Stand: 27.05.2019 14:17 Uhr

Die Schnitger-Orgel in St. Peter und Paul Cappel

Arp Schnitger war der bedeutendste Orgelbauer der Barockzeit in Nordeuropa. Er starb vor 300 Jahren und hinterließ einen großen Bestand an originalen Instrumenten. Die nachhaltige Bauweise und der faszinierende Klang seiner Instrumente wurden zum Vorbild für die Orgelästhetik im 20. Jahrhundert. Kein anderer Orgelbauer der Vergangenheit hat einen so großen Einfluss ausgeübt wie er.

Schnitgers Meisterinstrument ist die am besten erhaltene norddeutsche Orgel aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurde 1680 fertiggestellt und stand ursprünglich in der heute nicht mehr existierenden Hamburger St. Johannis-Klosterkirche.

Über ihr Schicksal liest man in dem 1974 erschienenen Standardwerk "Arp Schnitger und seine Schule" von Gustav Fock, an dem Harald Vogel mitgearbeitet hat: "Die Kirche des Dominikanerklosters St. Johannis hat wahrscheinlich schon in vorreformatorischer Zeit eine kleine Orgel besessen. Nach der Reformation blieb die Kirche zunächst unbenutzt. Erst ab 1546 wurde sie wieder für den Gottesdienst hergerichtet, und etwa 1550 vereinbarte man mit dem niederländischen Meister Jasper Johansen, der gemeinsam mit Hendrik Niehoff einen großen Umbau der Petri-Orgel ausführte, den Bau einer kleinen Orgel in St. Johannis. Als aber 1551 der Pastor Dietrich Jürgens von St. Johannis als Hauptpastor an die Nikolaikirche berufen wurde und der Meister sich beklagte, dass der Orgelbau dadurch nicht zustande käme, entschädigte ihn die Katharinenkirche, für die er gerade tätig war, mit 5 Talern. Erst 1567 schritt man zum geplanten Orgelbau. Diese Orgel wurde 1680 von Arp Schnitger durch einen Neubau, in den er viele alte Stimmen übernahm, ersetzt. Leider sind darüber im Hamburger Staatsarchiv keine Akten vorhanden. Es hat sich aber oberhalb des Spieltisches auf braunem Untergrund eine Aufschrift in Gold erhalten, die besagt, dass die Orgel 'von April bis Dezember 1680' von Arp Schnitger erbaut ist."

Eine Zeugin der hamburgischen Musikgeschichte

Arp Schnitger - Ein Stradivari der Orgel

Arp Schnitger berichtet selbst in einem Brief von seinem Plan, die Orgel bis Michaelis 1680 vollenden zu wollen. Da im St. Johannis-Kloster auch Hamburgs Kantorei untergebracht war, haben hier auch die großen oratorischen Aufführungen stattgefunden - unter Leitung von Georg Philipp Telemann oder der seines Nachfolgers Carl Philipp Emanuel Bach zum Beispiel. Aber nicht nur diese beiden Musiker dürften auf ihr gespielt haben, sondern es ist sehr wahrscheinlich, dass sich auch Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach während ihrer Hamburg-Aufenthalte die Möglichkeit nicht entgehen ließen, das prachtvolle Instrument zu spielen. Der original erhaltene Spieltisch atmet also Musikgeschichte.

"Im Verlauf des 18. Jahrhunderts scheinen an der Orgel keine Veränderungen stattgefunden zu haben", schreibt Gustav Fock weiter. "Während der französischen Besatzung wurde die Kirche als Magazin benutzt und danach nicht wieder zu Gottesdiensten verwendet. Schließlich musste sie 1829 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Die Orgel war bereits 1816 für 600 Taler nach Cappel bei Bremerhaven verkauft worden, wo sie noch heute als eine der schönsten alten Orgeln Norddeutschlands erhalten ist."

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | | 24.02.2019 | 18:00 Uhr

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