Göttingen: Jazz und Techno beim Festival-Finale begeistert
Das Göttinger Jazzfestival ist nach zwei dürren Corona-Jahren wieder zum gewohnten Konzept zurückgekehrt. Gleichzeitig haben die Organisatoren einen neuen Weg eingeschlagen: Beim Festival-Finale am Sonnabend gab es Jazz und Techno.
Fünf Euro Eintritt für das Konzert der Jazzrausch Bigband aus München mit anschließender Technoparty: Dieses spezielle Angebot für Studierende, mit dem Kulturticket der Universität lassen sich einige Dutzend Studentinnen und Studenten nicht entgehen. Hilmar Beck vom Göttinger Jazzfestival hält diesen neuen Ansatz für gelungen. "Das Konzept scheint aufzugehen", sagt er. "Die Band ist hervorragend auch für jüngere Altersklassen, aber ich muss sagen: Auch in meinem gesetzten Alter kann ich dem was abgewinnen."
Techno und Jazz - passt das überhaupt zusammen?
Leonhard Kuhn, der Komponist der Jazzrausch Bigband, liefert die Technobeats und elektronischen Sounds von seinem Laptop aus. Er prüft, ob alle Kabel sitzen, während der aufwendige Bühnenaufbau unter Hochdruck vonstattengeht. Technobeats, dazu ein neunteiliger Bläsersatz von der Trompete bis zur Bassklarinette, Gesang, Gitarre, Synthesizer, E-Bass und Schlagzeug. Techno mit Standard-4/4-Beat und vertrackter Jazz - passt das überhaupt zusammen?
"Das passt eigentlich super", meint Leonhard Kuhn. "Man kann auch bei einem Standard-4/4-Beat noch superviel anderes Vertracktes dazu machen. Jazz muss ja auch nicht unbedingt immer vertrackt sein, sondern kann ja immer mal auch schöne Melodien oder einfach schöne Stimmung haben. Und die Soli sind natürlich trotzdem improvisiert bei uns."
Erst tanzen nur einige - dann explodiert die Stimmung
Der mächtige Bläsersatz der Band entfaltet schon beim ersten Song "Green Sun" seine Wirkung. Manche stehen von den Sitzen auf und spätestens beim Einsetzen der Technobeats fangen einige an zu tanzen. Posaunist und Bandleader Roman Sladek reicht das aber noch nicht: "Ich kann euch prophezeien, es wollen ziemlich bald ziemlich viele Menschen tanzen."
Nicht nur ziemlich bald. Bereits beim zweiten Song explodiert sie Stimmung: Die Klappstühle vor der Bühne werden beiseite geräumt, ein Dancefloor entsteht und auch auf den meisten Sitzplätzen steht das Publikum auf, bewegt sich, klatscht zum Beat. Dazwischen gibt es Soli, wie das von Florian Leuschner am Bariton-Saxophon, die den Saal zum Kochen bringen.
Das Konzept begeistert das Publikum
Ganz klar: Das Konzept Jazz und Techno geht auf, auch beim Publikum. "Es hat gebebt", meint Anja Eckermann. "Jung, alt - alle dicht zusammen, tanzend - das war richtig gut!" Eine Gruppe Studentinnen und Studenten, die eigentlich wegen der anschließenden Technoparty gekommen war, hat das Konzert geradezu umgehauen. "Die Band war richtig krass", schwärmt Kurt Klukkert. "Ich glaube, die fanden alle richtig stark. War ein Erlebnis, hätte ich nicht gedacht." Und Melanie Tuth hat das Konzert auf einen ganz anderen Gedanken gebracht: "Ich glaube, ich habe die Band für meine Hochzeit gefunden - später einmal. Beziehungsweise die Richtung, weil: Da geht jeder ab - und ja, es war life changing."
Geringere Einnahmen bleiben ein Problem
Nach dem Konzert legt Leonhard Kuhn von der Jazzrausch Bigband noch bis tief in die Nacht auf. Hilmar Beck ist zufrieden mit dem 45. Göttinger Jazzfestival, das erstmals seit Corona wieder so veranstaltet wurde, wie es sich bewährt hat: Mit parallelen Konzerten im Deutschen Theater auf drei Ebenen und dem dazugehörigen Gewusel. Wobei, nicht ganz: Die Zahl der Tickets wurden reduziert, statt 1.200 nur etwas über 800 Besucherinnen und Besucher am Abend, damit es nicht zu voll wird.
"Die Resonanz des Publikums - auch wenn es ein kleineres war - gibt uns Recht", sagt Hilmar Beck. "Die Leute wollen die Musik wieder hören. Insofern werden wir auch im Zweifelsfall ein Defizit in Kauf nehmen und durch Rücklagen oder durch Sonderveranstaltung, die wir noch planen, kompensieren." Geringe Einnahmen sind also weiter ein Problem. Doch nach zwei dürren Corona-Jahren ist zumindest die vertraute Stimmung beim Göttinger Jazzfestival wieder da.