Wie gehen Museen im Norden mit den hohen Energiekosten um?
Mit ihren großen Räumen, ihrer Beleuchtung und ihrer Beheizung zählen Museen zu den größten Energieverbrauchern. Wie gehen die großen Ausstellungshäuser im Norden mit der Energiekrise um?
Licht aus! Zumindest nachts. Das ist aktuell die Devise bei der Kunsthalle Rostock. Das Schaudepot, ein Gebäude mit großer Glasfassade, war bisher abends hell beleuchtet. Um Energie zu sparen, bleibt die Front nun dunkel. Außerdem wird die Temperatur in den Ausstellungsräumen, wie in vielen Museen derzeit, auf 19 Grad heruntergesetzt, sagt Kunsthallen-Leiter Uwe Neumann. "Es ist natürlich für uns alle eine herausfordernde Situation", so Neumann. "Wir versuchen zu sparen, wo es geht."
Energieknappheit: Deutscher Kulturrat sieht Exponate in Gefahr
Gerade in den kälteren Monaten dürfte sich die Strom- und Gasknappheit auch auf Museen und Ausstellungshäuser auswirken. Kälte, Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen stecken nicht viele Kunstwerke unbeschadet weg. Der Deutsche Kulturrat sieht laut Osnabrücker Zeitung deshalb die Exponate in deutschen Museen in Gefahr. Es gebe nicht ausreichend klimatisierte Depots, um alle Werke zu schützen.
Neumann ist allerdings zuversichtlich, dass sein Rostocker Haus und die Exponate gut durch den Winter kommen. Zurzeit wird das Hauptgebäude saniert und die Ausstellungen sowie der Sammlungsbestand sind ins 2018 neu gebaute Schaudepot gezogen. Energetisch ein Glücksfall, gesteht Neumann: "Wir haben zum Glück ja einen Neubau, sind also in der ganz komfortablen Situation, dass der einen sehr guten passiven Wärmehaushalt hat durch seine Bauphysik. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das in Altbauten schwieriger ist."
Niedrige Temperaturen: Triage für Kulturschätze?
Je knapper die Energie, desto mehr muss auch im Museum gehaushaltet werden. Der Geschäftsführer des Kulturrates Olaf Zimmermann sprach bereits von einer möglichen Triage für Kulturschätze.
Exponate auf ihre Robustheit analysieren und priorisieren - das steht jetzt auch bei der Kunsthalle zu Kiel an, sagt Direktorin Anette Hüsch: "Wie sind Klimaschwankungen gut verträglich für die Kunst, die wir bewahren? Wie weit können wir die Spanne dehnen zwischen einer hohen Temperatur und einer niedrigen Temperatur, dass es die Kunst nicht schädigt? Damit sind wir sowieso seit geraumer Zeit beschäftigt. Das hat aber im Moment noch keine akuten Auswirkungen darauf, wie wir die Kunst hier präsentieren oder lagern."
Diskussionen über Museen als Wärmestuben
Diskutiert wird derzeit, ob Museen in den kälteren Monaten alternativ als Überwinterungsquartiere genutzt werden können. Otmar Böhmer, der Geschäftsführer des Kunstmuseums Wolfsburg, steht dem kritisch gegenüber: "Wir können die Wärmestube sein, wenn es notwendig ist. Was vielleicht auch nicht so warm ist, wie gedacht. Aber das ist eines dieser Szenarien, wo ich sage: Ich hoffe, dass es uns erspart bleibt. Ich möchte diese Situation noch gar nicht andenken."
Die Energiekrise ist in den norddeutschen Museen angekommen. Das Kunstmuseum Wolfsburg stellt bis Jahresende seine Beleuchtung auf LEDs um. Die Kunsthalle zu Kiel will für eine bessere Ökobilanz verstärkt auf Leihgaben aus dem deutschen Raum setzen und Werke nicht mehr auf lange Reisen schicken.
Fragen nach Energiekosten und Klimaschutz lassen sich verbinden
Und auch das Bucerius Kunst Forum in Hamburg, das von der privaten ZEIT-Stiftung getragen wird, steht vor finanziellen Herausforderungen: Geschäftsführer Andreas Hoffmann rechnet mit einer Stromrechnung für 2023 in Höhe von 180.000 Euro - 80.000 mehr als noch in diesem Jahr. Trotz der Dramatik der Krise sieht er eine Chance darin, dass jetzt öffentlich über Klimafreundlichkeit von Ausstellungen diskutiert wird: "Ich glaube, dass sich Kunst und Klima letztlich gut verbinden lassen, also die Werke, die natürlich bei uns im Zentrum stehen, und diese vermeintlich profanen Dinge wie Licht und Heizung. Wir werden effizienter, klüger und für eine nachhaltige Gesellschaft besser mit diesen Fragen umgehen."