Zehn Jahre Nordkirche: "Zusammen ist man weniger allein"
Ihren zehnten Geburtstag feiert die Nordkirche, ein Zusammenschluss aus den Landeskirchen Nordelbien, Mecklenburg und Pommern, am Pfingstmontag mit einem Festgottesdienst im Ratzeburger Dom.
Vor zehn Jahren, an Pfingsten 2012, feierte sie Geburtstag: die Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland, kurz Nordkirche. Die drei Landeskirchen Nordelbien, Mecklenburg und Pommern schlossen sich zusammen und bildeten eine Kirche von der dänischen bis zur polnischen Grenze.
Bundespräsident Joachim Gauck: "Geht doch!"
Mit einem Fest-Gottesdienst im Ratzeburger Dom begann feierlich die Geschichte der Nordkirche. Vorangegangen waren langjährige und schwierige Verhandlungen der drei nördlichen Landeskirchen. Besonders Pommern und Mecklenburg fanden zunächst nicht so recht zusammen. Daran erinnerte der ehemalige Rostocker Pastor und damalige Bundespräsident Joachim Gauck beim Festakt 2012. Für ihn sei die Fusion ein Wunder: "Ehrlich gesagt, von Berlin aus hätte ich mir das eigentlich nicht mehr vorstellen können, dass das passiert. Ich kenne ein bisschen diese so überaus herzlichen Gefühle, die die Pommern und die Mecklenburger so viele Jahre gepflegt haben. Und heute stellen wir fest: geht doch!"
Bis zum Schluss waren an der Basis kritische Stimmen zu hören. So erklärte der damalige Tessiner Pastor Martin Beste: "Wir sind der Meinung, dass diese Nordkirche zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gut ist und dass wir als Mecklenburgische Landeskirche in eine völlig ungewisse Zukunft gehen, auf die wir uns eigentlich nicht einlassen dürfen."
Trotz der Kritik - an Pfingsten 2012 strahlte der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich. Er sollte ein Jahr später zum ersten Bischof der Nordkirche gewählt werden. "Dass der Geist weht, hat man hier gespürt. Und konnte man an den Gesichtern und an dem Verhalten der Menschen ablesen. Ich bin richtig glücklich über dieses Geschenk dieses Tages", so Ulrich.
Nordkirche - Zehn Jahre danach
Und zehn Jahre danach? War die Gründung der Nordkirche tatsächlich ein Geschenk? "Ich bin heute als Landesbischöfin wirklich begeistert, dass es diese Kirche gibt, die Menschen über so weite Strecken hinweg in Ost und West und in Stadt und Land verbindet, und in der wirklich auf Augenhöhe miteinander gesprochen wird. Gleichberechtigt und fair in allen Gremien, die aus Ost und West zusammengesetzt sind", freut sich die heutige Landesbischöfin der Nordkirche Kristina Kühnbaum-Schmidt.
Skeptisch waren viele, ob Ost und West wirklich zusammenfinden. Das weiß auch der Greifswalder Tilman Jeremias, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern: "Wir leben in sehr unterschiedlichen Verhältnissen, aber wir sind im intensiven Gespräch, wir sind im Austausch", erzählt er. "Mitarbeitende wandern von West nach Ost und umgekehrt und machen dort die Erfahrung: Da gibt es auch nette Menschen, da kann man auch gut leben, da kann man gut arbeiten. Aber in einer völlig anderen Situation. Und solange dieser Austausch oder je intensiver der stattfindet, desto dichter kommt man auch und merkt, dass wir voneinander profitieren können, von den Stärken, die es in Ost wie in West gibt."
Kirche von Helgoland bis Usedom, von Flensburg bis in die Hamburger Hafencity
Die Nordkirche ist heute flächenmäßig die zweitgrößte Landeskirche in Deutschland und erstreckt sich von Helgoland bis Usedom, von Flensburg bis in die Hamburger Hafencity. Verlieren da nicht die Gemeindemitglieder vor Ort den Bezug zu ihrer Kirche? "Natürlich ist eine regionale Verwurzelung, der unmittelbare Kontakt wichtig. Aber für all die Themen, die uns im Zuge der Globalisierung bewegen, sei es Klimawandel, sei es das Thema Frieden, sei es das Thema Migration, brauchen wir Kooperation und Austausch miteinander", so Kühnbaum-Schmidt.
In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die Nordkirche rund ein Fünftel ihrer Mitglieder verloren. Und die Kirchen in Mecklenburg und Pommern müssen nach wie vor große finanzielle Herausforderungen stemmen: Wenigen Mitgliedern stehen zahlreiche denkmalgeschützte Kirchen gegenüber. Es sind viele Aufgaben, die man gemeinsam angehe: "Wenn ich das mit einem Buch- und Filmtitel sagen kann: 'Zusammen ist man weniger allein' - und das ist nicht das Schlechteste", so Kühnbaum-Schmidt.