Hafenarbeiter gehen zu einer Streikversammlung im Hamburger Hafen. © picture alliance/dpa Foto: Markus Scholz

Warnstreik in den Häfen legt Containerverkehr lahm

Stand: 10.06.2022 11:09 Uhr

Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter in den großen norddeutschen Häfen sind dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di gefolgt und haben am Donnerstagnachmittag die Arbeit niedergelegt. Betroffen waren die Häfen in Hamburg, Emden, Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven.

In Hamburg legten Hafenbeschäftigte die Abfertigung von Containerschiffen lahm. Allein an den drei Terminals des Logistikunternehmens HHLA beteiligten sich nach Angaben von ver.di fast 1.000 Beschäftigte an den Arbeitsniederlegungen. Beim Konkurrenten Eurogate zählte die Gewerkschaft rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. "Alles steht", hieß es dort mit Blick auf die Abfertigung von Containerschiffen.

Dutzende Schiffe warten in der Deutschen Bucht

Der Warnstreik dürfte die ohnehin massiven Verspätungen an der Kaikante weiter vergrößern. Wegen der in Folge der Corona-Pandemie aus dem Tritt geratenen Containerschifffahrt warten derzeit Dutzende Schiffe in der Deutschen Bucht auf ihre Abfertigung. Allein für die drei HHLA-Terminals lägen zehn Schiffe vor Helgoland auf Reede, sagte ein HHLA-Sprecher.

1.000 Hafenarbeiter in Bremerhaven im Warnstreik

In Bremen und Niedersachsen war die Abfertigung von Containerfrachtern und Autotransportern ebenfalls lahmgelegt. Im zweitgrößten deutschen Hafen Bremerhaven beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben etwa 1.000 Beschäftigte. An der Stromkaje seien in der Spätschicht keine Containerschiffe mehr be- oder entladen worden. "Die Brücken stehen alle still", sagte ein ver.di-Sprecher. Auch die Autoverladung war betroffen.

Ver.di fordert "tatsächlichen Inflationsausgleich"

Ver.di verlangt angesichts der allgemeinen Teuerungsraten von fast acht Prozent unter anderem einen nicht näher bezifferten "tatsächlichen Inflationsausgleich" sowie eine Erhöhung der Stundenlöhne um 1,20 Euro für die rund 12.000 Beschäftigten in 58 tarifgebundenen Betrieben in Niedersachsen, Bremen und Hamburg. "Das von den Arbeitgebern bislang vorgelegte Angebot ist völlig unzureichend", hieß es von der Gewerkschaft. Die Hafenbeschäftigten hätten während der Corona-Pandemie durchgehend an der Belastungsgrenze gearbeitet, teilweise auch darüber hinaus.

Arbeitgeber: Geplante Entlastungen reichen aus

Die Arbeitgeberseite bietet bislang zwei Erhöhungsschritte in diesem und im nächsten Jahr von 3,2 und 2,8 Prozent und Einmalzahlungen von insgesamt 600 Euro an. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) bekräftigte, dass das Angebot im Zusammenwirken mit zahlreichen von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungen einen Inflationsausgleich bewirke.

Gestörte Lieferketten: "Warnstreiks sind verantwortungslos"

"Wir rufen die ver.di-Bundestarifkommission dazu auf, auf Streiks zu verzichten und auf Grundlage unseres guten ersten Angebots zu verhandeln", sagte ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel. "Jetzt zu Warnstreiks aufzurufen, ist absolut verantwortungslos." Man befinde sich wegen der weltweit gestörten Lieferketten ohnehin mitten in einer absoluten Ausnahmesituation. "Von der einen Seite kommt eine große Welle verspäteter Schiffe auf uns zu, auf der anderen Seite gibt es große Engpässe im Güterverkehr der Bahn."

Nächste Verhandlungsrunde am Freitag

Bei zwei Verhandlungsrunden hatten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber bislang nicht angenähert. Am Freitag findet die dritte Tarifrunde statt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 09.06.2022 | 17:00 Uhr

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