Kommentar: Der Hamburger Doppelhaushalt - Rekord mit Risiken
Mehr als 37 Milliarden Euro - so viel Geld will der Hamburger Senat in den kommenden zwei Jahren ausgeben. Den entsprechenden Haushaltsentwurf hat der Senat in dieser Woche in die Bürgerschaft eingebracht. Der Entwurf ist schon etwas überholt, bevor er auf den Weg gebracht ist, findet Dietrich Lehmann in seinem Kommentar.
37 Milliarden Euro. Das ist viel Geld, sehr viel Geld. Der nächste Doppelhaushalt der Freien- und Hansestadt sprengt alle Rekorde. Und doch wird das Geld am Ende nicht ausreichen. So viel ist schon jetzt klar. Die steigenden Energiepreise, die Inflation, aber auch höhere Tarifabschlüsse als wir sie bisher kannten: Das alles könnte dem Finanzsenator einen Strich durch die Rechnung machen.
Hamburg steht noch gut da
Wobei Hamburg insgesamt gar nicht schlecht dasteht. Die Stadt ist finanziell viel besser als befürchtet durch die Corona-Krise gekommen. Das betonen sowohl der Senat als auch Teile der Opposition und selbst der Rechnungshof. Nur gut die Hälfte der zusätzlichen Milliarden, die die Bürgerschaft an Hilfen genehmigt hat, ist tatsächlich auch verbraucht worden. Und die Steuereinnahmen sprudeln wieder wie vor Corona.
Risiko 1: Konsumlaune getrübt
Aber wie lange noch? Die Einzelhändler in der Hamburger City klagen schon: Es wird zwar noch viel angeschaut in den Läden, aber weniger gekauft als noch vor ein paar Monaten. Der Schuhhändler Görtz, eine Hamburger Institution, ist sicher nicht der letzte Einzelhändler, der zum Sanierungsfall wird. Die Konsumlaune ist getrübt, durch Ukraine-Krieg, die steigenden Preise auch für Lebensmittel. Wem kann man es verübeln, dass er lieber für die nächste Strom- und Gasrechnung spart?
Risiko 2: Konjunktur bricht ein
Das ist aber erst der Anfang. Was passiert, wenn weitere Großunternehmen dem Beispiel des Stahlwerks ArcelorMittal folgen, und ihre Produktion herunterfahren? Im besten Fall mehr Kurzarbeit, im schlechtesten mehr Arbeitslose. So oder so fehlen Hamburg dann Steuereinnahmen.
Risiko 3: Steigende Energiepreise
Die hohen Energiepreise sorgen aber auch dafür, dass die 37 Milliarden Euro wohl nicht ausreichen werden, damit alle Schulen, alle Behörden, alle Ämter im Winter einigermaßen warm bleiben. Genauso wie Theater, Sporthallen und Museen. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) arbeitet schon an einem Nachschlag für das laufende Jahr. Aber was kommt 2023 und 2024?
Risiko 4: Tarifverhandlungen
Anfang des Jahres beginnen jedenfalls die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Üblicherweise gibt es in den Haushaltsentwürfen dafür einen Puffer, der Lohnsteigerungen von 1,5 oder 2 Prozent zulässt. Damit wird sich die Gewerkschaft ver.di diesmal nicht zufriedengeben. Mindestens Inflationsausgleich, lautet die Devise, die ver.di ausgegeben hat.
Finanzsenator muss nachbessern
Alles zusammen kostet Geld, das bislang nicht im Haushalt der Stadt eingeplant ist. Entweder muss der Finanzsenator etwas draufpacken. Oder er kommt nicht drumherum, doch noch Projekte auf den Prüfstand zu stellen, die für den ein oder anderen in der rot-grünen Koalition Herzensanliegen sind. So oder so: Krise tut weh.
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