Corona-Expertenkommission: Der Landrat und die Wissenschaftler
Corona, Schweinepest und Cyberangriff: Durch drei Krisen muss der Landrat in Ludwigslust-Parchim, Stefan Sternberg (SPD), seinen Landkreis derzeit führen. Nun ist er auch noch Mitglied der Corona-Expertenkommission der Bundesregierung. Wie es dazu gekommen ist, erzählt Sternberg im NDR Podcast Dorf Stadt Kreis.
Am 14. Dezember ist die neue Corona-Expertenkommission der Bundesregierung zum ersten Mal zusammengekommen. 19 Männer und Frauen, Virologen, Physiker, Bioinfomatiker, Ethik-Experten, Kommunikationsfachleute, der Chef des Kölner Gesundheitsamtes und: ein Landrat. Stefan Sternberg soll dem sogenannten "ländlichen Raum" eine Stimme geben. "Man hat Erwartungen an uns. Es geht nicht um den Einzelnen, sondern um das, was am Ende als Empfehlung aus dieser Gruppe kommt", sagt Sternberg im NDR Podcast Dorf Stadt Kreis.
Botschaften aus Berlin haben Folgen in der Fläche
In der ersten Sitzung der Kommission ging es vor allem darum, sich kennen zu lernen und die Arbeitsweise der Kommission zu besprechen. Sternberg nutzte dabei die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, welche Folgen Botschaften aus Berlin für die Verantwortlichen in den Städten, Kreisen und Gemeinden haben. Gerade erst hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verkündet, dass im ersten Quartal 2022 der Impfstoff knapp werden könnte. Gleichzeitig aber hatte Lauterbach betont, die Regierung wolle sich um neue Bestellungen bemühen – für Sternberg unklare Signale. "Dann steigt schlagartig der Druck auf unsere Impfzentren. … Warum machen wir erst wieder Verunsicherung, werben aber für weiter Impfen und unsere Teams an der Basis wissen gar nicht mehr, wie sie es den Leuten verkaufen sollen."
Impfzentren durch mobile Teams ersetzt
Als unlängst vielerorts Impfzentren geschlossen wurden und vor allem Ärzte in ihren Praxen die Menschen immunisieren sollten, hatte der Landkreis Ludwigslust-Parchim verstärkt auf mobile Impfteams gesetzt, die nun regelmäßig in den Ämtern und Gemeinden für die Impfwilligen da sind. 6.000 Impfungen setzen die Mitarbeiter pro Woche – 15 Prozent davon sind Erstimpfungen. Vor etwa sechs Monaten, so Sternberg, habe es die meisten Zweitimpfungen im Kreis gegeben, damit sei doch vorhersehbar gewesen, dass genau jetzt – sechs Monate später - der Bedarf an Booster-Impfungen einen Höhepunkt erreichen würde. "Es war doch klar, dass die Hausärzte diesen Druck nicht bewältigen können", sagt Sternberg.
Der Druck im eigenen Landkreis ist hoch

Direkt nach der Sitzung der Expertenkommission ging es am 14. Dezember für den Landrat weiter mit den Problemen, nun im eigenen Landkreis: eine Sitzung des Kreistags mit vielen Fragen. Der Haushalt fürs kommende Jahr ist noch nicht beschlossen. Neben dem Management der Corona-Pandemie hat die Verwaltung auch die Bekämpfung der Schweinepest auf dem Tisch – im Süden des Kreises waren infizierte Wildschweine gefunden worden. Und all die Aufgaben müssen bewältigt werden unter erschwerten Bedingungen, denn die Computersysteme im Kreis funktionieren nach einer Cyberattacke noch immer nicht wie gewohnt. Die Kreistagsmitglieder: besorgt, viele Mitarbeiter in der Kreisverwaltung sind, wie ein großer Teil der Bevölkerung, müde. Einen Grund dafür sieht Sternberg in der oft widersprüchlichen Kommunikation. "Bevor man rausgeht, muss klar sein, schaffen wir das und wie schaffen wir das. Nicht einfach Daten in die Welt setzen, bis wann etwas geschafft sein soll, dabei weiß man gar nicht, wie kriegt es denn im täglichen Brot-und-Butter-Geschäft die kommunale Familie geleistet."
Über das eigene Krisenmanagement in die Expertenkommission
Als Krisenmanager hatte sich Landrat Sternberg bereits 2019 bewähren müssen, beim großen Waldbrand auf dem Gelände eines ehemaligen Truppenübungsplatzes in der Lübtheener Heide. Das Feuer konnte gelöscht werden, ohne dass es Verletzte gab oder Häuser den Flammen geopfert werden mussten. Dabei kam auch die Bundeswehr zum Einsatz, Landrat Sternberg lernte den Generalmajor Carsten Breuer kennen, der jetzt den Krisenstab der Bundesregierung in der Pandemie leitet. Seitdem sind sie in regelmäßig in Kontakt. "Ich habe zu Herrn Breuer gesagt, Herr Breuer, wie bin ich eigentlich hierhin gekommen (in die Expertenkommission A.d.R.) und da hat Herr Breuer zu mir gesagt, weil ich sie in Lübtheen kennen gelernt habe und ich habe der Abteilungsleiterin im Bundeskanzleramt gesagt, dass wir gut zusammengearbeitet haben", erklärt Stefan Sternberg im Podcast. Er geht davon aus, dass die Kommission gerade jetzt häufig tagen wird, möglicherweise auch mehrfach pro Woche. Eine erste wichtige Einschätzung sollen die Experten, so die Erwartung der Bundesregierung, zum Umgang mit der neuen Virusvariante Omikron abgeben.
