Offenes Atelier von Jeannine Platz in Hamburgs Innenstadt
Für ihre großformatigen Hafenbildern ist die Malerin und Kalligrafin Jeannine Platz über die Grenzen Hamburgs bekannt geworden. Nun zeigt sie ihre Arbeiten in einem offenem Atelier - neben dem Hamburger Rathaus. Ein Ortsbesuch.
Spätsommer in der Hamburger-City. Neben dem Rathaus gehen Banker flotten Schrittes durch den Alten Wall. Die aufgeknöpften Jackets flattern in der frischen Brise vom Fleet. Einige haben ihr Handy am Ohr. Touristen schlendern Eis schleckend vorbei. Bleiben bei einem großen Ladengeschäft neben dem Bucerius Kunstforum stehen. Schauen irritiert auf die großen, kalligrafierten Schriftzüge auf den Schaufenstern. Unübersehbar prangt ein Name über dem Eingang: "Jeannine Platz”.
Erste große Retrospektive von Jeannine Platz
750 Quadratmeter auf zwei Etagen: Platz - im wahrsten Sinne des Wortes. "Alle Bilder können mal atmen", erzählt die Malerin. "Alle Bilder können sich mal entfalten. Das hab ich ja sonst nie. Ich habe alles in meinem Atelier - da hab ich auch 100 Quadratmeter, aber trotzdem sind sie dort gestapelt und eingepackt. Dann hab ich Ausstellungen und zeige immer ein Thema und hier darf ich alles zeigen, aus alle Schaffensphasen - das ist was ganz Besonderes für mich."
Es ist wohl die erste große Retrospektive der Malerin. Da finden sich aus den Anfängen Akte, viele kalligrafische Arbeiten, wie der gold-beschriebene schwarze Konzertflügel, aber natürlich jede Menge Hafenbilder, für die sie bekannt geworden ist. Ebenso die Suite Views, Blicke aus weltweiten Hotelzimmern, oder weiße Schneelandschaften von ihren Reisen in die Antarktis, an den Nordpol oder Island. Und ganz frisch, die Mondbilder über Rügen.
"Ein Riesendialog hier in dem Raum"
"Zuerst hab ich angefangen, die Bilder nach Themen zu ordnen. Dann dachte ich: Nö, ich mach alles durcheinander und ich guck einfach mal, wie es von den Größen und von den Wänden her geht", meint die Kalligrafin, die unter anderem schon für Chanel und Montblanc gearbeitet hat. "Es hängen also ein Akt neben einem Städtepanorama und dann gibt es Schrift dazwischen, kleine und große Formate, gerahmt und nicht gerahmt - die sprechen alle miteinander. Ich finde, es ist ein Riesendialog hier in dem Raum."
Ihr neues Projekt sind Himmel. Himmel über Städten oder Landschaften. Die Weite, der Raum, das Gefühl von Unendlichkeit brenne schon immer in ihrem Herzen. Eigentlich wollte Jeannine Platz hier im offenen Atelier an den Bildern arbeiten, dazu hat sie sich neben dem Eingang am Fenster eine Ecke mit Farbtuben, Spachtel, Lappen und Leinwänden drapiert. Doch zum Malen kommt sie nur selten. Von der Malerin und Kalligrafin ist sie hier am Alten Wall zur Galeristin geworden: "Hier kommen wirklich alle Nationen rein, das find ich ganz, ganz toll. Ich hab auch gerade schon Französisch gesprochen und mit Händen und Füßen Spanisch."
Ein Bild von Künstlern aus aller Welt
Jeannine Platz freut sich über jede Nase, die hereinschaut und besonders Begegnungen mit anderen Künstler-Kollegen inspirieren sie. So ist auch eine neue Idee bei der umtriebigen Künstlerin entstanden: "Ich möchte Künstler aus aller Welt zusammenbringen. Da hab ich mir überlegt, das wäre in dem Raum perfekt. Da werde ich demnächst ein Aufruf machen und sagen: Ich möchte gern die ganze Welt in einem Bild vereinen. Nämlich ein Künstler fängt an und gibt es weiter und weiter und weiter. Das ist schon ganz lange mein Traum und hier werde ich ihn realisieren."
Dazu wird sie noch einige Wochen Zeit haben. Bis Ende Oktober ist sie jedenfalls neben dem Rathaus zu finden - schräg gegenüber vom Arbeitszimmer des Ersten Bürgermeisters.