Ein Mann bedient eine Luftwärmepumpe, die im Keller eines Wohnhauses steht. © Silas Stein/dpa
Ein Mann bedient eine Luftwärmepumpe, die im Keller eines Wohnhauses steht. © Silas Stein/dpa
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AUDIO: Heizungsbauer und das Hickhack um das Gebäudeenergiegesetz (4 Min)

Heizungsbauer: Wärmepumpen out - Gasheizungen boomen wieder

Stand: 29.06.2023 17:20 Uhr

Seit Monaten wird in Berlin über das sogenannte Heizungsgesetz gestritten, das ein Baustein der Energiewende in Deutschland werden soll. Die Menschen sind durch die Debatten offensichtlich stark verunsichert worden, welche Heizungsart in Zukunft die richtige für sie ist. Die Nachfrage nach Wärmepumpen etwa ließ zuletzt merklich nach.

von Astrid Kühn

Beim Besuch bei der Heizungsbau-Firma Arnold Rückert GmbH in Hamburg-Wilhelmsburg wird deutlich, dass das Thema Heizen und Heizungen die Menschen trotz Sommerzeit derzeit stark beschäftigt. In der Vergangenheit habe es in der warmen Jahreszeit kaum Nachfragen gegeben. Das sei in diesem Jahr aber ganz anders, berichtet Cathrin Dogan, die bei dem Unternehmen im Kundenservice arbeitet. Am Telefon fragen die potenziellen Kunden für eine neue Heizung nach kurzfristigen Terminen, denn sie seien unsicher, ob sich die Rahmenbedingungen nicht schon bald wieder ändern werden.

Wärmepumpen-Einbau ein Jahr nach dem Auftrag

Da Dogan auf diese Fragen auch keine sichere Antwort geben kann, stellt sie die Anrufer meist direkt durch zu Geschäftsführer Andreas Schuhmann. Er kann sich über zu wenig Anfragen und Aufträge nicht beschweren. "Los ging es im vergangenen Jahr. Durch die hohen Energiepreise infolge des Russland-Ukraine-Kriegs wollten viele Menschen Wärmepumpen haben, die aber ganz lange Lieferzeiten hatten. Heute bauen wir die Heizungen bei denen ein, die vor einem Jahr beauftragt und bestellt worden sind."

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Andreas Schuhmann von der Heizungsfirma Rückert in Hamburg sitzt in seinem Büro an einem Schreibtisch. © NDR Foto: Astrid Kühn
Andreas Schuhmann erlebt täglich, wie verunsichert die Verbraucher in Sachen Heizungseinbau derzeit sind.

Mittlerweile habe sich die Nachfrage im Heizungsbereich zumindest in seinem Betrieb aber komplett gedreht, berichtet Schuhmann: "Aktuell interessiert sich keiner mehr so richtig für Wärmepumpen, obwohl das eigentlich ja so sein müsste. Stattdessen möchten alle noch schnell eine Öl- oder Gasheizung haben - und zwar im alten Stil, ohne zusätzlich erneuerbare Energien einzubauen, weil das dieses Jahr noch möglich ist." Bereits seit zwei Monaten sei sein Unternehmen aus diesem Grund bis Ende des Jahres komplett mit Terminen ausgebucht. "Das gab es noch nie."

Ein Grund für das Interesse an einer Öl- oder Gasheizung seien die geringeren Investitionskosten im Vergleich zu einer Wärmepumpe, so Geschäftsführer Schuhmann. "Dabei erkläre ich diesen Kunden, dass das, was sie jetzt beim Einbau sparen, durch die steigenden Preise für Öl und Gas in den nächsten Jahren mit Sicherheit aufgefressen wird."

Gasheizungen nach wie vor am beliebtesten

Anfang 2023 waren in der Branche noch deutlich mehr Wärmepumpen verkauft worden als im Vorjahresquartal - wenn auch auf niedrigem Niveau. Die begehrteste Heizart war auch zuletzt die Gasheizung: Mehr als die Hälfte der zwischen Januar und März verkauften Anlagen laufen mit Gas, erklärt Schuhmann: "Die Verunsicherung ist da. Die Menschen wissen nicht, ob eine Wärmepumpe für sie möglich ist, wie hoch die Kosten und wie lange die Lieferzeiten sind. Deshalb machen sie dann in diesem Bereich: erst mal gar nichts."

Schuhmann erwartet, dass sich an diesem Verhalten der Verbraucher erst einmal auch nichts ändern werde. Die politische Debatte habe aus seiner Sicht der Wärmepumpe geschadet.

Starker Rückgang bei Nachfrage nach Wärmepumpen

Darauf deuten auch die Zahlen hin, zum Beispiel die der Anträge auf Förderung beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Im Mai 2023 wurden dort 8.000 Wärmepumpen beantragt - zwölf Monate zuvor waren es mit 30.000 etwa dreieinhalb mal so viele gewesen. Und noch eine weitere Zahl als Beleg für die Verunsicherung bei den Verbrauchern: Rechnet man die seit Jahresbeginn eingegangenen Förderanträge für Wärmepumpen hoch und vergleicht sie mit dem Vorjahr, kommt man auf einen Nachfrage-Rückgang von zwei Dritteln.

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Nur wenige Kunden lassen sich überzeugen

Heizungsbauer Schuhmann berichtet aus seinem Arbeitsalltag, dass er in Gesprächen mit Kundinnen und Kunden die Vorteile eines Wärmepumpen-Einbaus zu erklären versucht: "Das sind aber eher wenige - und die muss man förmlich überzeugen. Anrufer, die sagen: 'Herr Schuhmann, ich möchte eine Wärmepumpe', die gibt es im Moment fast gar nicht."

Wenn sich aber jemand doch für eine Wärmepumpe entscheidet, folgt gleich der Hinweis auf die weiterhin langen Lieferzeiten - und die ausgebuchte Terminlage in seinem Unternehmen. Auch einen langjährigen Kunden, der kürzlich kurzfristig seine Leck geschlagenen Öltanks austauschen lassen wollte und dabei an eine Wärmepumpe gedacht hatte, musste Schuhmann deshalb notgedrungen vertrösten.

Bundestag soll Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause verabschieden

Auf die Pflicht zur Beratung vor dem Einbau einer neuen Gasheizung, die im neuen Gebäudeenergiegesetz wohl vorgesehen sein wird, blickt der Heizungsbauer entspannt. Die Leute riefen ja eh schon an und wollten vor allem beraten werden. In diesem Punkt werde sich für seine Firma wohl nicht viel ändern, wenn das Gesetz in Kraft tritt.

Nach wochenlangen Auseinandersetzungen hatten Vertreter von SPD, Grünen und FDP im Bundestag Ende Juni eine Einigung über wichtige Fragen bei der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes erzielt. Der im vergangenen April vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf soll nun entsprechend geändert werden - und das sogenannte Heizungsgesetz dann noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wirtschaft | 29.06.2023 | 07:40 Uhr

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