleien unter Jugendlichen belästigt fühlen. Im Staatstheater wurde gemeinsam nach Lösungen gesucht.
Das Problem ist nicht neu, hat sich nur verlagert. In den vergangenen Monaten haben sich die Treffpunkte vom Schlossgarten an den Lankower See und schließlich wieder zurück in die Innenstadt verschoben. Teilweise treffen sich mehrere hundert Jugendliche insbesondere am Wochenende, aktuell besonders gern am Staatstheater. Hier haben die Anwohner seit Anfang Oktober 16 Mal die Polizei gerufen. Theaterpädagogen haben versucht, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und haben jetzt eine öffentliche Diskussion organisiert. Das Motto: "Reden hilft".
Rund 50 Gesprächsteilnehmer von allen Gruppen
Immer wieder lädt das Staatstheater in der Reihe "Späti Deluxe" zum Diskutieren ein, das Theater möchte sich der Stadt öffnen, das ist das Motto dieser Spielzeit, so Ronja Kindler, eine der Theaterpädagoginnen. Zum aktuellen Thema "Feiernde Jugendliche" kommen tatsächlich mehr als erwartet: Im Konzertfoyer sind es an diesem Sonnabendnachmittag trotz besten Wetters fast 50 Gäste. Viel mehr hätten wegen der Corona-bedingten Abstände nicht ins Konzertfoyer gepasst. Zur Freude der Organisatoren sind alle Gruppen vertreten: etwa 15 Jugendliche, Theatermitarbeiter, Straßensozialarbeiter, Polizisten, Stadtvertreter, Verwaltungsmitarbeiter - und auch ein paar Anwohner.
Polizei bestätigt Einsätze seit Oktober
Ein Mann, der hier direkt in der Nähe des Theaters wohnt, bringt das Problem aus seiner Sicht auf den Punkt: "Freitag, Samstag, das geht teilweise bis zwei Uhr nachts, die machen auf dem Kinderspielplatz ihr großes und kleines Geschäft, der ganze Müll, Scherben überall, das geht gar nicht!"
Die Veranstaltung beginnt damit, dass einige der Anwesenden ihre Sicht auf das Problem erklären. So bestätigt ein Polizist die Einsätze seit Oktober - es gab Beschwerden wegen des Lärms, Müll und auch Prügeleien, teilweise sei auch beobachtet worden, dass Kinder Alkohol trinken. Die anwesenden Straßensozialarbeiter kennen dieses Problem. Im Sommer hatte das Theater Veranstaltungen im Hof angeboten, eine kleine Seitenbühne aufgebaut - dadurch seien die Probleme erst entstanden, findet einer der Anwohner.
Jugendliche verweisen auf Minderheit von Störern
Insgesamt sind es einige Vorwürfe in Richtung der Jugend. Allein das ist aber auch ein Streitpunkt: Mehrere Jugendliche bitten darum, nicht immer "die Jugend" in einen Topf zu werfen. Ein 17-jähriger Schweriner hat eine Mülltüte dabei - er hat die Hinterlassenschaften des Freitagabends zusammengesammelt. Er möchte zeigen: Es ist nicht so viel und außerdem gebe es - wie sein Beispiel zeigt - schon die Bereitschaft, den Müll ordentlich zu entsorgen. Kollektivstrafen - zum Beispiel Alkoholverbot im Schlossgarten - seien nicht die Lösung. "Wenn sich mehr als 15 oder 20 Leute aufhalten wird man dort wieder weggeschickt, das ist so ein bisschen ein Katz-und-Maus-Spiel. Und das ist schade. 95 Prozent der Jugendlichen sind nicht gewaltbereit, werfen nicht mit Flaschen, das ist ein Stereotyp den man von uns hat," so der 17-jährige Hannes Vogt.
Lebhafte Diskussionen in gemischten Gruppen
Zuerst sitzen die verschiedenen Gruppen - Jugendliche, Polizei, Theatermitarbeiter, Anwohner, Straßensozialarbeiter und Mitarbeiter der Verwaltung - getrennt an den Tischen. Dann wird gemischt: Bunt zusammengewürfelt sollen sechs Gruppen diskutieren und Lösungen vorschlagen. 20 Minuten Zeit gibt es dafür. Es wirkt ein bisschen wie Gruppenarbeit in der Schule. Aber es entwickeln sich lebhafte Diskussionen: Am Nebentisch fragt eine Anwohnerin, ob es denn wirklich keine andere Möglichkeit gebe als in großen Gruppen herumzulungern und sich zu betrinken?
Gemeinsame Suche nach Lösungen
Nicht um Fragen, sondern um Vorschläge soll es aber gehen. Und da gibt es in den Gruppen einige Überschneidungen: vor allem mehr Mülleimer und öffentliche Toiletten werden gefordert. Mehr überdachte Plätze, an denen sich Jugendliche treffen dürfen, eventuell auch weiter weg von Wohnungen. Vielleicht sogar selbst verwaltet von den Jugendlichen, betreut von Sozialarbeitern, schlägt eine Streetworkerin vom Dreesch vor. Und immer wieder zu hören ist der Wunsch nach gegenseitigem Respekt und Toleranz.
Wunsch nach weiteren Gesprächen
Es soll nicht bei diesem Austausch bleiben: Theaterpädagogen und Schweriner Straßensozialarbeiter wollen die feiernden Jugendlichen in den kommenden Wochen zu einem Projekt einladen, um die Probleme anzusprechen. Das Projekt soll idealerweise direkt an den Abenden stattfinden, wenn sich die Jugendlichen sowieso treffen, sagt Theaterpädagogin Ronja Kindler. Details werden gerade geklärt. Am Ende der Veranstaltung kommt von vielen Gästen auch diese Rückmeldung: solche Treffen und Diskussionen sollte es öfter geben. Gerne auch mit hohen Vertretern der Verwaltung und hoffentlich auch mal mit denjenigen Jugendlichen, die die Probleme verursachen.
