Betreiber-Konsortium hält an Nord Stream 2 fest
Das Betreiber-Konsortium der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 will das Projekt trotz der US-Sanktionen fertigstellen. Die Pipeline sei ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Versorgungssicherheit, teilte das Unternehmen mit. "Zusammen mit unseren Partnerfirmen arbeiten wir an der schnellstmöglichen Fertigstellung des Projektes." Wie der Fertigbau laufen soll, sagte ein Sprecher zunächst nicht. Die am Projekt beteiligte Schweizer Firma Allseas, die in erster Linie direkt von den Sanktionen betroffen wäre, kündigte an, den Pipeline-Bau vorerst auszusetzen. US-Politiker hatten der Firma mit "potenziell vernichtenden" Sanktionen gedroht, sollte sie die Pipeline fertigbauen.
Präsident Trump setzt Sanktionspakt in Kraft
US-Präsident Donald Trump hatte am Freitagabend (Ortszeit) ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt unterzeichnet, zu dem auch das Sanktionsgesetz gegen Nord Stream 2 gehört. Es trat mit Trumps Unterschrift in Kraft. Washington argumentiert, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Moskau begeben würde. Die Bundesregierung wird nach Angaben ihres Transatlantik-Koordinators Peter Beyer nicht mit Gegenmaßnahmen auf die US-Sanktionen reagieren. Die Strafmaßnahmen würden sich nicht gegen Deutschland, sondern gegen privatwirtschaftliche Unternehmen richten. "Deshalb wird Deutschland keine Gegenmaßnahmen einleiten. Wenn, müsste dies sowieso auf europäischer Ebene geschehen, aber auch das wird nicht passieren", sagte der CDU-Politiker.
Rund 300 Kilometer Rohre müssen noch verlegt werden
Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Die Erdgasleitung führt von der russischen Ostseeküste nach Lubmin in der Nähe von Greifswald. Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2.100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer zwischen Bornholm und den deutschen Ostseegewässern fehlen noch.
Betreiber der Verlegeschiffe sollen getroffen werden
Die US-Strafmaßnahmen des "Gesetzes zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Ins Visier der USA ist vor allem die Schweizer Firma Allseas geraten. "Wir verstehen, dass die russische Regierung Allseas eine sehr bedeutende Geldmenge dafür bezahlt, die Nord-Stream-2-Pipeline fertigzustellen", hieß es in einem Brief der republikanischen Senatoren Ted Cruz und Ron Johnson an Allseas-Chef Edward Heerema. Sollte die Firma die Arbeiten aber "auch nur für einen einzigen Tag" nach Unterzeichnung des US-Sanktionsgesetzes fortführen, drohten ihr "potenziell vernichtende rechtliche und wirtschaftliche Sanktionen". In dem Schreiben heißt es weiter, dass die US-Regierung dem Kongress zwar erst 60 Tage nach Unterzeichnung des Gesetzes berichten werde, gegen welche Firmen Sanktionen verhängt würden. Allerdings würden bei Verstößen rückwirkend Strafmaßnahmen auch für diesen Zeitraum verhängt.
Auch Einreiseverbote angedroht
Eine 30-tägige Übergangsfrist nach Inkrafttreten gelte nur, wenn Unternehmen überzeugend darstellten, dass sie ihre Arbeiten an dem Projekt abwickelten, warnten die Senatoren. "Sollten Sie versuchen, die Pipeline in den nächsten 30 Tagen fertigzustellen, würden Sie ihren Aktionärswert vernichten und die künftige finanzielle Existenzfähigkeit ihres Unternehmens zerstören." Die USA drohen zudem, Einreiseverbote in die USA zu verhängen. Etwaiger Besitz von Allseas in den Vereinigten Staaten würde eingefroren. Das würde auch das Vermögen von Allseas USA mit Sitz in Houston (Texas) sowie Schiffe des Unternehmens betreffen, die US-Hoheitsgewässer befahren sollten.
Bundeskanzlerin Merkel will hart bleiben
Vor Unterzeichnung des Gesetzes hatte der Kreml bezweifelt, dass die Fertigstellung der Pipeline noch zu verhindern ist. Die Sanktionen seien eine "Verletzung internationalen Rechts". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, im Streit mit den USA über Nord Stream 2 hart bleiben zu wollen. Die Regierung habe nicht die Absicht, bei diesem Projekt zurückzuweichen, sagte sie am Mittwoch im Bundestag. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, es müsse alles für den Fertigbau getan werden: "Deutschland steigt in den nächsten Jahren richtigerweise aus der Atom- und der Kohleenergie aus. Dann brauchen wir die Pipeline für die künftige Energieversorgung." Michael Harms, Geschäftsführer des Ostauschusses der deutschen Wirtschaft, nannte gegenüber NDR Info die Sanktionen ein"absolut negatives Signal für die transatlantischen Beziehungen" und für die langfristige Energiesicherheit Europas. Jedoch glaube er nicht, dass sie die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline stoppen werden.
Kritik kommt auch aus Europa
Nicht nur US-Präsident Trump ist ein vehementer Kritiker der Pipeline, die das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen soll. Auf Kritik stößt das Projekt auch in Teilen Europas. Befürchtet wird vor allem eine Schwächung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer, etwa der Ukraine. Befürworter der Pipeline argumentieren hingegen, dass sie die Energiesicherheit in Europa erhöht und für günstige Energiepreise sorgt - auch im Vergleich zum teureren Flüssiggas aus den USA.