Hamburger CDU: Ärger um Aufnahme von Ex-AfD-Chef Kruse

Stand: 02.09.2022 10:33 Uhr

Der frühere Hamburger AfD-Vorsitzende Jörn Kruse ist der CDU beigetreten. Das bestätigte Kruse am Mittwoch. Der Schritt sorgte teilweise für Verärgerung in der Hamburger CDU.

Aufgenommen wurde der 73-Jährige vom CDU-Kreisverband Hamburg-Nord, dessen Vorsitzender CDU-Landeschef Christoph Ploß ist. "Der CDU-Kreisvorstand Hamburg-Nord, dem alle Strömungen und Vereinigungen der CDU angehören, hat einstimmig entschieden, Professor Jörn Kruse in die CDU aufzunehmen", teilte der Verband mit.

2018 aus der AfD ausgetreten

Der Ökonom und frühere Hochschullehrer Kruse war von 2013 bis 2015 Landesvorsitzender der AfD und anschließend deren Fraktionschef in der Bürgerschaft. 2018 hatte er den Vorsitz niedergelegt und war aus der Partei ausgetreten. Als Grund hatte er "die zunehmende Zusammenarbeit von Teilen der AfD, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, mit Rechten und Rechtsradikalen" genannt.

Kruse liebäugelte seit längerem mit einem politischen Neustart in der Union. In einem Interview sagte er Ende 2020, unter einem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz sei für ihn ein Comeback in der CDU vorstellbar. Merz ist inzwischen Bundesvorsitzender der CDU und deren Fraktionschef im Bundestag.

Ploß: AfD "Sammelbecken von Rechtsradikalen"

"Die CDU war immer dann erfolgreich, wenn sie christlich-soziale, liberale und konservative Strömungen vereint hat. Ein solcher Ansatz hat die Demokratie in Deutschland immer gestärkt", erklärte Ploß in der CDU-Mitteilung. "Die heutige AfD ist nur noch ein Sammelbecken von Rechtsradikalen und Rassisten in Deutschland." Einer Zusammenarbeit oder Kooperation erteilte er eine Absage. Die AfD gehöre vielmehr "auf den Scheiterhaufen der Geschichte", so Ploß.

AfD: "CDU bedient sich an politischer Ramschware"

Die AfD reagierte mit scharfen Worten auf Kruses CDU-Eintritt. "Der Wechsel in die ausgemerkelte CDU fügt sich ins Bild Kruses gescheiterter Parteikarriere, die längst vorüber ist", sagte der Landesvorsitzende Dirk Nockemann einer AfD-Mitteilung zufolge. "Mit dem Beitritt in die CDU bedient sie sich an politischer Ramschware."

Massive Kritik in der CDU

Viele in der Hamburger CDU übten Kritik an der Aufnahme Kruses. Sven Hielscher vom Landesvorstand sagte dem Hamburg Journal im NDR Fernsehen am Donnerstag: "Wir haben eine klare Abgrenzungsstrategie bisher gefahren. Die verliert an Glaubwürdigkeit, wenn wir jetzt ehemalige führende Mandatsträger der AfD nach kurzer Zeit aufnehmen."

Weinberg: "Problematische Entscheidung"

Auch der ehemalige Bürgermeisterkandidat Marcus Weinberg kritisierte die Aufnahme Kruses. Und er bemängelte, dass Landeschef Ploß sein Vorgehen nicht innerparteilich abgestimmt habe. Kruse habe besondere Verantwortung bei der AfD getragen - "auch schon für eine AfD, die sich radikalisiert hat, die ausgegrenzt und gespalten hat". Deswegen hätte man die Aufnahme Kruses zuvor in den Gremien besprechen müssen. Denn der Vorgang habe eine große Wirkung für die CDU, auch über Hamburg hinaus. Er sprach von einer "problematischen Entscheidung".

Auch Thering distanziert sich

CDU-Fraktionschef Dennis Thering distanzierte sich ebenfalls. Er teilte mit: "Wir haben als CDU keinerlei Schnittmengen mit der Ex-Partei von Herrn Kruse. Er hat sich mit der AfD während der fortschreitenden Radikalisierung gemein gemacht, sie an führender Stelle in Hamburg über viele Jahre repräsentiert und die immer wieder rassistischen, antisemitischen und antidemokratischen Äußerungen zumindest hingenommen."

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 01.09.2022 | 19:30 Uhr

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