Straßenfotograf Stefan ist in der Innenstadt in Leer unterwegs. © NDR

Ein Fotograf zwischen Top und Flop auf Instagram und TikTok

Stand: 10.11.2023 09:21 Uhr

Stefan Ostendörp fotografiert und filmt Menschen, die er auf den Straßen seiner Heimatstadt Leer sieht. Damit trifft er offenbar einen Nerv: Seine Beiträge werden auf TikTok und Instagram millionenfach geklickt.

von Elske Beermann

All das spielt im beschaulichen Ostfriesland. Hauptsächlich in der Fußgängerzone in Leer. Das ist Stefans Revier. Eine kleine Videokamera um den Körper geschnallt, Fotoapparat in der Hand - so geht’s durch die City, auf der Suche nach interessanten Gesichtern. Seine größte Herausforderung: Leute ansprechen. Das mag er nicht, besonders, wenn er ein "Nein" bekommt. Ablehnung ist für den "Straßenaffen", so nennt er sich im Netz, schwierig. Aber er übt. Das erste Pärchen, dass er im Sommer um ein Foto bittet, sagt ja. "Keine Ahnung, ob ich weitergemacht hätte, wenn die ersten nicht gewollt hätten", sagt Ostendörp. Glück gehabt. Ziemlich schnell bekommt einer seiner ersten Posts viel Zuspruch.

VIDEO: Ostfriesland kommt bei Tiktok groß raus (4 Min)

Bilder aus Leer: Der erste Erfolg auf Instagram

Auf der Social-Media-Plattform Instagram zu sehen: eine ältere Dame, flotten Schrittes unterwegs und auf dem Foto strahlend wach und dynamisch. Inzwischen hat das Video über eine Million Aufrufe und rund 900 Kommentare. Nur nette. Fast. Einige kritisieren, dass Stefan die Dame beim Ansprechen an die Schulter tippt. Ein User schreibt: "Was, wenn sie dir ihre Handtasche um die Ohren gehauen hätte?" Stefans Antwort: "Dann hätte ich es wohl verdient gehabt." Auf jeden Fall fasst er niemanden mehr an. Sicher ist sicher.

Auf einem Foto ist eine Frau zu sehen. © NDR
Manche seiner Porträts, die er auf Instagram und TikTok hochlädt, erhalten viele Tausend Kommentare, zumeist positive.
"Ich mache, was ich gerne mache: fotografieren"

Warum kam das Video so gut an? Weil Emotionen im Spiel sind, meint Stefan. Erst nach dem Ansprechen erfahren Stefan und seine Follower: Die Dame ist 96. Das berührt. Stefans Wunsch: So ein kleiner großer Erfolg darf gern nochmal kommen - aber es ist auch okay, wenn nicht, sagt er. "Ich mache, was ich gern mache, nämlich fotografieren. Und das kommt auch noch gut an." Mehr will er erstmal gar nicht.

Der erste Shitstorm auf TikTok

Ebenfalls hoch im Kurs auf TikTok: ein junger Mann aus Oldenburg, das Gesicht tätowiert. Hier gab's den ersten kleinen Shitstorm, nicht gegen Stefan, das Aussehen des Mannes wurde massiv kritisiert. "Ich habe den Mann erstmal angeschrieben und ihm vorgeschlagen, alle Kommentare zu löschen. Aber er sagte: 'Kein Problem. Musst du nicht. Da stehe ich drüber.'" Beleidigende Kommentare habe Stefan trotzdem gelöscht, aber es entbrannten Diskussionen: Bekommt so jemand einen Job? Hat er sich das gut überlegt? "Ich antworte sachlich", sagt Stefan. "Du musst es nicht leiden mögen, du musst es nur respektieren." Die Diskussionen unter den Kommentaren sind aber auch immer eine Chance: Je öfter ein Video komplett angesehen und kommentiert wird, desto größer die Chance auf eine höhere Reichweite.

Das innere Bibbern bleibt

Stefans Devise: Jeder Mensch hat etwas Schönes an sich. So fotografiert er auch. Dann lädt er zwischen 16 und 19 Uhr, zu Feierabendzeiten, seine Videos hoch. "Wenn man Schüler und Schülerinnen erreichen möchte, lädt man eher gegen Schulschluss Videos hoch." Kleine Tricks und Kniffe, keine Garanten für Erfolg oder Misserfolg. Einige persönliche Erfolge gibt es aber doch: Wenn das Projekt nicht so gut angekommen wäre, hätte Stefan nach vier Wochen aufgehört zu posten. So freut er sich über den Zuspruch. Die Angst vor der Ablehnung auf der Straße wird aber wohl bleiben, sagt er - es sei denn, er wird damit irgendwann mal so bekannt wie sein Vorbild Weniamin Schmidt, auch TikToker und Straßenfotograf. Dann würde er nämlich selbst auf der Straße angesprochen und müsste das nicht mehr selber machen. Stefan lacht: "Aber das ist schon okay. Von zehn Leuten machen schließlich fast immer sieben mit. Und die, die nicht wollen, haben immerhin ein schönes Kompliment von mir bekommen."

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 09.11.2023 | 19:30 Uhr

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