Wie viel Strom kommt in Deutschland aus erneuerbaren Energien?
Bis 2030 sollen insgesamt 80 Prozent des produzierten Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Der Weg dahin wird eine Herausforderung. Daten zeigen, wie der Strommix aktuell aussieht.
Bis 2030 müssen "vier bis fünf Windräder jeden Tag" gebaut werden, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz Anfang Februar an. Die Bundesregierung wolle den Ausbau der Windenergie "generalstabsmäßig" angehen, damit Deutschland das Klimaziel erreicht, bis zum Ende des Jahrzehnts 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu produzieren. Um den Plan zu überwachen, solle es monatliche Gespräche mit den Bundesländern geben, so Scholz.
Bereits jetzt ist oft mehr als die Hälfte des täglich produzierten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Am Samstag waren es etwa 75,7 Prozent. Das zeigen Zahlen der Bundesnetzagentur. Aus der Windenergie kamen dabei 55,7 Prozent des Stroms und aus der Solarenergie 9,8 Prozent. Fossile Energieträger wie Kohle und Erdgas lieferten insgesamt 16,5 Prozent des Stroms.
Wie sich der Strommix zusammensetzt, ist von Tag zu Tag unterschiedlich, denn die Erzeugung erneuerbarer Energie hängt vom Wetter, der Tageszeit und von der Jahreszeit ab. Das wird deutlich beim Blick auf die Stromproduktion eines ganzen Jahres.
Strommix mit mehr Solarenergie im Sommer, mehr Windenergie im Winter
An den längeren Sommertagen liefert die Solarenergie mehr Strom als im Winter. Bei der Windenergie wiederum verhält es sich andersherum: Im Winter liefern Windräder viel mehr Strom als im Sommer. Phasenweise kann dann mehr als die Hälfte des produzierten Stroms aus Windenergie kommen.
Die Grafik zeigt auch: Zu Beginn der Heizperiode im Jahr 2022 wurden vermehrt Kohlekraftwerke für die Stromerzeugung eingesetzt. So sollte während der Energiekrise der Gasverbrauch reduziert werden. Dies schlägt sich auch in der Gesamtbilanz des Jahres 2022 nieder: Der Anteil fossiler Energieträger ist - wie auch schon im Jahr 2021 - im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Dabei nahm der Anteil der fossilen Energieträger in den Jahren vor 2020 kontinuierlich ab, während der Anteil der erneuerbaren Energien zunahm. Im Rekordjahr 2020 kam fast die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Quellen - ein Wert, der seitdem nicht wieder erreicht wurde.
Flaute für die Windenergie im Frühjahr 2021
Der Grund für die Verschlechterung im Jahr 2021: Im Frühjahr gab es laut Statistischem Bundesamt deutlich weniger Wind, sodass der produzierte Strom aus Windenergie um rund 13 Prozent sank. Um die Flaute auszugleichen, wurden vermehrt fossile Energieträger bemüht, aber auch um den Wegfall mehrerer Atomkraftwerke zu kompensieren, die Ende 2021 abgeschaltet wurden.
Ausbau der Windenergie zuletzt eingebrochen
Beim Blick auf den Trend der vergangenen Jahre zeigt sich ein großes Problem des Klimaschutzes: Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht nicht ansatzweise so schnell voran, wie er müsste. Der Ausbau der Windenergie ist seit 2017, als insgesamt 6,1 Gigawatt an neuer Leistung gebaut wurden, eingebrochen. Damals führte die Bundesregierung kompliziertere Genehmigungsverfahren ein. 2022 wurden nur noch etwa 2,1 Gigawatt Onshore-Windanlagen neu gebaut, obwohl die Bundesregierung als Ziel 3 Gigawatt eingeplant hatte. Ab 2025 sollen es sogar 10 Gigawatt im Jahr sein – entsprechend nötig ist auch die aktuelle Ankündigung des Bundeskanzlers.
Bei der Solarenergie läuft es dagegen besser: 2022 sollten 7 Gigawatt an neuer Leistung gebaut werden, am Ende waren es fast 7,2. Aber auch hier zieht das Tempo an: Bereits ab 2026 sollen jährlich 22 Gigawatt dazukommen.
Große Mengen Strom aus Windenergie werden nicht in Stromnetz eingespeist
Ein weiteres Problem: Jährlich können Tausende Gigawattstunden Strom nicht in das deutsche Stromnetz eingespeist werden, weil das Stromnetz sie nicht aufnehmen kann. Kann das Netz die Energie nicht aufnehmen, müssen Anlagen oft abgeschaltet werden. Im Jahr 2021 wurden so rund 5.800 Gigawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien nicht in das Stromnetz eingespeist - etwa 3 Prozent der gesamten Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Wie viel Strom nicht produziert und eingespeist werden konnte, wird errechnet, weil die Anlagenbetreiber dafür entschädigt werden.
Die abgeregelten Strommengen 2021 kamen laut Bundesnetzagentur zu mehr als drei Viertel aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, denn Windenergie wird vor allem im Norden Deutschlands erzeugt. Damit künftig überschüssiger Strom im Norden in andere Teile Deutschlands transportiert werden kann, müssen noch große Teile des Stromnetzes modernisiert oder überhaupt erst gebaut werden. Ende September 2022 waren Arbeiten an knapp 11.800 Kilometern Stromnetz in Planung oder Umsetzung.
