Junge starb nach Operation: Vater sagt vor Gericht aus
Im Prozess gegen zwei Ärzte, in deren Harburger Praxis 2007 ein Junge nach einer Operation starb, hat am Freitag der Vater des Kindes ausgesagt.
Noch heute, 15 Jahre später, kann der Vater kaum über den Tod seines Sohnes sprechen. Ehe er mit seiner Aussage beginnt, schluchzt er lautstark. Dann erzählt er, wie er damals im Aufwachraum darauf wartete, dass sein Sohn aus der Narkose erwacht. Mehrfach sei er zu einer Arzthelferin gegangen, weil das so lange gedauert habe, erinnert er sich. Statt einen Arzt zu holen, mahnte die ihn zur Geduld. "Niemand ist zu meinem Kind gekommen. Niemand", ruft der Vater in den Gerichtssaal.
Vorwurf: Keine ausreichende Versorgung im Aufwachraum
Die Ärzte, die dem Vater im Saal gegenüber sitzen, blicken starr an ihm vorbei. Dem 64 Jahre alten Operateur wirft die Anklage Körperverletzung mit Todesfolge vor, dem 68 Jahre alten Mitinhaber der Praxis in Harburg Beihilfe durch Unterlassen. Der 64-Jährige soll den Jungen 2007 unter Vollnarkose in einer Arztpraxis operiert haben, um die Nasenatmung des Jungen zu verbessern. Der Eingriff verlief offenbar ohne Komplikationen. Im Aufwachraum sei es jedoch zu einer Nachblutung gekommen, an deren Folgen der Junge nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Woche später starb. Das Kind sei im Aufwachraum nicht ausreichend überwacht worden. Zudem sei die Praxis personell und apparativ nicht so ausgestattet gewesen, wie es die medizinischen Standards vorsehen.
Wurde der Vater ausreichend aufgeklärt?
Infrage steht im Prozess auch, ob der Vater damals ausreichend über die Risiken aufgeklärt wurde. Er hatte den Aufklärungsbogen vor der OP zwar unterschrieben. Im Gericht kommt aber heraus, dass der 53-Jährige nur gebrochen Deutsch spricht und gar nicht lesen kann. Auf die Frage, warum er dann unterschrieben habe, sagte der Vater: "Wenn ein Arzt mir etwas vorlegt, muss ich das doch unterschreiben." Der Mann hatte jahrelang darum gekämpft, dass den Inhabern der HNO-Praxis überhaupt der Prozess gemacht wird.
Narkoseärztin musste Geldstrafe zahlen
Eine an der Operation beteiligte Anästhesistin war bereits Ende 2009 wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Gegen die beiden Ärzte hatte die Staatsanwaltschaft damals die Ermittlungen eingestellt, die Akten wurden geschlossen. Dagegen war die Mutter des Kindes vorgegangen und hatte zweimal sogar das Bundesverfassungsgericht angerufen.